Gemeinderat,
53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 122
unattraktiven Bedingungen und Wien kürzt die Wirtschaftsförderung mit
der Begründung, dass seitens des Bundes ohnedies genügend Geld vorhanden wäre.
Das Ergebnis solch einer Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind
Insolvenzen und Arbeitslosigkeit, egal, ob jetzt der Finanzminister oder der
Bundeskanzler zuständig ist. Bedenklich ist solch eine Wirtschaftspolitik.
Ein weiteres Problem für eine Vielzahl von Betrieben zeige ich hier
schon seit vielen Jahren auf, Basel II. Seit Jahren appelliere ich an die
Frau Vizebürgermeister, mit den Banken zu sprechen und Haftungen gegenüber den
Banken für KMUs zu übernehmen. Leider hatten meine Appelle keinen Erfolg. Und
auch zu Basel II gibt es durchaus interessante Pressemeldungen:
„Basel II stellt viele heimische Betriebe ins Aus.“ Oder:
„Basel II-Richtlinie rasch anpassen.“, fordert die Frau
Wirtschaftskammerpräsident Jank. Oder: „Basel II auf österreichische Art“,
verlangt der Herr Wirtschaftskammerpräsident Leitl. Wirtschaftskammerchef Leitl
will für den nationalen Bereich gewisse Änderungen, gewisse Erleichterungen für
die Banken schaffen und auch der Chef der Finanzmarktaufsicht Ettl sagt: „Wir
können Basel II zwar nicht abschaffen, aber wir können Handlungsspielräume
ausnutzen und es an die Realität anpassen.“
Und dann gibt es da noch eine weitere schöne Schlagzeile: „Deutschland
will Basel II-Regeln auflockern." Der deutsche Finanzminister
Steinbrück, SPD, sagte Folgendes, ich zitiere: „Ich will nicht, dass gesunde
Unternehmen und mit ihnen Arbeitsplätze verschwinden."
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! So klare Worte aus Ihrem Munde
würde sicher die Anliegen der Wirtschaftskammer in Bezug auf Änderung, soweit
sie im nationalen Bereich möglich sind, durchaus unterstützen. Dann würden
nicht solche Kuriositäten vorkommen, dass Betriebe von den Banken in den
Konkurs geschickt werden und die Gläubiger dann Quoten von 70 bis
90 Prozent oder noch mehr bekommen, wie ich es leider in der Praxis
oftmals feststellen musste.
Ich kann nur nochmals an die Frau Vizebürgermeister das Ersuchen
richten, die Bestrebungen zur Änderung von Basel II im Interesse der
Wirtschaft, speziell im Interesse der Wiener Wirtschaft zu unterstützen.
Und wenn die Frau Vizebürgermeister diese nationalen Anpassungen nicht
unterstützen will oder nicht unterstützen kann, gäbe es noch andere
Möglichkeiten, mit Übernahme von Haftungen den Betrieben bei ihren
Kreditbemühungen zu helfen, wie dies zum Beispiel in anderen Bundesländern
durchaus üblich ist.
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Nicht nur, dass Wien seine
Betriebe nicht ausreichend unterstützt, werden diese ausgabenseitig noch
zusätzlich belastet, was einen weiteren Standortnachteil für Wien bringt. Da
gibt es zum Beispiel das vor wenigen Monaten mit den Stimmen der SPÖ
beschlossene Evaluierungsgesetz. Mit diesem Gesetz werden automatisch Gebühren
und Tarife erhöht und somit die Kosten der Unternehmen gesteigert. Eine
Überwälzung auf deren Kunden ist im Regelfall nicht möglich. Ein Blick auf
diverse Erhöhungen der letzten Jahre, zum Beispiel die Gebrauchsabgabe ab dem
1. August 2003. Weiters werden die Betriebskosten der Betriebe durch die
Gebührenerhöhung bei Müll ab 1. März 2006 um 20 Prozent, ab
1. Jänner 2009 gemäß Verbraucherpreisindex um zusätzliche
5,6 Prozent, das bedeutet insgesamt eine Erhöhung von 27 Prozent,
erheblich mehr belastet. Die Erhöhung des Gaspreises ab 1. März 2006 um
17 Prozent, dann ab 1. Jänner 2007 um 5 Prozent und dann ab
15. November 2008 um 21 Prozent, die Rücknahme der Erhöhung des
Gaspreises per 1. Februar 2009 um 10,5 Prozent bedeutet aber noch
immer eine Erhöhung des Gaspreises um insgesamt 33 Prozent. Ähnliches beim
Strompreis: Erhöhung ab 1. März 2006 um 5 Prozent, ab 1. Jänner
2007 um weitere 5 Prozent, ab 15. November 2008 um weitere
8 Prozent, also insgesamt um fast 20 Prozent beim Strom und dies
trifft bitte ganz exakt die KMUs. Die Erhöhung der Gebühren am Großmarkt
Wien-Inzersdorf um 15 Prozent, die Erhöhung der Gebühren für Marktstandler
auf Wiener Märkten um bis zu 30 Prozent sowie die Erhöhung der Gebühr für
Gastronomiebetriebe am Wiener Naschmarkt um 45 Prozent ab 1. Juli
2006 runden das Bild ab.
Sehr geehrte Frau
Vizebürgermeisterin! Dies sind Kosten, welche die Betriebe tragen müssen. Es
gibt keine automatische Valorisierung bei den Wurstsemmeln, beim Schuster, et
cetera. Der zahlt das aus eigener Tasche. Folge: Verminderung beim
Eigenkapital. Folge: Problem mit den Banken in Verbindung mit Basel II bei
Fremdfinanzierungen. Eventuelle Folge: Fälligstellung von Krediten oder
Überziehungen. Damit aber sichere Folge: Insolvenz, auch dank des
Evaluierungsgesetzes der SPÖ.
Neben diesen
zusätzlichen Belastungen war der Wirtschaftsstandort Wien ja ohnedies schon
benachteiligt und zwar durch die Gebrauchsabgabe, die Dienstgeberabgabe, die
Parkometerabgabe, durch die gewinnbringenden Kanal- und Wassergebühren, die
Kanal- und Wassersteuern. All diese Maßnahmen, sehr geehrte Frau
Vizebürgermeisterin, sind schädlich für die Wiener Wirtschaft.
Die Debattenredner
der SPÖ haben heute mehrmals betont, dass sie sich für die Anliegen der KMUs
stark machen. Wir konnten das leider nicht feststellen. Bitte verabsäumen Sie
es nicht, dem größten Arbeitgeber Wiens, den KMUs, die überlebensnotwendigen
Unterstützungen im Interesse aller Wiener zu geben. Die Frau Vizebürgermeister
möge bitte mit den Banken sprechen bezüglich Basel II, aber auch Haftungen
für die KMUs gegenüber den Banken zu übernehmen. Die Frau Vizebürgermeister
möge bitte nicht nur die Lobby für die Großunternehmen sein, die nur
2 Prozent der Wiener Dienstgeberbetriebe ausmachen, sondern sie möge bitte
auch Lobby für die KMUs sein. Die Unterstützung der freiheitlichen Fraktion hat
die Frau Vizebürgermeister. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter:
Meine Damen und Herren! Ich möchte nur mitteilen, dass ab 13 Uhr der Herr
GR Schreuder entschuldigt ist.
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