Gemeinderat,
53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 122
(Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.) Jetzt reißen Sie den Mund auf. Hätten Sie
doch zuerst etwas dazu gesagt! (Beifall bei der ÖVP.)
Es ist schon bezeichnend, wenn ÖVP-Mandatare wissen, wozu sie den Mund
halten, und das weiß Kollege Gerstl offensichtlich auch. Er schweigt lieber zu
dieser Geschichte. Einzig die Wiener Stadtverwaltung ist bemüht, in dieser
komischen Geschichte betreffend ÖVP-Parteiakademie und entsprechende
Hotelambitionen in Richtung Bürgerinitiative zu vermitteln.
Die Bürgerinitiative können Sie nicht wegdiskutieren, diese gibt es
dort. Ihr Auftreten gegenüber der Bürgerinitiative ist allerdings nicht würdig,
und es ist auch nicht gelungen. Daher haben Sie heute dazu geschwiegen, und das
verstehen wir auch! Wir ersparen Ihnen aber nicht, dass vielleicht der
Zweitredner oder der Drittredner doch noch was zu Meidling und dieser komischen
Geschichte sagt. Ich würde mir das auf jeden Fall wünschen!
Ich möchte jetzt aber trotzdem wieder zum eigentlichen Thema
Stadtentwicklung, das uns hier beschäftigen sollte, zurückkommen. Für mich ist
dieses Thema, dass man sich mit den Grundzügen der Stadtentwicklung
auseinandersetzt, sehr wichtig. Es gilt einerseits, wenn man sich dieser
Thematik annähern will, festzustellen, welche Stellung Wien in Mitteleuropa und
in Südosteuropa einnimmt.
Zweitens geht es auch darum, die richtigen Zukunftsfragen zu stellen.
Das bedeutet, dass man sich fragt, was die Menschen in Zukunft arbeiten und
welche Ausbildung sie erhalten werden und wie der Wohlstand in dieser Stadt
gesichert werden wird. Das sind auch zentrale Fragen der Stadtentwicklung: Was
kann die Stadtentwicklung tun, um die wirtschaftliche Stabilität zu sichern und
zu garantieren?
Dabei schadet natürlich ein Blick in die Zukunftsforschung nicht.
Diesen Blick habe ich bei einigen meiner Vorredner vermisst, aber dieser ist
notwendig. Stadtentwicklung ist Zukunft, und dazu möchte ich feststellen:
Erfolgreich sind jene Städte, die in ihrer Entwicklung auf Wissenschaft,
Innovation und Technologie setzen. Die größten Herausforderungen liegen
wahrscheinlich genau in dem spannenden Bereich und in Zukunftsbranchen wie
Biotechnologie. Hier ist zu investieren.
Dazu sage ich: Diese Betriebe und Forschungseinrichtungen im
Biotechnologiebereich kommen nicht von allein und gibt es auch nicht zufällig.
Es ist harte Arbeit, in diesem Bereich Betriebsansiedlungen in Wien
vorzunehmen, Kontakte herzustellen und diese Firmen zu gewinnen, sich hier
niederzulassen und auch hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen. Es geht darum,
kreative Betriebe zu ermuntern herzukommen. Und diese kommen her, wenn Kultur
da ist, und das ist etwas, was Wien sicherlich bietet. Außerdem muss eine Stadt
auch offen sein. Wenn man einen solchen Biotechnologieschwerpunkt setzt wie
Wien, dann muss man auch bereit sein, Fachkräfte für Wien zu gewinnen, denn
diese gibt es nicht in allen Bereich in ausreichendem Ausmaß sofort hier und
heute. Und wenn ich mir vorstelle, dass zum Beispiel ein Herr Strache, der ja
so gern in Inseraten vorkommt, in europäischen Medien für den
Biotechnologiestandort Wien werben würde ... (Zwischenruf von GR
Dr Herbert Madejski.)
Wer käme auf die Idee, dem Ruf des Herrn Strache zu folgen und nach
Wien zu kommen? Wie anziehend würde Herr Strache mit seinen xenophoben
Schüttelreimen auf junge, gut ausgebildete Talente in Mailand oder in München,
in Krakau oder in Belgrad wirken? – Gar nicht! Niemand würde hierher
kommen. Denn das, was Sie mit ihren xenophoben Schüttelreimen machen, stößt
viele Menschen ab und schadet auch dem Ansehen Wiens in Österreich und in
Europa. (Beifall bei der SPÖ.)
Die FPÖ bringt keinen einzigen Arbeitsplatz nach Wien. Aber genau das
ist es: Wir brauchen Sicherung von Arbeit, Bildung, Ausbildung, und das ist
auch einer der Faktoren im Rahmenplan, wie moderne Stadtentwicklung betrieben
werden muss.
Eine Tatsache ist, dass es wichtig ist, moderne Technologie nach Wien
zu bringen. Das ist wichtig für moderne Metropolen, es geht dabei um
Technologie, Talent und Toleranz. Man muss nicht Richard Florida und sein Werk
vom „Aufstieg der kreativen Klassen" gelesen haben, um das zu sehen. Und
diesbezüglich geht die Politik der FPÖ in eine absolute Sackgasse. Sie
ermuntern niemanden von denen, die wir als Zuwanderer für Wien brauchen,
hierher zu kommen, um ihr Wissen und ihre Ausbildung mit Wien zu teilen und
erfolgreich für die Stadt zu arbeiten.
Wenn wir uns aber die Frage nach Wachstum der Stadt stellen, dann
möchte ich das gleichzeitig auch relativieren und sagen: Nicht jedes Wachstum
ist ein fortschrittliches Wachstum. Sozialdemokratisch gesehen, ist Wachstum
dann positiv, wenn Lebensqualität und Gesundheit geschützt werden, wenn die
Arbeitsbedingungen aller verbessert werden, wenn Abhängigkeiten vermindert und
Selbstbestimmung gefördert werden. Da der Wohlfahrtsstaat in allen europäischen
Ländern ein großer Standortvorteil ist, muss dieser Wohlfahrtsstaat
entsprechend aufgebaut werden.
Gemeinnutz geht bei uns in der Stadt vor Eigennutz, und Wachstum und
Beschäftigung sind auf einen Nenner zu bringen. Das ist nicht nur die Vorgabe
der Europäischen Zentralbank, es ist auch würdig und gut, dass die Stadt Wien
dieser Richtlinie folgt und Wachstum gleichzeitig mit Beschäftigung im Auge
behält.
Die Wiener Stadtentwicklung ist als durchaus ambitioniert zu
bezeichnen. Kollege Madejski meint, dass es zu viele Projekte gibt. 13 Zielgebiete
sind ihm zu viel. – Ich sage: Das ist überhaupt nicht zu viel! Ich bin bei
Ihnen, dass die 13 Zielgebiete schon älter sind als die derzeitige
Wirtschaftskrise. Aber das Investitionsvolumen, das 2009/2010 in die 13
Zielgebiete fließt, kommt gerade richtig. Genau das braucht die Stadt jetzt, um
Arbeit zu schaffen und um Investoren anzuziehen. Das passt ganz einfach!
Ich möchte in puncto Stadtentwicklung auf ein
wesentliches Projekt eingehen. Meine Vorredner haben das Projekt Seestadt
Aspern schon entsprechend gewürdigt.
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