Gemeinderat, 1. Sitzung vom 25.11.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 51
die ebenso Wert auf geeigneten Lehrstoff wie die Persönlichkeitsbildung legt, liefert den Grundstein für ein kreatives und chancenreiches Leben. Natürlich setzt das Berufsleben in vielen Bereichen Maßstäbe, aber es darf nicht die einzige Orientierung darstellen. Der Grundgedanke eines guten öffentlichen Schulwesens ist heute aktueller denn je. Schülerinnen und Schüler müssen die Möglichkeit bekommen, freie, selbstständige und kritikfähige Persönlichkeiten zu werden. Wir haben schon jetzt begonnen, im Bildungsbereich neue Standards zu setzen, und zwar bereits im Krippenalter. Der Kindergarten ist die erste Bildungseinrichtung für die Jungen und keine Kindergarderobe. Hier muss mit der Bildung begonnen werden, hier müssen Kinder Sprache, soziales Verhalten und erste Fertigkeiten spielerisch erlernen, und daher ist es notwendig, möglichst allen den Zugang zum Kindergarten zu ermöglichen, unabhängig von ihrer Herkunft oder dem Einkommen der Eltern. Daher ist für uns auch klar, dass der beitragsfreie Kindergarten beibehalten wird. Mehr noch, wir werden die Spitzenstellung Wiens in der Kinderbetreuung weiter ausbauen und die Ausbildungsmodelle für PädagogInnen erweitern. Und wir werden sicherstellen, dass kein Kind ohne ausreichende Deutschkenntnisse in die Schule eintritt. (Beifall bei der SPÖ, von VBgmin Maria Vassilakou und GR Werner Lobo.)
Nicht nur in Wien muss es uns gelingen, das Schulsystem in Richtung 21. Jahrhundert zu bringen. Ja, wir sind hier auf den Bund angewiesen, aber wir haben begonnen, wir haben ein modernes Schulmodell vorexerziert, das Campusmodell. Wir können es heute in der Praxis testen, wieder einmal als erstes Bundesland in Österreich. Das Campusmodell Wien ist eine gemeinsame ganztägige Bildungseinrichtung für Kindergartenkinder und SchülerInnen. Der Übergang vom Kindergarten zur Schule wird dadurch deutlich erleichtert, denn Kindergarten und Schule rücken immer näher zusammen, Lernen und Freizeit werden miteinander kombiniert. Freizeitaktivitäten werden nicht mehr nach Alter getrennt, sondern gemeinsam durchgeführt. Das Wiener Campusmodell sowie Ganztagsschulen werden die Zukunft in der Bildung sein und flächendeckend angeboten.
Mit der Wiener Mittelschule haben wir ein Schulmodell in der Stadt, das sich dem Prinzip von Förderung und Differenzierung statt Selektion verschrieben hat. Die Wiener Mittelschule verbindet die Stärken der verschiedenen Schularten miteinander und schafft hiedurch die pädagogisch beste Schulform für die Zehn- bis Vierzehnjährigen. Es ist ein Modell, das sich international schon durchgesetzt hat und sich auch in Wien durchsetzen wird. Derzeit haben wir 22 Standorte, doch wir benötigen viel mehr. Wir werden uns daher mit Nachdruck für die Abschaffung der vom Bund festgelegten 10-Prozent-Grenze einsetzen, so wie dies auch einem Beschluss der Landeshauptleutekonferenz in Österreich entspricht. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Wien wird ganztägige Betreuungsformen weiter ausbauen, weiters werden wir auch ein Modell der Frühbetreuung erarbeiten sowie ein Angebot für die Semesterferienbetreuung.
Alle berufstätigen Eltern, die eine Betreuung benötigen, sollen Angebote vorfinden. Wir werden auch in den Schulneubau und in die Schulerweiterung investieren, mehr als 160 Millionen EUR in den kommenden Jahren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte, dass wir die Stadt mit dem fortschrittlichsten Bildungssystem Europas werden und mit den besten Weiterbildungsmöglichkeiten und mit einer Lehr- und Lernkultur, die vor allem junge Menschen zu wissbegierigen ForscherInnen und ErfinderInnen macht. Unsere Unternehmen und Forschungseinrichtungen sollen mit den besten Europas, ja der Welt, konkurrieren können und die Arbeitsplätze der Zukunft schaffen. Ich will dieser Stadt wieder jene geistige Größe geben, die sie schon einmal hatte, als sie eine Stadt der Nobelpreisträger war.
Die Stadt Wien bekennt sich aus ganzem Herzen zu dieser Verantwortung, zu dieser Zeitenwende im Arbeitsmarkt, zu Wissenschaft und Entwicklung, der Vernetzung von universitärer und privater Forschung, der zielgenauen Förderung kreativer Projekte und innovativer Strategien. Diese Punkte werden es sein, die Wien als einen Arbeitsplatz mit Zukunft auszeichnen und die internationale Größen, sowohl an Menschen als auch an Firmen, anziehen werden. Die Stadt Wien hat keine verfassungsmäßige Verpflichtung zur Förderung von Wissenschaft und Forschung, und das braucht sie auch nicht. Wir betrachten die Kooperationen mit Forschungsinstitutionen als unverzichtbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Stadt- und Standortentwicklung, nicht bloß als Pflicht. Und Herr Prof Alexander Van der Bellen wird als neuer Universitätsbeauftragter der Stadt eine ideale Verbindung zwischen Stadt und Universitäten sein und uns viel helfen. Das Zusammenleben in Österreichs Städten hat sich im Laufe der letzten Jahre stark verändert. Das hat mit generellen gesellschaftlichen Veränderungen und mit der Entwicklung der Bevölkerungspyramide zu tun, aber auch die Zuwanderung in die Städte hat daran einen wesentlichen Anteil. Die Sprachunterschiede, das unterschiedliche Wissen über die Regeln des Zusammenlebens, die unterschiedlichen kulturellen Werte und Normen sorgen für Konflikte. Integration ist ein lang andauernder, sehr differenzierter Prozess des Zusammenwachsens, der in mehreren Stufen erfolgt. Der Erwerb von sprachlichen Fähigkeiten sowie die Kenntnis und Akzeptanz der Regeln des Zusammenlebens vor Ort müssen am Beginn stehen. Klar ist, dass Integration einerseits Ziel ist, aber andererseits sowohl Maßnahmen der Aufnahmegesellschaft wie auch die Bereitschaft zur Integration der Zuwanderer braucht. Ohne Sprache gibt es aber keine Kommunikation und ohne Kommunikation auch keine Verständigung miteinander. Daher müssen wir ganz massiv in das Erlernen der deutschen Sprache investieren. Das gilt für Jung und Alt, das fängt im Kindergarten an und hört bei den Pensionisten auf. Probleme gibt es bei manchen im Bereich der kulturellen Integration, auch bedingt durch den religiösen Hintergrund, den einige Zuwanderer mitbringen. In manchen Gruppen muss auch noch der Integrationswille der Zuwanderer eingefordert und gestärkt werden, obwohl ich hier einmal mehr klar festhalten will: Der über
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