Gemeinderat, 3. Sitzung vom 15.12.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 56
gigen Kommissionen. Ich bin durchaus ein Anhänger von unabhängigen Kommissionen und ich weiß von der Ars Elektronica her - ich habe dort Freunde, die in der Jury sitzen - das sind internationale Künstler, und ich bin durchaus bereit zu sagen, wenn das solche Leute sind, machen wir das. Dann kam aber dieses kleine Beispiel, wo im Bericht drinnen stand: „auf besonderen Wunsch des Herrn Bürgermeister“, und so was zerstört jeden Glauben. Ich kann nicht, wenn eine unabhängige internationale Kommission etwas beschließt reinschreiben „auf besonderen Wunsch“. Der hat da nichts zu wünschen, sondern das macht die Kommission, und wenn die Kommission es für richtig hält, dann ist es eben so. Ihr habt euch natürlich auch angepasst, im letzten Bericht steht dann nichts dergleichen mehr drinnen. Es wird zumindest intern gemacht und nicht mehr an die Öffentlichkeit gebracht.
Die Wiener Festwochen, auch ein kleiner Kritikpunkt, sagen wir es so. Erstens einmal sind wir der Meinung, dass zu viele internationale Produktionen und zu wenige heimische Produktionen gebracht werden, aber wir haben den Wiener Festwochen zugestimmt. Klar, die Wiener Festwochen sind auch ein Aushängeschild, aber das, was ich gestern gesagt habe, mit dem Bewahren des Feuers: Machen wir uns nichts vor, Herr Bondy, wie immer man jetzt politisch zu ihm steht, der ist, glaube ich, schon seit 12 Jahren Intendant. Das ist ja praktisch schon eine Pragmatisierung mit Pensionsberechtigung, da kommt ja kein neuer Input mehr, bei allen künstlerischen Qualitäten. Auch durch den Wechsel der Intendanten kommen neue frische Ideen in das Ganze hinein, und solche Festivals müssen sich auch immer inhaltlich erneuern.
Es ist jetzt natürlich sehr bedauerlich, dass Herr Lobo nicht da ist, der da sicher ideologisch ein guter Partner zum Diskutieren ist, weil ich noch etwas über die Transkulturalität sagen wollte. Gestern hat mir Frau Kollegin Bluma bewiesen, dass es mit der Multikulturalität doch nicht vom Tisch ist, so wie Herr Lobo gemeint hat. Transkulturalität - nur dass wir das ein bisschen erläutern – bedeutet aus unserer Sicht, dass die Kulturen nicht nur aufeinander zugehen, sondern auch Elemente voneinander annehmen. Das könnte natürlich auch so gesehen werden - und das lässt die Silbe trans durchaus zu - dass man die eigene Kultur aufgibt und die andere annimmt. Das wollen wir sicher nicht. Wenn natürlich jetzt Migranten, sagen wir einmal, Neo-Österreicher, hier herkommen, wollen wir aber auch nicht, dass sie ihre Kultur aufgeben, aber dass sie gewisse Elemente unserer Kultur annehmen oder dass dann etwas Gemeinsames entsteht, das wollen wir schon.
Wie vielleicht gut gemeint und schlecht angekommen solche Dinge umgesetzt werden, das sieht man an dem Festival „Soho in Ottakring“, das habe ich mir rausgenommen. „Kick the habit / Ventil Rassismus“ Da gibt es jedes Jahr das „Soho in Ottakring“. Interessanterweise, die Neo-Österreicher, die ich kenne und mit denen ich befreundet bin, die durchaus ihr ganzes Leben in Ottakring verbracht haben, ihre Lokale, ihre Kirchen und so weiter, die haben nicht einmal gewusst, dass es so etwas gibt. Von wegen, es werden diese Schichten angesprochen: Es ist schon wieder dieses „preaching to the converted“, weil die tatsächlich Betroffenen das gar nicht in dieser Form mitkriegen. Da gibt es ein interessantes Projekt, das lautet: „Wenn die Cevapcici und der Leberkäse mit dem Kebap“. Das ist ja schon im Wording falsch, muss ich Ihnen leider sagen. Es ist vielleicht gut gemeint, weil Cevapcici gilt als serbisch, Leberkäse gilt als, sagen wir einmal, österreichisch und Kebap gilt als türkisch. Beim Kebap muss man schon einmal aufpassen, weil da gibt es diesen Streit mit dem Gyros, was eigentlich zuerst da war. Das Gyros wird wahrscheinlich älter sein, nehme ich an, aber in diesen Streit möchte ich mich durchaus nicht einmischen, aber was das Cevapcici betrifft, dann ist das auch schon wieder schwierig, weil das ist ja eigentlich kein serbisches Essen, sondern etymologisch dürfte das Wort aus der Zeit des Osmanischen Reiches kommen vom türkischen Kebap. Der Kebapci ist der Mann, der die Kebap verkauft hat, und daher kommen die Cevapcici. Dass das dann auf dem Balkan hereingekommen ist ... (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Man merkt, dass es Mittagszeit ist!) Das ist sozusagen die Mittagszeit-Einläutungsrede. (Heiterkeit bei der FPÖ.)
Dass das jetzt für serbisch gleichlautend ist, da sieht man schon die Schwierigkeit. Man muss sich fragen, ob Cevapcici Kebap überhaupt „meeten“ will, und nachdem die Serben Jahrhunderte lang von den Türken okkupiert waren, ist die Bereitschaft zum Dialog da wahrscheinlich noch eine geringere als bei unsereinem.
Ich will damit nur darauf hinweisen, wie schwierig, vielleicht gut gemeint, aber wie schwierig in der tatsächlichen Umsetzung solche Projekte wirklich sind, weil man die Leute meiner Ansicht nach damit überhaupt nicht anspricht, sondern eben nur das tut, was die Veranstalterin selber als „preaching to the converted“ bezeichnet.
Die Aktenstücke hinsichtlich der Vereinigten Bühnen lehnen wir aus eingangs von mir halbwegs detailliert erwähnten Gründen selbstverständlich ab. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Woller. Ich erteile es ihm.
GR Ernst Woller (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich darf Sie auch sehr herzlich bei dieser ersten Debatte im neu gewählten Gemeinderat zu einem Aktenstück begrüßen. Ich begrüße auch die Damen und Herren auf der Galerie und im Internet, weil unsere Debatten werden auch im Internet verfolgt.
Alle Jahre wieder diskutieren wir das Thema der Vereinigten Bühnen Wien. Das finde ich hervorragend, gibt es mir doch die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass die Vereinigten Bühnen Wien heuer auf eines der erfolgreichsten Jahre zurückblicken können, sowohl in künstlerischen Fragen wie auch in wirtschaftlichen Fragen, und darüber können wir uns freuen, aber dazu etwas später.
Nicht alle Jahre, aber alle paar Jahre, wechseln in der ÖVP die Kultursprecher. Nun, und da kann man ganz einfach sagen, es kommt nichts Besseres nach. Es tut
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