Gemeinderat,
53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 92 von 122
allgemeine Budget fließt.
Dass das der falsche Weg ist, habe ich Ihnen mehrfach schon gesagt, und
ich bleibe bei dieser Aussage. Aber schlimmer ist es, dass schon die Fakten und
der tatsächliche Zustand der Wiener Wasserinfrastruktur nicht nur Bände
sprechen, sondern alle bereits quälen. Wir sehen nämlich bereits 41 schwere
Wasserrohrnetzschäden in den letzten vier Jahren. Und wenn ich diese Zahl nenne,
dann meine ich jene, die wirklich mit Straßensperren, Staus und
Eigentumsbeschädigungen der öffentlichen oder privaten Hand verbunden waren.
Wenn man jetzt jene Fälle dazurechnet, die Sie irgendwo schnell in der Nacht
reparieren konnten, werden hier offenbar schon mehrere 100 Fälle zu zählen
sein. Die Schlagzeilen der letzten Zeit sind uns wohl bekannt, wie
„Wasserrohrbruch in der Winkelmannstraße“, einer der Hauptverkehrsadern von
Wien. Wir haben einen stehenden Stauschaden gehabt, der in die Millionen ging,
und auch natürlich der Reparaturschaden mit all den notwendigen Überstunden,
ist auch hier noch gar nicht einkalkuliert. Und das ist nicht das erste Mal.
Beispielsweise gab es im Fasanviertel in Hietzing ein ähnliches Ereignis, das
ähnlich katastrophal endete und das Sie am Anfang ebenfalls zu beschwichtigen
versucht haben. Allerdings habe ich festgestellt, dass sich die Position des
Umweltressorts dazu zumindest um eine Nuance bereits verändert hat, denn vor
einem Jahr hat man noch gesagt, es handle sich hierbei nur um Einzelfälle,
zufällige statistische Häufungen von solchen Wasserrohrschäden, und hat
natürlich überhaupt keinen Handlungsbedarf gesehen.
Es ist ohnedies klar, die SPÖ macht ja immer alles richtig, alles toll,
und die anderen kritisieren zu Unrecht. Das ist ja die Politik, die Sie zu
vermitteln versuchen. Nun, man glaubt Ihnen einfach nicht, und jetzt haben Sie
einfach auch selbst schon zugegeben, nun, so einfach ist es doch nicht, wir
werden einmal jetzt prüfen, wie die Situation mit den Wasserleitungen ist.
Sehr geehrte Damen und Herren, handeln müssen Sie, nicht prüfen, nicht
Umfragen machen, nicht wieder die Dinge hinauszögern, sondern nehmen Sie Ihre
Verantwortung wahr, die Sie mit Ihrer Mehrheit haben, tun Sie etwas, damit die
Infrastruktur in Wien nicht weiter vor die Hunde geht, sehr geehrte Damen und
Herren.
Gefragt ist nämlich ein Investitionsprogramm, das die Auswechslung des
hoffnungslos veralteten Rohrnetzes und damit einen besseren Zustand bringt. Die
Erneuerungsquote, die Sie in einer Aussendung, wenn ich mich richtig erinnere,
von 1 Prozent genannt haben, würde bedeuten, dass Sie in 100 Jahren
irgendwann einmal vielleicht das Wasserrohrnetz saniert hätten. Wenn Sie jetzt
eine durchschnittliche Lebensdauer solcher Wasserrohrleitungen - auch Experten
meinen, das sind etwa sechs bis sieben Jahrzehnte - zu Grunde legen, bedeutet
das nichts anderes, als dass das Wasserrohrnetz immer schlechter und schlechter
wird, weil Sie ja nie mit ihren Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen
nachkommen. Und das ist eigentlich der große Skandal. Sie handeln hier
vorsätzlich, Sie sind hier in der Situation, weitere Pannen, weitere Staus und
Sachbeschädigungen, offenbar im vollen Bewusstsein der Sachlage, in Kauf zu
nehmen.
Um dem Einhalt zu gebieten, meine sehr geehrten Damen und Herren,
schlagen wir Ihnen deshalb ein Investitionsprogramm vor - das wir mit Ihnen
gerne mittragen wollen - von jährlich 200 Millionen EUR verteilt auf
5 Jahre, oder befristet auf 5 Jahre, das wir gemeinsam auf die Beine
stellen können. Das Geld hätten wir, es sind ausreichend Überschüsse im
Umweltressort vorhanden, sodass man tatsächlich auch die Pannenserie stoppen
kann. Und das Tolle an der Situation ist, dass Sie auch einen angenehmen
Nebeneffekt haben, nämlich dass diese Sanierungsoffensive nach Expertenmeinung
etwa 3 600 Arbeitsplätze in und für Wien schaffen kann, sehr geehrte Damen
und Herren.
Gerade in Zeiten der Krise, gerade in Zeiten unsicherer
Konjunkturentwicklung ist es ein Gebot einer guten, sinnvollen Investition,
auch Arbeitsplätze und soziale Sicherheit zu schaffen. Es ist quasi eine
doppelte Dividende, die Sie für unsere Infrastruktur und damit für die Zukunft
leisten, und auf der anderen Seite setzen Sie die richtigen wirtschaftspolitischen
und sozialpolitischen Maßnahmen, sehr geehrte Damen und Herren. Und das wäre
der richtige Ansatz, wie man eine ordentliche Budgetpolitik macht.
Das Geld wäre aber auch aus ökologischer Sicht sehr gut angelegt, denn
die Wasserrohrbrüche waren auch für die Natur keine Kleinigkeit. Nicht weniger
als 1,8 Millionen Liter ergossen sich auf die Linke Wienzeile. Das
entspricht etwa einer Wassermenge von 12 000 Haushalten, also etwa das,
was in der Inneren Stadt täglich verbraucht wird. Das Gebrechen im Fasanviertel
in Hietzing war mit 19 Millionen Liter ausgetretenem Wasser noch viel
größer, es ist eine Wassermenge, die dem Tagesverbrauch von St Pölten
entspricht. Dies nur, damit man sich vorstellen kann, mit welchen ungeheuren
Verschwendungen wir es zu tun haben und mit welch ungeheuerlicher Art und Weise
mit dem wertvollen Rohstoff Wasser umgegangen wird, um das uns andere Städte zu
Recht beneiden, und welch eine weise Entscheidung, viele Jahrzehnte weit vor
der SPÖ, schon getroffen worden ist, die uns überhaupt die Möglichkeit gibt,
heute mit einer so guten Wasserqualität in Wien da zu stehen. (Beifall bei
der ÖVP.)
Wien ist alles andere als eine Umweltmusterstadt, das sehen Sie immer
mehr und mehr, und auch irgendwelche Wiederholungen seitens der Frau Stadträtin
werden daran nichts ändern, und die permanenten undichten Stellen im
Wasserrohrnetz möchte ich hier gar nicht ansprechen. Ich sage nur eine Zahl:
Nach Expertenschätzungen sind es unglaubliche 20 Millionen Kubikmeter, die
irgendwo ständig aus dem Wassernetz hinausrieseln und nicht verkauft werden
können, aber transportiert werden müssen. Die Kosten sind da, die Erträgnisse
nicht. So macht man mit Sicherheit keine ordentliche Infrastrukturpolitik, sehr
geehrte Damen und Herren.
Wir werden deshalb hier einen Antrag einbringen, in
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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