Gemeinderat,
53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 55 von 122
Eigentümerinnen von lange leer stehenden Geschäftslokalen, die nicht
auf dem Immobilienmarkt angeboten werden, geprüft werden.
In formeller Hinsicht beantrage ich die Zuweisung dieses Antrages an
den Gemeinderatsausschuss für Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener
Stadtwerke und danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort
gemeldet ist Herr GR Dipl-Ing Margulies. Ich weise ihn darauf hin, dass die
Restredezeit fünf Minuten beträgt. – Bitte.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus):
Sehr geehrte Damen und Herren!
Es gibt einen Punkt im Bereich der Wirtschaftsförderung, auf den ich ganz
bewusst noch eingehen möchte, und wir werden auch einen diesbezüglichen Antrag
einbringen. Erheblich mehr dazu gibt es morgen von meiner Kollegin StRin Monika
Vana.
Ich spreche von einer Koppelung von Wirtschaftsförderungen mit
betrieblichen Gleichstellungsmaßnahmen. Gerade jetzt hat der Einkommensbericht
des Rechnungshofes wieder einmal klar und deutlich gemacht, dass ganzjährig
vollzeitbeschäftige Frauen immer noch um 15 Prozent weniger verdienen als
Männer. Die Ungerechtigkeit dieser Situation wird dann noch viel deutlicher,
wenn man sich das eigene Gender-Kapitel der Gemeinde Wien ansieht und sieht,
dass der Anteil von Frauen mit einem Hochschulabschluss über dem der Männer
liegt, dass
der Anteil von Frauen mit einem Maturaabschluss über dem der Männer liegt, dass
der Anteil der Frauen mit einem Pflichtschulabschluss über dem der Männer
liegt. Es ist nicht nachzuvollziehen, weshalb Frauen in einer
gleichberechtigten Gesellschaft weniger verdienen sollten als Männer! Der
Umkehrschluss, dass wir noch lange nicht in einer gleichberechtigten
Gesellschaft leben, ist leider zulässig. Wenn die Gemeinde Wien diesbezüglich
etwas verändern will –
und das wäre ein Baustein von vielen –,
macht es Sinn, sich auch Gedanken darüber zu machen, wie man die Wirtschaftsförderung
an betriebliche Gleichstellungsmaßnahmen koppeln kann.
Wir machen jetzt
bewusst keinen ganz konkreten Vorschlag, sondern bringen den Antrag ein, die
Frau amtsführende Stadträtin für Finanz- und Wirtschaftspolitik zu ersuchen,
Spielräume und Gestaltungsmöglichkeiten für die Koppelung der Wiener
Wirtschaftsförderung an betriebliche Gleichstellungsmaßnahmen ausarbeiten zu
lassen. Darüber fordern wir die sofortige Abstimmung. Die Ausarbeitung wird
dann, wie ich hoffe und Kollege Strobl schon angekündigt hat, wie üblich im
Finanzausschuss ganz ausführlich diskutiert werden. – Ich danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als
Nächste zu Wort gemeldet ist Frau VBgmin Mag Brauner. Ich erteile es ihr.
VBgmin Mag Renate Brauner: Sehr geehrte Damen und Herren!
Vielen Dank für die ausführliche Diskussion! Am
Anfang hatte ich schon ein bisschen den Eindruck, dass der Begriff
Generaldebatte ein wenig missverstanden wurde, weil über alles gesprochen
wurde, nur nicht über das Wiener Budget. Zum Teil hatte ich den Eindruck, dass
wir in einer Bundesbudgetdiskussion waren. Es wurden EU-Fragen angesprochen. Es
gibt hier natürlich auch viele Bezüge zur EU, das sind aber doch auch Fragen,
die wir im Wiener Budget nicht unbedingt lösen können!
So hat zum Beispiel Frau Kollegin Vassilakou viele Punkte wie zum
Beispiel die Frage der Mietobergrenzen angesprochen, die meine volle Sympathie
haben, und zwar nicht nur aus Sicht der vielen Bewohner und Bewohnerinnen
dieser Stadt, sondern auch aus Sicht der vielen Klein- und
Mittelunternehmungen, die groß damit zu kämpfen haben, dass es leider keine
Mietobergrenzen gibt. Und es wird selten eine Veranstaltung geben, bei der
nicht entweder von mir oder von Herrn GR Strobl diese Forderung von uns an den
Bund gerichtet wird. Es ist das aber, wie schon gesagt, eine
Bundesangelegenheit, und gerade wir in Wien haben hier schon sehr oft sehr
deutlich dazu Position bezogen.
Genau dieselbe gilt für das Thema Klimaschutz. Man kann vorwerfen, ich
hätte zum Klimaschutz zu wenig gesagt, ich kann aber in der eigenen Rede
erwähnen, dass Wien bei den jeweiligen Bewertungen sehr viel besser abschneidet
als der Bund. Das heißt, wir tun hier in Wien etwas!
Ich darf nur daran erinnern, dass es mir persönlich auch ganz wichtig
war, nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit bei den Konjunkturpaketen das Thema
thermische Sanierung ganz in den Vordergrund zu stellen. Ich meine nämlich
persönlich – und da mache ich aus meinem Herzen keine Mördergrube! –,
dass das Thema Energieeffizienz in einer Metropole wie Wien zumindest genauso
wichtig ist wie die Frage erneuerbarer Energien, wenn nicht vielleicht sogar
noch wichtiger.
Das heißt, wir tun in Wien sehr viel, und dass der Bund in vielen
Fragen säumig ist, freut mich genauso wenig wie Sie.
Dasselbe gilt auch für die Frage der Schul- und Bildungspolitik. Ich
verstehe nicht, dass Sie gerade mir Vorwürfe machen, die ich seit rund 25
Jahren sozusagen auf der Straße stehe und Unterschriften für eine gemeinsame
Schule der 10- bis 14-Jährigen beziehungsweise 15-Jährigen, für eine neue
Mittelschule, sammle. Meiner Meinung nach sollte es sowieso eine Schule für die
10- bis 18-Jährigen mit integrierter Berufsausbildung geben, aber das ist meine
persönliche Meinung.
Wir haben in diesem Bereich jedenfalls viele
Initiativen der individuellen Förderung gesetzt. Mein Kollege Oxonitsch
betreibt jetzt die Campusschule, und gerade wir in Wien kämpfen darum, dass es
hier möglichst viele Reformen in Richtung mehr individuelle Betreuung und mehr
Förderung der einzelnen Fähigkeiten der jungen Menschen gibt. Wir wollen
wegkommen von diesem gesellschaftspolitisch und auch wirtschaftspolitisch
schädlichen System, dass Kinder mit zehn Jahren gezwungen werden, sich zu
entscheiden, womit wir viele
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