Gemeinderat,
53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 122
geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin!
Frau StRin Leeb, wir lernen von den Besten! Das haben wir bewiesen,
sonst hätten wir nicht den ersten Platz in der Mercer-Studie gemacht.
Irgendetwas dürfte jetzt in dieser Stadt stimmen! Und ich kann Ihnen
versichern, es kommen sehr, sehr viele andere Städte zu uns, um von uns zu
lernen und uns nachzumachen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Kollegin Puller, ich sage es nur ordnungshalber, weil die Spielregeln
in dieser Stadt für alle gelten: Das junge, 13-jährige Mädchen sollte
eigentlich um 22 Uhr zu Hause sein. Das sagt das Wiener
Jugendschutzgesetz. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Sie wollten alle
5 Minuten ab 22 Uhr noch Busse haben. Man kann es natürlich
handhaben, wie man will, sie sollte aber trotzdem wissen, dass sie daheim sein
soll.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn die private Nachfrage ausfällt,
muss die öffentliche Hand investieren. Das ist eine alte Wirtschaftsweisheit,
ganz gleich, ob man das Keynesianismus oder nachfrageorientierte
Wirtschaftspolitik nennen will.
Jetzt, wo die Finanzkrise die Weltwirtschaft voll getroffen hat -
Kollege Ekkamp hat es schon erwähnt -, sehen die Neoliberalen Grasser und
Schüssel sehr alt aus. Es ist wirklich nicht lange her, dass BUWOG, Austria
Tabak, VA Tech und weitere öffentliche Unternehmungen verscherbelt worden sind,
und zwar unter mysteriösen Umständen, wie man weiß, und um viel zu wenig Geld,
wie man heute auch weiß.
Zum Glück hat sich Wien den damaligen Wünschen der Privatisierer und
Liberalisierer immer entzogen, weil Dienstleistungen wie öffentlicher Verkehr,
Wasserversorgung und so weiter nicht dem Spiel des freien Marktes ausgesetzt
werden dürfen.
An die Damen und Herren, die jetzt so tun, als ob die Krise vorbei wäre
und man wieder wie vorher weitermachen könnte: Erstens ist die Krise nicht
vorbei, sondern die Arbeitslosigkeit steigt leider trotz aktiver
Arbeitsmarktpolitik, Kurzarbeitsförderung und öffentlicher Investitionen an.
Ohne die Investitionsoffensive der Stadt wäre die Situation in Wien wirklich
dramatisch!
Zweitens: Wer heute nach denselben Regeln wie vorher weitermachen will,
hat nicht kapiert, was da weltweit passiert ist! Nur durch den weltweiten
Kraftakt des Zur-Verfügung-Stellens von Billionen von Euro ist unser
Wirtschaftssystem nicht kollabiert - nur weil die smarten Banker und Trader von
Papa Staat Geld bekommen haben, das sie vorher verspekuliert hatten! Sie haben
aber auch bewiesen, dass sie Kontrolle brauchen. („BAWAG!"-Rufe bei der
ÖVP.) Denn die Chance, noch einmal die Pensionen der Menschen zu
verspielen, sollten wir ihnen nicht geben. (GR Dr Matthias Tschirf:
... hat die BAWAG verspekuliert!)
Dabei liegt es gar nicht an den handelnden Personen, meine Damen und
Herren! Ein System - Kollege Aichinger ist ja für strukturelle Veränderungen -,
ein System, das so etwas zulässt, gehört dringend reformiert. Spekulationen mit
Anlegergeldern, faule Aktienpakete und windige Anlageformen sind grundsätzlich
abzulehnen! (Beifall bei der SPÖ.) Deshalb ist es auch richtig, dass
Bundeskanzler Werner Faymann die Frist für Spekulationsgewinne auf Aktien
aufheben will und dass er europaweit für eine Finanztransaktionssteuer wirbt. (GR
Dr Matthias Tschirf: BAWAG!)
Die Krise ist erst vorbei, Kollege Tschirf, wenn die Arbeitslosigkeit
wieder sinkt. Bis dahin heißt verantwortungsvolle Wirtschaftspolitik:
Investieren, investieren und noch einmal investieren! Eine antizyklische
Wirtschaftspolitik bringt Aufträge, Arbeit und Bildung für die Wienerinnen und
Wiener.
Ja, Bildung! Denn wir bauen die Kinderbetreuung deutlich aus. Der
Gratiskindergarten ist ein elementarer Schritt zu mehr Chancengleichheit und
Förderung. Darüber hinaus werden die Eltern entlastet, und es fließen mehr
Mittel in den Konsum. 1,6 Milliarden EUR ist der Stadt die Bildung
ihre Kinder wert, was wiederum nachfragewirksam ist.
Wir investieren aber auch in die Infrastruktur, denn dieser Asset ist
das Um und Auf eines wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandorts.
4,4 Millionen EUR werden in nachfragewirksame Bereiche gepumpt, vor
allem in das beschäftigungswirksame Bau- und Baunebengewerbe werden das
1,7 Milliarden EUR sein. Dort gilt nämlich die Faustregel: Je
70 000 EUR sichern einen Arbeitsplatz pro Jahr. Das sind also
25 000 direkt geförderte Arbeitsplätze, die ihrerseits durch
Nachfolgeaufträge vervielfacht werden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Das von Finanzstadträtin Renate Brauner vorgelegte Budget 2010 hat konkrete Eigenschaften: Es ist sozial, es ist zukunftorientiert, und es hat Hand und Fuß. Zum Beispiel: Förderung der Jugendlichen. In Österreich insgesamt ist die Arbeitslosigkeit der Jugendlichen im Oktober 2009 um 17 Prozent gestiegen, in Wien ist die Arbeitslosigkeit unter den 15- bis 24-Jährigen um 12,3 Prozent gestiegen. Das ist schlimm genug, denn eine Jugend ohne Job ist eine Jugend ohne Perspektive.
Deshalb hat die Stadt ein Maßnahmenpaket geschnürt, das zwischen allen
Beteiligten gut abgestimmt ist. Das Paket umfasst sowohl die Unterstützung von
Betrieben, um die Lehrausbildung in Wien zu stimulieren, als auch Maßnahmen für
Jugendliche selbst. Der größte Teil der Mittel für die Kofinanzierung der
Berufsausbildung wird für Jugendliche aufgewendet, die keine Lehrstelle finden.
Für das Ausbildungsjahr 2009/2010 werden für die Ausbildung von rund
4 500 Jugendlichen 11,4 Millionen EUR eingesetzt. Die
überbetriebliche Lehrausbildung wurde im Rahmen des Konjunkturpaketes 2009 um
250 Plätze ausgeweitet. Für das Ausbildungsjahr 2009/2010 sind es mit
4 500 Plätzen insgesamt um 1 000 Plätze mehr als im Ausbildungsjahr
davor.
Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt liegt bei der
Unterstützung von Jugendlichen am Übergang von der Schule in den Beruf. Vor
allem greifen wir jenen Jugendlichen unter die Arme, die auf Grund vielfältiger
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