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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 66 von 122

 

ich jetzt nütze oder schade, wenn ich das sage. Aber auch bei den Diskussionen im Planungsausschuss habe ich, wenn wir über Radverkehr reden, das Gefühl, dass die Stadt Wien mehr Dienstposten verträgt als für einen Menschen, der sich für den Radverkehr engagiert, aber irgendwie ein bisschen überfordert wirkt. Mir fallen da noch ein paar Dienstposten in der Stadt ein, von denen ich mir denke, dass da noch ein bisschen etwas möglich wäre, zum Beispiel irgendeine linke oder rechte Hand des Herrn Stadtrat, der den Bezirken eine auf die Nuss haut und sagt: Ihr wollt keine Parkplätze? Wenn ihr nicht auf einen Parkplatz verzichten wollt, dann werden es gleich um fünf weniger sein!

 

Ich habe überhaupt nichts dagegen, dass darauf dann Ihr Konterfrei prangt! All das ist super! Stellen Sie sich aber einmal vor, was die Autolobby aufführen würde, wenn man für 800 000 Autos – ich übertrage das jetzt auf die Räder – nur ungefähr 20 000 Stellplätze hätte! Da würden Sie hinausgetragen werden! So ist aber die Situation beim Radverkehr!

 

Setzen wir dort einen Schwerpunkt! Nehmen wir das ernst, und versuchen wir, in diesem Bereich angesichts dessen, was in den nächsten Jahren droht, ernsthaft etwas zu tun! Ich sage: Das Versiegen oder der Rückgang von fossilen Brennstoffen ist eine Chance, und das Stadtplanungs- und Verkehrsressort ist sozusagen ein Schlüsselressort im Hinblick auf Kopenhagen. Ich meine, wir sollten noch ein bisschen Gas in diese Richtung geben! – Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Gerstl. Ich erteile es ihm.

 

GR Mag Wolfgang Gerstl (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat!

 

Ich glaube, die vergangenen beiden Wortmeldungen haben schon gezeigt, dass wir uns heute nicht in einem so großen Ausmaß an den Verkehrsstadtrat wenden werden, sondern dass wir uns heute in einem viel größeren Ausmaß an die Finanzstadträtin wenden müssen, denn sie stellt die Mittel für den entsprechenden Verkehrsausbau in den nächsten Jahren zur Verfügung.

 

Dieses Budget ist durchaus sehr einmalig: Wir werden 800 Millionen – nach Ihrer Ansicht 799, das ist fast wie im Schuhverkauf, wo der Preis meist 99,90 beträgt – an Schulden haben. Viele Verkehrsexperten und Finanzexperten meinen allerdings, 800 Millionen werden nicht ausreichen, wir könnten leicht auf 1 Milliarde Schulden kommen. Und wir werden in den nächsten zwei Jahren feststellen können, dass wir von 2008 bis Ende 2010 das Budgetdefizit wahrscheinlich um 75 Prozent erhöhen.

 

Meine Damen und Herren! Das heißt, wir stehen hier vor grundlegenden Änderungen in der Wiener Budgetpolitik. Wir stehen vor grundlegenden Ausgaben, die wir tätigen und hinsichtlich welcher wir bewerten müssen, ob sie in die richtige Richtung gehen. Die Frau Vizebürgermeisterin hat heute selbst gesagt, dass es ganz wichtig ist, dass man in diesem Zusammenhang in die richtige Richtung entscheidet, und ich glaube, das gilt es heute wirklich zu überprüfen.

 

Sie hat am Samstag in einem Interview in einer österreichischen Tageszeitung mehrere Punkte angeschnitten, die ich heute näher beurteilen möchte.

 

Auf die erste Frage, ob alle Einsparungspotenziale ausgeschöpft sind, meinte sie: Ja, in dem Sinne, dass der SAP-Standard nun in der Stadt Wien eingeführt wurde. – Können Sie sich das vorstellen, meine Damen und Herren? Das, was in der österreichischen Bundesregierung bereits vor fünf Jahren gemacht wurde, nämlich die Budgeterstellung auf SAP umzustellen, und was in anderen Bundesländern schon längst eine Selbstverständlichkeit ist, wird nun von der Gemeinde Wien als voller Erfolg eines Einsparungspotenziales dargestellt! Ich sage: Das kommt jedenfalls um fünf Jahre zu spät!

 

Die zweite Frage war, ob 60 000 Beamte nicht für eine 1,7 Millionen Stadt zu viel sind. – Die Antwort der Frau Vizebürgermeisterin lautete: Nur 10 Prozent sind in der Verwaltung tätig, die anderen 90 Prozent – ich zitiere jetzt wörtlich: „klettern etwa in den zehnten Stock hinauf und holen als Feuerwehrmann Menschen herunter oder arbeiten im Kanal oder bei der Müllabfuhr.“ – Zitat Ende.

 

Ich habe mir natürlich angesehen, ob 90 Prozent des Personals in den zehnten Stock klettern oder im Kanal oder bei der Müllabfuhr arbeiten. Ich nehme mir jetzt das Budget vor und rechne das zusammen: Wien Kanal hat 581 Mitarbeiter per Ende 2008, bei der MA 48 – Abfallwirtschaft, also Müllabfuhr, sind es 3 061 Personen, und bei der Feuerwehr sind es 1 795 Personen, meine Damen und Herren. Wo sind da die 90 Prozent? Ich komme eher gerade auf die umgekehrte Zahl: 90 Prozent arbeiten gerade nicht in diesen drei Bereichen, welche die Frau Vizebürgermeisterin angeführt hat! – Nur so viel zur Klarstellung zu dieser Frage.

 

In der nächsten Frage hieß es, dass ein pensionierter Beamter der Gemeinde Wien mitunter 1 000 EUR mehr verdient als einer im Bund. Was meint die Frau Brauner dazu? – Frau Brauner meint: Wien hat dieselbe Pensionsreform vollzogen wie der Bund unter Schwarz-Blau, allerdings mit längeren Übergangsfristen. – Wenn das nur alles wäre! Längere Übergangsfristen sind 12 Jahre. Bedeutet das, dass die Wiener Beamten noch immer mit 60 in Pension gehen und nicht mit 62 wie beim Bund? Bedeutet das, dass Frühpensionierungen noch immer viel früher stattfinden – nähere Details wird Ihnen mein Kollege Ulm noch sagen – als beim Bund? Insgesamt bedeutet das, meine Damen und Herren, dass die Stadt Wien für diese Periode 350 Millionen EUR an Einsparungen liegengelassen hat, die wir heute zur Verfügung hätten, um die Konjunktur anzukurbeln.

 

Damit komme ich zur nächsten Frage: Die Zeitung sagt, apropos politische Entscheidung, dass die Wiener Linien ein eigenständiger Betrieb sind, bei dem sich Frau Brauner als zuständige Stadträtin nicht laufend einmische. Ein Jahr vor der Wahl sei auf ihr Betreiben jedoch eine eigene Reinigungstruppe für Öffis installiert worden. Wie passe das zusammen? – Darauf meint die Frau Vizebürgermeisterin, dass sie sich nicht anmaßt, das Unternehmen zu organisieren, dass sie sich nicht in Ausbildungsfragen oder ins Management einmischt. –

 

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