Gemeinderat,
53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 118 von 122
Umsetzung der
erfolgreichen und zukunftsweisenden Sozialpolitik der Stadt Wien nicht möglich.
- Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin
Smolik. – Bitte.
GRin Claudia Smolik (Grüner Klub im Rathaus): Sehr
geehrter Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin!
Meine Damen und Herren!
Seit ich 2001 in den Gemeinderat eingezogen
bin, haben ich und auch andere KollegInnen von meiner Fraktion in regelmäßigen
Abständen Anträge auf Armutsberichte eingebracht, Armutsberichte für
unterschiedliche Teilgebiete: einen globalen Armutsbericht für Wien, einen für
Frauen, einen für Kinder. Alle diese Anträge wurden bisher abgelehnt.
Ich möchte trotzdem heute, wie schon Herr
StR Ellensohn angekündigt hat, wiederum einen Antrag auf Erstellung eines
Wiener Armuts- und Reichtumsberichts einbringen. Wenn wir uns ansehen, wie die
Situation der Menschen in dieser Stadt, aber vor allem auch der Kinder,
aussieht, dann müssen wir schon zur Kenntnis nehmen, dass hier die Armut
steigt. Zahlreiche Kinder - und auch das ist nichts Neues, das haben wir auch
hier schon öfters gesagt - können sich bestimmte Dinge nicht mehr leisten.
Schauen Sie sich an, wie viele Kinder, beziehungsweise deren Eltern, in den
Schulen Anträge stellen müssen, weil sie sich Projekttage, Schikurse oder andere
Projektwochen nicht mehr alleine leisten können, sondern Unterstützung von den
zuständigen Stellen brauchen. Und diese Unterstützung reicht zum Teil nicht
mehr aus, um dieses Angebot von Schulen, aber auch von Kindergärten, zu
finanzieren. Der Teil, der für die Familien überbleibt, wird immer größer, und
die Konsequenz ist, dass immer mehr Kinder nicht mehr dieses Angebot nutzen
können, nicht mehr auf diese schulbezogenen Veranstaltungen mitfahren können.
Wenn das nicht das Ziel ist - und ich nehme
nicht an, dass das Ziel ist, dass wir die Kinder und Jugendlichen nicht mehr zu
Projekttagen und zu Schulschikursen mitnehmen oder mitschicken -, dann müssen wir uns ansehen, wo
wir hier ansetzen können und was es braucht.
Wir glauben nach wie vor, dass eine Erhebung und Erforschung der
Armutssituation von Menschen in dieser Stadt unumgänglich ist. Es gibt, wie
schon ausgeführt wurde, mittlerweile mehrere Bundesländer, die sich sehr wohl
die Situation in ihren Ländern ansehen, um so auch entscheiden zu können: Was
sind die richtigen Maßnahmen, um Armut wirklich zu bekämpfen? Nur Wien hat
offensichtlich hier nicht diesen Zugang, dass man die Situation erforscht, dass
man sich ansieht: Was sind die Ursachen? Was können wir wo wie einsetzen? Und
welche Maßnahmen - die es wahrscheinlich auch schon gibt, das spreche ich Ihnen
gar nicht ab - werden wie eingesetzt, und wie funktionieren diese,
beziehungsweise was bewirken sie auch wirklich in dieser Art und Weise, wie sie
ausgeführt werden? Deswegen möchte ich folgenden Beschlussantrag einbringen:
„Der Gemeinderat beauftragt die amtsführende Stadträtin für Gesundheit
und Soziales, einen Wiener Armuts- und Reichtumsbericht erstellen zu lassen.
Diese Berichte sind unmittelbar nach Fertigstellung den im Gemeinderat vertretenen
Fraktionen zur Verfügung zu stellen.
Ich beantrage die sofortige Abstimmung dieses Antrages.“
Die Situation der Menschen, die in dieser Stadt an der Armutsgrenze
oder bereits darunter leben, sieht man auch an der steigenden Zahl der SozialhilfebezieherInnen.
Auch hiezu ist heute Vormittag in der Generaldebatte schon einiges gesagt
worden - zu den Auswirkungen der Wirtschaftskrise, zum Steigen der
Arbeitslosigkeit -, und wir haben auch gehört, dass die Situation nicht besser
werden wird. Im Oktober 2009 waren an die 70 000 arbeitslose Personen
gemeldet, das sind 8 500 mehr als im Vorjahr. Es steigt auch die Anzahl
der SozialhilfebezieherInnen; mittlerweile sind es 68 750 Personen, die
eine Richtsatzergänzung erhalten. All das sind nicht nur Auswirkungen der
Wirtschaftskrise, aber natürlich sehr stark auch dadurch bedingt.
Und die Situation jener Menschen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, wird nicht besser. Aber auch die Situation jener Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, nämlich in der MA 40, die mit diesen Menschen tagtäglich umgehen, die diese Menschen beraten sollen, die diesen Menschen einen Ausweg aus ihrer Situation zeigen sollen, wird nicht besser. Durch die steigenden Zahlen jener, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, werden die Zeiten - und auch das ist ja nichts Neues in der Sozialarbeit -, die man mit KlientInnen verbringen kann beziehungsweise in denen man ehrliche und ausführliche Beratungsgespräche führen kann, immer weniger. Das Verhältnis ist mittlerweile ein Verhältnis von 1 zu 1 700, und es kann ja keiner sagen, dass diese Verhältniszahlen eine wirklich intensive Beratung ermöglichen. Ich möchte deshalb auch folgenden Beschlussantrag einbringen:
„Die personellen Ressourcen innerhalb der MA 40 Sozialzentren im Bereich
der diplomierten SozialarbeiterInnen werden binnen eines Jahres verdoppelt.
Die Organisationsstruktur der Sozialzentren muss die Möglichkeit zur
Sozialberatung erhalten.
Das Angebot einer Beratung wird standardisiert jedem/jeder angeboten.
Einerseits gibt es Personalressourcen für kurzfristige Beratungen in Form eines
Journaldienstes, andererseits werden langfristige Sozialberatungen angeboten.
Aus fachlichen Gründen wird der Bereich der finanziellen Hilfe klar von
der Sozialberatung getrennt. Andere fachliche Standards, wie externe Vernetzung
im Sinne der Fallarbeit, Inter- und Supervision, werden garantiert.
Hier beantrage ich die Zuweisung des Antrages an den zuständigen
Ausschuss.“
Zum letzten Thema, das auch kurz von meinem Kollegen
Ellensohn angesprochen wurde, möchte ich zwei Anträge einbringen, nämlich zum
Thema Kleines Glücksspiel. Wir werden in den kommenden Tagen noch weiter über
dieses Thema diskutieren, und ich glaube, dass wir hier langsam, aber sicher
einen Zustand
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