Gemeinderat,
53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 72 von 122
Laut Kollegen Madejski ist das ein sehr herzeigbares Projekt, und ich
stimme, wie schon gesagt, mit ihm vollkommen überein. Bemerkenswert finde ich,
dass die Stadt Wien, als das Projekt noch gar nicht wirklich in Entwicklung
war, sich mit den Anrainern zusammengesetzt und mit diesen Experten und
Expertinnen vor Ort gesprochen hat. Man hat in demokratischen Strukturen
Vertreter der Anrainer gewählt und hat sie mit einbezogen. Sie hatten Stimme
und Sitz auch in der Jury bei der Vergabe des Masterplans, und das ist die
Linie der Stadt.
Es ist Linie der Stadt, die lokale Kompetenz der Bezirksvorstehungen,
der Anrainerinnen und Anrainer, der lokalen Wirtschaft in das Projekt
einzubinden. Bei der Stadtentwicklung in Wien gehört Diskussion dazu. Das geht
nicht immer gut aus, auch nicht für die Bezirke oder für die Stadt, es gibt
manchmal auch Kontroversen und Probleme, die nicht schnell gelöst werden, ob es
sich jetzt um lokale Parkgaragen oder darum, wie es in Grinzing vor Ort mit der
Entwicklung weitergehen soll, handelt. Das gehört dazu. Für uns ist die
Einbindung in Information, in die Planungsprozesse und in die
Entscheidungsfindung ein Grundsatz. Das ist für uns gelebte Demokratie des
Alltags. Wir versuchen, das in Wien täglich mit den Wienern und Wienerinnen zu
leben.
Dazu zählt aber auch die Einbindung jener – und in diesem Punkt
unterscheiden wir uns wahrscheinlich von der grünen Fraktion –, die in
basisdemokratischen Strukturen manchmal untergehen, jener, die sich nicht so
salopp und eloquent ausdrücken können wie ein Mittelschulprofessor, jener, die
vielleicht Kinder zu Hause haben und am Abend nicht auf die Bürgerversammlung
gehen können, die unter Umständen bis Mitternacht dauert, und jener, die auch
gerne mitentscheiden würden, die aber um 4 Uhr aufstehen müssen, weil sie
arbeiten oder Nachtschicht haben.
In diesem Sinn geht es genau darum, Entscheidungen herbeizuführen, an
denen auch jene teilnehmen können, die gewisse Handicaps hinsichtlich der
Teilnahme an herkömmlichen Versammlungen haben. Darum bemühen wir uns ganz
einfach.
Die Basis für diese Erfahrungen stellen die Agenda-Prozesse dar, die in
Wien vielschichtig und breit laufen und bei denen der Dialog zwischen
verschiedenen Interessengruppen sehr positiv läuft. Das wird in vielen Bezirken
umgesetzt. So gibt es zum Beispiel im Musterbezirk für Gender Mainstreaming
Mariahilf auch größte Erfolge. Dort gibt es ein echtes Best-Practice-Modell mit
der roten Bezirksvorsteherin Renate Kaufmann, von dem sich viele andere, auch
grüne Bezirksvorstehungen ein ordentliches Eckerl abschneiden könnten! Renate
Kaufmann ist sicherlich bei vielen Mariahilfern sehr beliebt. Jedenfalls ist
das ein Bezirk, wo die Blauen kein Leiberl reißen, und dazu kann ich Renate
Kaufmann gratulieren! (Beifall bei der SPÖ.)
Die Zeit läuft. – Ein großes Anliegen ist mir auch die
Architektur, und zwar nicht nur deshalb, weil diese auch StR Rudi Schicker ein
Anliegen ist. Diese ist für Wien wichtig. Es gibt einen Wettbewerbsleitfaden
der Stadt, den ich unbedingt erwähnen möchte, der die Qualität der
zeitgenössischen Architektur enorm erhöht hat. In diesem Zusammenhang wird
junge Architektur gefördert, und zwar gezielt auch die Arbeit von
ArchitektInnen. Das findet sich auch in den „Creative Industries in Vienna“ mit
einem eigenen Call, wie das jetzt so schön neumodisch heißt. Auch hier werden
hauptsächlich junge Leute ermuntert, sich mit ihren architektonischen
Leistungen zu beteiligen.
Zeitgenössische Architektur ist sicherlich ein Standortfaktor. Wenn wir
sagen, dass wir Wien als moderne Metropole, die Arbeit gibt und Wohlstand
schafft, gut positionieren wollen, dann gehört Architektur ganz einfach dazu.
Architektur macht die Stadt attraktiv, und sie ist auch Kunst. Sie soll uns zum
Staunen bringen. Sie kann im 21. Jahrhundert aufregend spektakulär sein,
soll sich aber auch am richtigen Ort einordnen können und aus der Umgebung
schöpfen. Auch das erwarte ich mir von Architektur. Anspruchsvolle Architektur
kann soziale Ghettos verhindern und, wie wir gerade bei der Wohnbauförderung
sehen, hohe Qualität zu leistbaren Preisen schaffen. Auch das ist ein Teil der
Wahrheit von Wohnbaupolitik in Wien.
Forciert wird diese gelungene moderne Architektur über die
Wettbewerbsinstrumente Grundstücksbeirat und Bauträgerwettbewerb, und die Stadt
Wien hat in den letzten Jahren die Preisgelder der Wettbewerbe erhöht, um die
Qualität der Projekte, die eingereicht werden, weiter zu fördern. In Wien hat
Architektur ein hohes Ansehen. Es gibt hier großes Interesse an der Wiener
ebenso wie auch an der internationalen Baukultur.
Zitieren möchte ich Patrik Schumacher, der, wie ich annehme, Ihnen als
an moderner Stadtentwicklung Interessierten und Urbanisten kein Unbekannter
sein wird. Patrik Schumacher ist ein Trendsetter der internationalen Architekturszene
und ein Apologet des Parametrismus. Ihn zieht es ganz einfach nach Wien. Er
meint – und ich darf zitieren: „Wien ist einer der Orte, an denen wir
gerne arbeiten. Wien hat eine hoch entwickelte Stadtgesellschaft mit hohen
Ansprüchen. Die Architekturkultur ist sehr gut und vital mit jungen, guten
Büros.“
Warum ist das so? – Unter Rudi Schicker wurde die Wiener
Architekturdeklaration verabschiedet, und sie wird in Wien vor allem umgesetzt
und gelebt. Das beinhaltet auch Chancen für junge, frische Architektur in
dieser Stadt. Im Jahr 2010, also im Jahr des Budgets, das wir in diesen Tagen
hier beraten und beschließen, wird die Vereinigung YoVA, Young Viennese
Architects, zum dritten Mal mit einem Katalog und einer DVD in Erscheinung
treten und wird zu einer weiteren Kultivierung von Architektur in dieser Stadt
beitragen, ebenso wie die wunderbare Debattenreihe „Zukunftsmetropole",
die es in Wien gibt.
Zu Aspern möchte ich noch etwas erwähnen. Mein
Kollege Madejski hat kritisiert, dass es mit der A23 gewisse „Brösel"
gibt. Das stimmt! Ich sehe das auch so. Die ASFINAG hat Hausaufgaben zu machen,
daran ist nicht zu rütteln. Das Zögern der ASFINAG, das aus dem Presseartikel
hervorgeht, ist völlig unverständlich und
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