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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 122

 

erforderlichen Befugnisse nicht vorsehen. Auf dieser Grundlage kann sich jenseits der Verfassungsbestimmungen die Union so gut wie jede Befugnis verschaffen, ohne dass die Mitgliedsstaaten zustimmen müssen.

 

Des Weiteren ist natürlich dann die Festsetzung, dass das Unionsrecht vor den staatlichen Rechtslinien anzuwenden ist, eine Sache, die, wie ich glaube, noch deutlich zu untersuchen sein wird, ob wir uns als Mitgliedsstaaten nicht gegen dieses Diktat, das hier versucht wird, wehren können.

 

Ich glaube, des Weiteren muss man einen Punkt ansprechen, dass man feststellen muss, dass hier vor Kurzem etwas passiert ist, was ich ungeheuerlich finde. Ich meine das Verhalten der Europäischen Union gegenüber der Tschechischen Republik, dadurch dass die Menschenrechtscharta der Europäischen Union für Tschechien und übrigens auch für Großbritannien nicht gilt. Im „Kurier" steht heute, durch die rechtlich verbindliche Grundrechtscharta bekommt die EU das modernste Grundrecht der Welt. Das ist zwar schön, nur leider gilt das für drei Staaten nicht.

 

Aber was, bitte schön, ist eine Wertegemeinschaft wert, wenn der angebliche Kern dieser Gemeinschaft, die Menschenrechte, disponibel sind, von einzelnen Staaten ausgeschlossen werden können und wenn es möglich ist, hier so zu handeln? Menschenrechtscharta ist offensichtlich nur Verhandlungsmasse. Welche Grundsätze zählen dann überhaupt? Ich glaube, man wird sagen müssen, eine weitergehende Entlarvung der finanzpolitischen und industriepolitischen Komplexe der EU ist wohl nicht möglich.

 

Der Grund für Tschechien und Vaclav Klaus ist natürlich die Gültigkeit der Beneš-Dekrete beziehungsweise jener Artikel, die Vertreibung, Enteignung und Ermordung von Sudetendeutschen und Ungarn ermöglicht haben. Die Beneš-Dekrete werden in dieser Vereinbarung, im Zusatz, der erfolgt ist, selbst nicht genannt. Aber es geht sehr wohl um die Aufrechterhaltung und weitere Anwendung der Beneš-Dekrete in Tschechien, 65 Jahre nach Ende der Vertreibung. Das Ungeheuerliche daran ist, dass die österreichische Bundesregierung dabei zugestimmt hat, obwohl der Bundeskanzler am 16.10. noch festgestellt hat: „Wir wollen nicht, dass die Rechte der Vertriebenen, etwa bei Rückforderungsansprüchen, eingeschränkt werden." - Er hat sich nicht daran gehalten. 300 Millionen Sudetendeutsche, hunderttausende Ungarn wurden vertrieben und viele sind ums Leben gekommen. Wie geht eigentlich eine österreichische und europäische Öffentlichkeit seit 60 Jahren damit um? Ich kann sagen, durch Ignorieren, durch Nichtbesprechen, durch Wegstecken und durch dröhnendes Schreien.

 

Ich darf noch etwas ansprechen, was ich für wichtig halte: In Holland wird ein ehemaliges Mitglied der Wehrmacht, ein naturgemäß alter Mann, angeklagt und wird vor Gericht erscheinen, weil er bei der Erschießung von Zivilisten in der damaligen Zeit den Tod von zwei Menschen zu verantworten hätte. Wenn ein Verschulden vorhanden ist, ist es für mich keine Frage, dass eine Bestrafung auch 70 Jahre nach diesen Ereignissen rechtens ist. Keine Frage, muss ich hier feststellen. Es ist nur eine Frage, warum noch nie ein Mörder der vertriebenen Sudetendeutschen und Ungarn angezeigt worden ist. In diesem Zusammenhang darf ich kurz die „Kronen Zeitung" zitieren, die Folgendes geschrieben hat, und zwar am 27. Oktober: „Anfang 1945 versammelt die slowakische Armee Tausende von Deutschen in der Kaserne von Postelberg im Nordböhmen. Davon wurden 763 ohne Gerichtsverfahren erschossen. Jetzt, nach 64 Jahren, wird nun Ermittlung betrieben. Die Ermittlung begann dank der tschechischen EU-Mitgliedschaft, denn nach den bestehenden deutschen und österreichischen Gesetzen ist ein Mord unverjährbar, bei den Tschechen nicht." - Dass so etwas erfolgt, ist, glaube ich, ganz eindeutig darauf zurückzuführen. Der Lissabon-Vertrag wird auch deswegen bekämpft, um weitere Unantastbarkeit der Beneš-Dekrete zu garantieren und damit der Weg zur Vergangenheitsbewältigung von anderen Massakern in keiner Weise irgendwann noch einmal angesprochen wird. Ich hoffe, dass hier eine Veränderung notwendig ist und sich ergibt. Ich hoffe, dass der Herr Bürgermeister in seiner Mitteilung am Donnerstag auf diese Fragen, auf Diktate, auf nicht erfolgte Urteile, auf mangelnde Gerechtigkeit und auf letzten Endes in der Verfassung verankerte Zugriffsrechte von Behörden eingeht und darauf antwortet. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als nächster Redner ist Herr GR Dipl-Ing Margulies am Wort. Ich erteile es ihm.

 

GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

In der heutigen Budgetdebatte, die sich nicht wirklich maßgeblich von den bisherigen unterscheidet - wenn man sich die einzelnen Ausgabenposten ansieht, wird man früher oder später darauf kommen, es ist tatsächlich eine Fortschreibung. Es fehlt meines Erachtens nach ein zentraler Punkt in der Auseinandersetzung. Ich bedaure es, dass dieser mit keinem Wort erwähnt wird. Dabei geht es mir nicht um eine langfristige oder eine mittelfristige exakte Finanzplanung, aber um eine Auseinandersetzung damit, was das heute für 2010 vorgelegte Budget für die Folgejahre bedeutet.

 

Wenn man sich dieses Budget in Ruhe anschaut, und jetzt ist es mir relativ egal, dass sich dieses Budget auf Grund der Veränderung in der Berechnungsmethode beim Investitionszuschuss des Maastricht-Defizits etwas erhöht oder was es sonst gewesen wäre, bleibt übrig, dass es einen Maastricht-relevanten Gebarungsabgang in der Größenordnung von 700 Millionen EUR gibt, der zustande kommt, obwohl in keinem einzigen relevanten Bereich Ausgaben, wo die Stadt Wien nicht verpflichtet wäre, diese zu leisten, erhöht wurden.

 

Zum Beispiel der Gratiskindergarten: Den Gratiskindergarten hat die Gemeinde Wien beschlossen. So ist es. Ab sofort ist er verpflichtend. Liebe Renate Brauner, ich schaue mir das an, wie eure SPÖ den Gratiskindergarten im Wahljahr 2010 abschafft oder du sagst zu mir, er ist verpflichtend, es war eine Idee, wir haben es um

 

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