Gemeinderat,
53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 56 von 122
Talente liegen lassen.
Wenn Sie uns auffordern, in diesem Gebiet etwas zu tun, rennen Sie bei
mir offene Türen ein. Wir wissen aber, dass das leider keine Angelegenheit ist,
die wir hier im Land lösen können, auch nicht mit den besten und
ambitioniertesten Budgets. Vielmehr sind wir hier darauf angewiesen, dass es
endlich zu einer Einigung auf Bundesebene
kommt. Und unsere Bundesministerin Claudia Schmied ist diesbezüglich wirklich
äußerst aktiv und hat unsere volle Unterstützung.
Spannend war die Diskussion zum Thema Umfragen, insbesondere wann wir
die Wiener und Wienerinnen fragen. Wenn ich jetzt zusammenfasse, was
diesbezüglich von grüner Seite gekommen ist, dann fällt auf, dass das eine sehr
spannende Position zu Grundsatzfragen wie Fragen der Demokratie ist. Kurz
zusammengefasst, wurde hier gesagt: Wir sind an sich dafür, aber wenn es
sowieso eine Mehrheit gibt, bestimmen wir, dass man nicht fragen braucht. An
und für sich sind wir dafür, aber wir bestimmen, wann gefragt werden soll und
wann nicht. – Demokratie und eine Umfrage bei den Menschen darf es also
nur dann geben, wenn es den Grünen
passt! (GR Dipl-Ing Martin Margulies: „Gemeinsam“ ist das
Zauberwort!)
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe ziemlich genau mitgeschrieben,
was hier gesagt wurde. Es wurde festgestellt: Grundsätzlich sind wir natürlich
immer für demokratische Mitbestimmung, wir brauchen sie diesfalls aber nicht,
denn das kann man eh da beschließen. (Weitere Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)
„Das kann man eh hier beschließen!“ Das wurde wortwörtlich zu dieser
Frage gesagt, was mein Ressort betrifft. – Natürlich können wir alles
beschließen, aber warum soll man nicht die Menschen vorher fragen? Es gibt
völlig unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema!
Es hat zum Beispiel im letzten Fahrgastbeirat –
und das ist die
einzig demokratisch legitimierte Interessenvertretung der Fahrgäste –
eine äußerst differenzierte Diskussion zu diesem Thema gegeben. Ich habe mich
darüber sehr genau erkundigt, weil wir nicht über die Leute drüberfahren wollen
und uns nicht einbilden, dass wir die Weisheit gepachtet haben.
Ich habe mich sehr genau erkundigt, was im Fahrgastbeirat diskutiert
wurde: Es gab zum Thema 24 Stunden Betrieb eine grundsätzlich wohlwollende,
aber eine sehr differenzierte Diskussion. Die Leute dort befassen sich nämlich
sehr ernsthaft mit diesem Thema und wissen genau, welche Auswirkungen das im
Zusammenhang mit der gesamten Umstellung der Wartungsarbeiten hat. Sie wissen
genau, dass es dann während der Woche und am Wochenende ein unterschiedliches
System der Nachtautobusse geben wird. Und sie wissen genau, dass das einige
Millionen mehr kosten wird.
Trotzdem gibt es viele und vor allem junge Menschen, die sagen: Das ist
uns wurscht, wir finden, das ist es wert, wir wollen das trotzdem! – Dazu
meine ich: Welche bessere Möglichkeit gibt es, wenn es so viele
unterschiedliche Meinungen, resultierend aus den Lebensumständen der Menschen,
gibt, als die Menschen zu befragen und das zu tun, was die Leute wollen? Wir
haben halt sehr differenzierte Lebensumstände in einer so vielfältigen Stadt
wie Wien. Dazu bekenne ich mich, und das halte ich für vernünftig! (Beifall bei der SPÖ.)
Kollege Tschirf hat mir vorgeworfen, ich würde den
Bund in allen Fragen kritisieren. – Ich kann mich erinnern, dass ich mich
sogar in mehreren Fragen sehr positiv über die Zusammenarbeit mit dem Bund
geäußert habe. So arbeiten wir zum Beispiel hinsichtlich Betriebsansiedlung
sehr gut mit dem Wirtschaftsministerium und der Austrian Business Agency
zusammen, aber auch mit dem Arbeitsmarktservice.
Meine Kritik hat sich sehr konkret auf die Frage der
Forschungsförderung und der Universitäten bezogen. Und ich meine, es muss
erlaubt sein, hier konkret auch eine entsprechende Kritik zu äußern, wenn wir
uns die Situation auf den Wiener Universitäten anschauen!
Ich finde es übrigens interessant, dass der Herr
Wissenschaftsminister – auch das habe ich mir genau aufgeschrieben –
„aus der Portokassa“ 34 Millionen zahlen kann. So eine Portokassa hätte
ich, ehrlich gesagt, auch gerne! (Zwischenruf von GR Dipl-Ing Martin Margulies.) Ich habe sie jedoch leider nicht!
Nichtsdestotrotz zahlen wir sehr viel, obwohl wir
eigentlich nicht zuständig sind. Das wurde leider in deiner Wortmeldung
vergessen! Wir sind weder für Arbeitsmarktpolitik noch für Forschungspolitik
zuständig, dennoch investieren wir viel Geld, weil uns dieses Thema sehr
wichtig ist. Wir wollen nicht gegen den Bund – das wäre ja verrückt für
den Standort und für die gesamte Ostregion! –, sondern mit dem Bund
gemeinsam arbeiten, und wir haben auch viele gemeinsame Projekte. (Zwischenruf
von GR Dr Matthias Tschirf.)
Aber das hat, denke ich, Herr Kollege Strobl schon
deutlich beantwortet. Wir haben eine Gesamtforschungsförderung von
18 Millionen beschlossen, nicht, wie du gesagt hast, von 10 Millionen.
Das ist ein gemeinsames Projekt, bei dem ein Teil der Bund zahlt und einen Teil
wir zahlen. Für das Vienna Biocenter waren es 10 Millionen allein in der
letzten Sitzung, noch zusätzlich zu Infrastrukturmaßnahmen für die Muthgasse
gemeinsam mit der Bodenkultur.
Eine Bemerkung noch zum Thema Transferkonto; wir werden das sicherlich
noch bei anderer Gelegenheit deutlicher diskutieren: Es ist ein Widerspruch in
sich, einerseits für Entbürokratisierung und andererseits für ein Transferkonto
einzutreten! Überlegen wir doch einmal, was das bedeutet! Ein Transferkonto
müsste es dann ja logischerweise für jeden Österreicher und für jede
Österreicherin geben, in dem wegen der Transparenz alles festgehalten werden
muss, was jeder und jede Einzelne bekommt! Das wären 8 Millionen Konten! Diese
würden wir dann im Internet veröffentlichen. Das heißt, Sie wären dafür, dass
das jeder im Internet nachlesen kann. (GR Dr Matthias Tschirf: Dass man es
selbst sieht!) Ach so! Die Transparenz bezieht sich darauf, dass ich weiß,
was ich bekomme! (GR Dr Matthias Tschirf: Ja!)
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