Gemeinderat,
53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 122
Zum Wort gemeldet ist der
Herr Dipl-Ing Margulies. Ich erteile es ihm.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im
Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Wenn man sich jetzt mit der Wirtschaftsförderung in Wien tatsächlich
auseinandersetzt, zum Teil ist es von meinem Vorredner schon gesagt worden,
dann gebe ich schon der Sozialdemokratie recht, dass es zu wenig ist, einmal
nur über Zahlen zu reden. Aber es macht doch Sinn, einen Blick auch auf die
direkte Wirtschaftsförderung zu werfen, die unter Post 7822 im
Budgetvoranschlag abgebildet ist und auch über die Entwicklung in den
vergangenen Jahren. Ein ganz ein spannender Punkt ist, nämlich wirklich zu
schauen, wie viele Mittel stellt die Stadt Wien an sich bereit, woher kommen
die Mittel, wie schaut das aus, was ist, wenn man Einnahmen und Ausgaben
vergleicht.
Im Voranschlag 2009 waren auf der Post 7822
Wirtschaftsförderung an Einnahmen 15 Millionen EUR verbucht und an Ausgaben 131
Millionen EUR, Saldo knapp 116 Millionen EUR. Im Budgetvoranschlag 2010 haben
wir Einnahmen in der Größenordnung von 45,5 Millionen EUR, also knapp 30
Millionen mehr, und Ausgaben von 124 Millionen. Das heißt, die Nettowirtschaftsförderung
schrumpft von 116 Millionen EUR auf 78,5 Millionen EUR. Jetzt ist es so, dass
in vielen Bereichen die Stadt Wien Darlehen gibt und die Darlehen werden
vielleicht zurückgezahlt oder auch nicht. Jedenfalls sieht es so aus, wenn man
diesen einen Ansatz um Darlehen und um Rücklagen bereinigt, dass die
Nettoausgaben der Wirtschaftsförderung in noch deutlicherem Maße zurückgehen,
sie halbieren sich nämlich. Der Ansatz 7822 bereinigt um Darlehen- und
Rücklagengebarung bringt im Jahr 2010 Einnahmen in der Größenordnung von 26,3
und Ausgaben in der Größenordnung von 53,6, also Nettoausgaben von 27,3
Millionen EUR. Im Jahr 2009 war es fast das Doppelte, 50,8 Millionen EUR. Also
da sieht man schon, wie im Bereich der Wirtschaftsförderung in Summe die Mittel
zurückbezahlt werden.
Auch das 100 Millionen EUR Konjunkturpaket, das es heuer
nicht mehr gibt, ist de facto im normalen Budget aufgegangen. Es ist auch so,
dass im Bereich der Wiener Stadtwerke, beim U-Bahn-Bau oder auch beim gesamten
Bau- und Baunebengewerbe, das wurde schon gesagt, vieles schon länger geplant
ist, nicht erst auf Grund der Krise, und das muss finanziert werden. Na,
selbstverständlich ist das für das Bau- und Baunebengewerbe, et cetera. Aber
man soll nicht so tun, dass man in Wirklichkeit jetzt insbesondere im Bereich
Ein-Personen-Unternehmen und KMUs massive neue Förderungsmittel in die
Wirtschaft hineinpumpt. Überhaupt kommt mir, wenn ich dieses gesamte Budget
lese, vor, dass die Stadt Wien auf ihre eigene Schwerpunktsetzung nicht sehr viel
Wert legt. Es gibt den Biotechnikcluster, ja, es gibt IKT, es gibt Creative
Industries und es gab „Wien denkt Zukunft“ über die Wissenschaftsstrategie der
Stadt Wien, die natürlich eine massive wirtschaftliche Komponente aufweist. Ich
sehe bislang auch noch nicht die Verknüpfung zwischen StRin Brauner und Kultur-
und Wissenschaftsstadtrat Mailath-Pokorny. Nichts desto weniger, bei dieser
Wissenschaftsstrategie kam heraus, dass die Geistes-, Sozial- und
Kulturwissenschaften hinkünftig massiv gefördert und unterstützt werden
sollten.
Sehr geehrte Damen von der Wiener Sozialdemokratie! Wo spiegelt sich
dieses in einem partizipativen Prozess entwickelte und verkaufte Ergebnis im
Budget wider? Und ich glaube tatsächlich, dass ... (GRin Mag Sybille
Straubinger: In der Wissenschaft und Forschung!) Entschuldige, das ist aber
peinlich, weil im Vergleich, wenn man sich wirklich anschaut, wie da die Summen
dotiert sind - wie gesagt, wir haben vorher schon darüber geredet, dass die
Wiener Wirtschaftsförderung an sich nicht massiv gestiegen, sondern leider eher
geschrumpft ist, aber im Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds, wo man
irgendwann einmal knapp 1,5 Milliarden EUR hätte hineinlegen können, da
kommen jetzt jährlich zwischen 5 und 6 Millionen EUR raus. Entschuldigt,
das ist peinlich, darauf zu verweisen, nein, es tut mir wirklich leid. Und es
ist eine minimale Summe, wo eigentlich, wenn man das Geld, was man aus dem
„Erlös“ der Bank Austria gehabt hat, halbwegs ordnungsgemäß veranlagt hätte,
man ein -Zigfaches dieser Summe bereitstellen hätte können. (GRin Mag
Sybille Straubinger: Das sind aber grundsätzlich zusätzliche Mittel!) Es
stimmt schon, dass die Mittel des Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds
zusätzliche Mittel sind. Nur, wir alle haben einmal gewusst, dass die
Zentralsparkasse eigentlich uns gehört hat. In dem Sinn sage ich, hat die Stadt
Wien eigentlich die Zentralsparkasse verscherbelt und in einer unglaublich
geschickten Art und Weise der Eigentümerschaft der Bevölkerung entzogen. Das
Geld liegt auf der Häupl-Görg-Gedächtnisstiftung und ich sage gerne diese zwei
Namen dazu, weil wenn man sich den gesamten Stiftungsvorstand ansieht, ich hab’
das jetzt nicht genau im Kopf, so war es schon so, dass die beiden nach wie vor
eine zentrale Rolle in dieser Stiftung darstellen und es werden dann die Mittel
an den Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds ausgeschüttet. Nichts desto
weniger liegt die Rendite der ursprünglichen Mittel mittlerweile unter
0,3 Prozent und das ist peinlich, ich bleib’ dabei.
Im Budget der Stadt Wien selbst findet sich sozusagen der Geist, der
sozial- und kulturwissenschaftliche Schwerpunkt, den man auch wirtschaftlich
nützen kann - schließlich hat ja Wien eine Tradition gerade bei diesen
Wissenschaften -, überhaupt nicht wieder. Angesichts der beständigen Vergleiche
mit anderen Städten, mit anderen Regionen, wäre dies tatsächlich ein Ansatz, wo
man in einer noch viel engeren Kooperation zwischen Universitäten und Stadt
unter Einbeziehung einer Vielfalt von kleineren und kleinsten Unternehmen
massive wirtschaftliche Impulse für Wien setzen könnte.
Ein weiterer Punkt, wo ich glaube, dass die Stadt
Wien einmal ganz bewusst gute Arbeit leistet – und die Stadt Wien leistet gute
Arbeit, zwar nicht im Sinne der Bevölkerung, das sag’ ich dazu, aber im Sinne
der SPÖ
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