Gemeinderat,
53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 122
gesetzt. Nichtsdestoweniger muss man sich überlegen, was das bedeutet.
Denn es gibt momentan durch die gemeinsame Politik der Bundesregierung keine
Chance, in den Jahren 2011, 2012 und 2013 dieses Defizit auch nur annähernd zu
reduzieren. Jetzt bin ich überhaupt kein Nulldefizit-Verfechter, überhaupt
nicht, aber es geht darum, sich damit auseinanderzusetzen, was das langfristig
für die Stadt bedeutet, wenn jetzt ein Budget vorliegt, wo auf der einen Seite
bei den Einnahmen schon alte Sachen zur Gebühr gestellt werden und auf der
anderen Seite auch noch sonstige Einnahmen von 90 Millionen EUR in der
Finanzverwaltung ausgewiesen sind, wo ich davon überzeugt bin, dass Renate
Brauner uns erklären wird, woher diese 90 Millionen EUR Einnahmen kommen, die
auf Post 9 000 ausgewiesen sind.
Nichtsdestoweniger, die Steuereinnahmen werden sich in den Jahren 2011,
2012, 2013 nicht wieder auf das Niveau von 2008 hinbewegen, wenn es nicht auf
Bundesebene endlich zu einer steuereinnahmenseitigen Anpassung kommt. Wir
wissen, dass wir momentan den arbeitenden Menschen nicht mehr wegnehmen wollen
und nicht mehr wegnehmen können. Wir wissen, dass wir den Menschen, die nichts
haben, nichts wegnehmen wollen und nichts wegnehmen können. Es gibt einzig und
allein eine Gruppe von Menschen, die in Wirklichkeit durch die Rettung durch
alle Steuerzahler und Steuerzahlerinnen profitiert hat, nämlich die obersten
10 Prozent und insbesondere das oberste Prozent der österreichischen
Vermögensbesitzer und Vermögensbesitzerinnen. Die weibliche Form kann man da
getrost erst im Nachhinein nennen, weil es sind vor allem Vermögensbesitzer im
obersten Prozentbereich. Insbesondere, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
ÖVP, geht es nicht nur der Stadt Wien so. Es geht, wenn Sie aufmerksam
„Kommunal", „ÖGZ" et cetera lesen, allen Gemeinden in Österreich so,
dass das Wegbrechen der sozialen Dienste in den Gemeinden das ist, was
österreichweit 2010, 2011, 2012 die größten Probleme verursachen wird. Sie
kennen den Finanzausgleich, dass es sofort auf Länder und Gemeinden
durchschlägt, wenn weniger Steuereinnahmen da sind.
Deshalb braucht es in Österreich innerhalb der nächsten drei Jahre
jedes Jahr - das wissen Sie auch - zumindest 10 Milliarden EUR mehr
an Steuereinnahmen. Ein Teil - da gebe ich Ihnen gerne recht - wird über das
Wirtschaftswachstum, das hoffentlich früher oder später wieder einsetzt, in die
leeren Kassen gespült. Aber ohne eine Vermögenssteuer wird es nicht gehen. Wer
sich in der gegenwärtigen Situation einer Vermögenssteuer verweigert, treibt
bewusst den Staat, treibt bewusst die Bundesländer und treibt bewusst die
Gemeinden in den Bankrott. Derjenige will, dass Sozialleistungen gekürzt
werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, ich würde mir
wünschen, dass es bei Ihnen eine Veränderung gibt. Meine sehr geehrten Damen
und Herren, auch in der SPÖ, denn Sie stellen den Bundeskanzler, ich würde mir
wünschen, dass es auch bei Ihnen endlich einmal eine ernsthafte Diskussion über
die Einführung einer Vermögenssteuer gibt, weil sonst schaut es tatsächlich so
aus, dass die Gemeinde Wien weiterhin in den kommenden Jahren einen
Gebarungsabgang von 700, seien es 800, seien es 600 Millionen EUR hat. Jetzt
kann man sagen, die Verschuldensrate der Gemeinde Wien ist grob gelegen bei
10 Prozent, mein Gott, steigt sie auf 40 innerhalb der nächsten drei
Jahre. Fritz Strobl, es ist einfach zu rechnen. Man hat das Budget der Gemeinde
Wien, man weiß, wie hoch die Verschuldensrate ist, man weiß, wie hoch der
Gebarungsabgang ist. Da kann man einfach Prozent rechnen und es über ein paar
Jahre hochrechnen, wenn es nicht zu Mehreinnahmen kommt. Oder Sie sagen, woher
die Mehreinnahmen kommen. Ich bin davon überzeugt, dass dieses Budget ein
Wahlkampfbudget ist. Liebe Frau StRin Brauner, du hast selbst gesagt, dein Ziel
ist es, über die Periode die gesamten Maastricht-Kriterien einzuhalten. Das
hast du gesagt. Aber seien wir realistisch! Woher soll denn die Gemeinde Wien
in den kommenden Jahren 700 Millionen EUR nehmen? Woher soll sie sie in den
Jahren 2010, 2011, 2012 nehmen? Es lohnt sich, sich damit auseinanderzusetzen.
Schauen wir uns an, wo die Erhöhungen im Budget
sind. Ich gestehe ein, dass der Wegfall vom Kanal das Budget um knapp 200
Millionen EUR, sage ich jetzt einmal, einnahmen- und ausgabenseitig reduziert
hat. Insofern wären die 300 Millionen EUR, die als Mehrausgaben ausgewiesen
sind, noch zu ergänzen. Aber von den 300 Millionen EUR sind rund 80 Millionen
EUR fürs Personal und 70 Millionen EUR für Pensionen. Nicht, dass ich der
Meinung bin, dass das Personal der Gemeinde Wien überbezahlt ist, überhaupt
nicht, aber wenn man da sparen will, heißt es, den Druck noch mehr zu erhöhen,
als Sie es in den letzten Wochen und Monaten schon getan haben, wie die
verschiedensten Sachen, die wir in den letzten Wochen ans Tageslicht gebracht
haben, gezeigt haben. Wenn man will, dass die Gemeinde Wien endlich auch
gescheite Mindestlöhne zahlt, eine Vorbildfunktion in diesem Land ausübt, wo in
Wirklichkeit jetzt massiv mit einer ganz seltsamen Leistungsträgerdebatte
Stimmung gemacht wird, Menschen gegeneinander aufzuhetzen, und zwar genau jene
unteren zwei Drittel, die eigentlich sehr wenig oder kaum Vermögen besitzen,
die glücklich sind, einen Arbeitsplatz zu haben und die auch heute oft noch von
1 200, 1 300 EUR netto überleben müssen. Ich weiß, das können
sich viele Leute nicht vorstellen, die ein Transferkonto fordern, aber auf der
anderen Seite schauen wir es uns einfach an. Es würde da im Saal reichen, würde
auch bei der ÖVP reichen, welche Transferleistungen ihre Abgeordneten zum Teil
bekommen, obwohl sie voll im Berufsleben als Abgeordneter stehen. (GR Robert Parzer: Das hat ja damit nichts
zu tun!) Da gibt es ganz schön hohe Pensionen, nur als ein Beispiel. Oder
was will man sonst mit den Transferkonten? Arbeitslosenversicherung zählt man
dazu, Pensionen nicht. Entschuldigung, es ist beides Versicherungsleistung. Es
ist Neidschüren. Diese Art des Transferskontos ist einzig und allein
Neidschüren. Wenn man wirklich will, dass sich in Österreich etwas zum
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