Gemeinderat,
53. Sitzung vom 23.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 119 von 122
erreichen, wo wir uns ernsthaft überlegen sollen, ob die Art und Weise,
wie die Stadt Wien mit dem Thema Kleines Glücksspiel umgeht, die richtige ist.
Wir wissen, dass zig Menschen durch diese Form von Glücksspiel in Situationen
kommen, abhängig werden und nicht mehr unter Kontrolle haben, wie sie hier mit
ihrem Geld - mit ihrem sehr wenigen Geld, das sie meistens haben – umgehen,
beziehungsweise auch nicht wissen, wie sie sich wieder aus diesem Suchtfeld
herausbewegen können. Immer mehr junge Menschen tappen in diese Falle hinein
und glauben, sie können sich in ihrer aussichtslosen Situation, in der sie sich
leider oft befinden, mit schnellem Geld, das ihnen versprochen wird, aus dieser
Situation befreien.
Es gibt Einrichtungen, die sich bemühen, Menschen wirklich aus dieser
Situation herauszuhelfen, sie zu beraten, nur: Seit Jahren kämpfen diese mit
der Finanzierung ihrer Einrichtungen, Beratungs- und Therapietätigkeiten. Wir
haben die Situation, dass im Vorjahr bereits 300 Menschen, die Hilfe gesucht
haben, bei der Spielsuchthilfe abgewiesen werden mussten. Das heißt, denen sagt
man: Liebe Leute, tut uns leid, wir können euch nicht beraten, wir können euch
keine Hilfe mehr geben, wir haben keine Ressourcen. Schaut, wie ihr durchkommt
- aber wir können euch nicht helfen!
Das ist unserer Meinung nach nicht mehr weiter tragbar. Die Stadt Wien
muss sich da wirklich an der Nase nehmen und muss sich vornehmen, da etwas zu
unternehmen. Wir haben unzählige schriftliche Anfragen an die zuständige StRin
Sima gestellt und haben sehr wenig aussagekräftige Antworten bekommen. Es
scheint, dass hier die Problemlage, sage ich jetzt einmal freundlich, nicht
ganz ernst genommen wird. Wir haben hier ein wachsendes Problem, wir haben hier
ein wachsendes soziales Problem, und wir glauben, dass es hier wirklich längst
an der Zeit ist, dass wir etwas unternehmen. Ich bringe daher folgenden Antrag
ein:
„Der Wiener Gemeinderat spricht sich dafür aus, dass Beratungs- und
Therapieeinrichtungen für Spielsüchtige ab 2010 von der Stadt Wien in ausreichendem
Maß unterstützt werden. Besonders der Verein Spielsuchthilfe soll mit einer
mindestens fünfjährigen Förderung seitens der Stadt Wien unterstützt werden.
Die tatsächliche Höhe der Unterstützung ist mit den betroffenen Einrichtungen
zu klären und so ausreichend zu bemessen, dass eine flächendeckende Betreuung
der Spielsüchtigen und deren Angehöriger in Wien über die nächsten Jahre
ermöglicht und gesichert wird.
Hier beantrage ich die sofortige Abstimmung dieses Antrages.“
Der letzte Antrag, den ich zum Kleinen Glücksspiel einbringen möchte,
leitet sich ab aus einer Studie, aus einer Untersuchung des Joanneum Research
Center in Graz, die sich mit dem Kleinen Glücksspiel beschäftigt hat: „Kleines
Glücksspiel - Großes Leid", eine Studie, die sich mit den sozialen Kosten
des Glücksspiels in der Steiermark beschäftigt hat. Man kann davon ausgehen,
dass die sozialen Kosten für Wien keine anderen sind, wenn nicht mehr. Und die
Autoren dieser Studie kommen zu dem Schluss, dass der größte Nutznießer dieses
Kleinen Glücksspiels die öffentliche Hand ist, da hier Steuern und Abgaben
eingehoben werden, diese aber nicht mehr zurückfließen. Das heißt, die Stadt
nimmt ein - das ist ja auch in Wien so -, aber für andere Möglichkeiten,
nämlich die Betreuung und Beratung, wie vorhin schon erwähnt, von
Spielsüchtigen fehlt dann das Geld.
Ich möchte daher den Antrag einbringen, dass der Gemeinderat das
zuständige Mitglied des Wiener Stadtsenats beauftragt, eine Studie über die
sozialen Kosten des Kleinen Glücksspiels in Wien von einer unabhängigen
Forschungseinrichtung erstellen zu lassen, und dass diese Studie nach
Fertigstellung den im Gemeinderat vertretenen Fraktionen zur Verfügung gestellt
wird.
Auch hier beantrage ich die sofortige Abstimmung dieses Antrages. –
Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Zu Wort gelangt nun Frau
Amtsf StRin Mag Wehsely. - Bitte.
Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Sehr geehrte Damen
und Herren! Lassen Sie mich zunächst schon anmerken, dass mich das Verhalten
der Österreichischen Volkspartei einigermaßen betroffen macht und irritiert.
Wenn Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, gerade bei der Behandlung der
Geschäftsgruppe, wo zehntausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 365 Tagen
im Jahr 24 Stunden am Tag für die Wienerinnen und Wiener - und auch für die
Bedürfnisse der Abgeordneten, wenn sie ihre Bedürfnisse als Bürgerinnen und
Bürger haben – da sind, der Meinung sind, um 21.15 Uhr sei es zu spät, um
über das größte Budgetkapitel zu verhandeln, dann denke ich, dass das ein sehr
eigenartiges Demokratieverständnis ist. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der
ÖVP: Sie haben nichts verstanden! – So kann man es auch machen!)
Das Demokratieverständnis beziehungsweise dessen Eigenart wird noch
bezeichnender, wenn man die Klarstellung des Herrn Ersten Vorsitzenden des
Gemeinderates gehört hat. Und das ist jetzt - du entschuldigst das - nichts
Besonderes, weil es ja immer so gewesen ist, dass die Reihenfolge in der
Präsidiale, und zwar einstimmig, vereinbart wurde. Ich würde auch gerne wissen:
Was wäre denn das Kapitel, das nicht so wichtig wäre, um um 21 Uhr
verhandelt zu werden? Das würde ich gerne wissen, denn da fällt mir nämlich
keines ein. Egal, ob es Frauenfragen, Integration, Finanzpolitik, Umwelt,
Kultur, Wohnen oder was immer ist: Jedes dieser Kapitel ist wichtig!
Also ich nehme es zur Kenntnis, aber es verwundert mich schon
einigermaßen. Es ist offensichtlich so, dass die Österreichische Volkspartei
die Debatte im Gemeinderat nur so lange relevant findet, solange Journalistinnen
und Journalisten anwesend sind und solange die Fernsehkamera aufgedreht ist.
Aber an dem, was die Grundidee dieses Hauses ist, nämlich der Wettstreit der
Ideen in der Demokratie, daran sind Sie von der ÖVP offenbar nicht
interessiert. (Beifall bei der SPÖ. – GR
Mag Wolfgang Jung: Wann haben denn Sie zum letzten Mal eine Idee der Opposition
aufgegriffen?)
Dabei gäbe es gerade hier mit Ihnen sehr viel zu
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