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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 15.12.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 56

 

auch an die eigene Klientel: Nur weil einem selber etwas nicht gefällt, muss man jetzt dagegen sein, dass man sich das anschaut? Also ich nehme mir einmal aus beruflichen Gründen vor, ich werde mir das anschauen. (Beifall bei der SPÖ und von GR Senol Akkilic.)

 

Ich nutze das Privileg, dass ich möglicherweise vor Ende April – ich sage das gleich, bitte, Privilegienritter Chorherr – eine Karte bekomme, und wenn ich keine bekomme, werde ich irgendwo anrufen, vielleicht bei der Frau Leeb, ob sie mir eine Karte besorgt. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) So!

 

Also 700 000 Leute haben sich das angeschaut. Was mir gesagt wurde und was ich schnell recherchiert habe: International wird das auch gespielt und da haben sich das 1 Million Leute angeschaut. Soviel einmal zum Musical.

 

Die Frage, die gestellt wurde – und die war berechtigt –, ist: Will man à la longue in der Tat den, glaube ich, größten Brocken des Kulturbereiches für die Vereinigten Bühnen? Das ist eine richtige und wichtige Frage. Und wie viel Geld will man sich da wirklich leisten? Bevor man aber jetzt sozusagen draufsteigt und das ausradiert, soll man in den nächsten Monaten, in den nächsten Jahren darüber reden – und diese Frage wurde von einem Vorredner gestellt: Brauchen wir wirklich in der Ausgestaltung zwei Musical-Bühnen? Wie kann eine Arbeitsteilung ausschauen? So etwas macht man nicht ho ruck da jetzt vom Rednerpult aus, das überlegt man sich.

 

Und das sage ich jetzt sozusagen durchaus auch Kritikern in unseren eigenen Reihen: Warum braucht das Musical so viel Geld? Ich habe dort mit einigen Leuten gesprochen, und da kamen schon auch Argumente, die wir abwägen sollten. Ja, man kann das billiger machen, das ist überhaupt keine Frage. Dann muss man sich die Frage stellen: Brauchen die Vereinigten Bühnen ein eigenes Orchester, ja oder nein? Jetzt sagen mir Leute, die sich auskennen – ich gehöre nicht dazu –, dass das Orchester der Vereinigten Bühnen international auf einem sehr hohen Niveau spielt. Jetzt kann man das in Frage stellen und sagen, nein das brauchen wir nicht. Wir können, wie überall international, zu prekären Arbeitsverhältnissen kommen und sozusagen von Aufführung zu Aufführung Leute engagieren. „Hire and fire“ – so arbeiten die meisten kommerziellen Musical-Bühnen auf der Welt.

 

Die Frage ist trotzdem nicht unwichtig. Das heißt jetzt nicht, dass wir apodiktisch sagen, es muss dort alles so bleiben, nur was man nicht kann: Man kann nicht auf der einen Seite die Prekarisierung auch im künstlerischen Bereich beklagen – ja, das sind Leute, die bekommen 14 Monatsgehälter, die haben ein Urlaubsgeld – und auf der anderen Seite alles billiger haben wollen. Man kann auch die Frage stellen, ob ein Haus wie das Raimundtheater im 6. Bezirk – ich wohne um die Ecke – eine geeignete Musicalbühne ist. Würden wir irgendwohin auch mit moderner Architektur eine optimierte Halle hinstellen, könnte man das wahrscheinlich auch billiger machen. Ich war einige Male im Raimund Theater. Das hat einfach ein Flair, wo ich mich frage und wo wir uns die Frage stellen sollten: Ist es uns das wert? Das ist eine gute, richtige kulturpolitische Debatte – ich habe mir andere Produktionen dort angeschaut, nicht alle; das ist nicht unbedingt „my favorite“, aber da wird es eng, wenn es nur um „my favorites“ geht –: Wollen wir uns das leisten? Darüber sollen wir nachdenken.

 

Jetzt habe ich auch zur Oper ein bisschen herumrecherchiert, ein bisschen herumgegoogelt: Ja, das ist auf den ersten Blick wirklich merkwürdig, wenn man sieht, die haben so viel zugesperrt. Das haben auch wir kritisiert. So, jetzt schaue ich mir an, was der Herr Geyer in den letzten Jahren – auch, ja, um viel Geld – geliefert hat. Dann schaue ich mir noch einmal das Theater an der Wien an, das ich ganz gut kenne, das früher Musicals gespielt hat, und beim Musical hat es immer irgendwie geknirscht.

 

Das Schöne ist – und das meine ich jetzt überhaupt nicht zynisch: So eine Regierungsbeteiligung ist ein Lernprogramm der Sonderklasse. Also so viel wie über das Theater an der Wien habe ich mein ganzes Leben nicht gewusst. Ich muss jetzt wissen, was war da eigentlich genau, und ich gebe jetzt gerne wieder, was bei dem Theater war. Da lernt man irrsinnig viel und kommt einfach auch drauf, dass man immer einen Blödsinn geredet hat. (GRin Dr Sigrid Pilz: Das musst du ja nicht sagen, dass du einen Blödsinn geredet hast!) Das kann man ja auch sagen. (GRin Dr Sigrid Pilz: Du hast zum Theater noch nie geredet!) Ja, ich habe noch nie geredet, aber ich habe auch schon viel Blödsinn geredet, das sage ich jetzt ehrlich. Ich hoffe, ich rede jetzt keinen Blödsinn.

 

Also, was ich nicht gewusst habe, das war von Beginn an ein Opernhaus. (GR Ernst Woller: Für die Staatsoper!) Das war das Ausweichquartier für die Staatsoper, also dort gehört sozusagen irgendwie die Oper hinein. Und was mir Opernspezialisten – was ich definitiv nicht bin – sagen, ist, dass man sich auf der ganzen Welt wünscht, in einer Oper zu spielen, wo man nicht von 9 Uhr Früh bis 12 Uhr Mittag proben darf, denn dann wird umgebaut und am Abend spielt sozusagen der Rest, sondern wo hochbezahlte, ja, Topopernstars, die man haben will, vier, fünf, sechs Tage und auch länger auf der Bühne voll proben. Das ist eine Qualität, um die muss man kämpfen. Und Qualität, ob das jetzt der Radverkehr ist oder ob das was anderes ist, hat ihren Preis. Die Frage ist: Wollen wir uns das leisten?

 

Jetzt sage ich nur ein Einziges im Vergleich – ich habe kurz meine Kollegen Margulies gefragt –, wo würden wir denn kürzen? Fange ich, wenn ich sozusagen einen Kürzungs-Jolly hätte, wirklich bei den Vereinigten Bühnen an oder fange ich an mit der Garagenförderung, die genauso aus öffentlichen Mitteln kommt? Wenn ich vor die Alternative gestellt bin, die Garagenförderung zu kürzen oder eine anerkannte, erfolgreiche, quotenmäßig ausgebuchte Kulturinstitution zu kürzen, auch wenn es nicht meine ist, denke ich keine Sekunde nach, wo ich kürze.

 

Das Beispiel nenne ich auch deswegen, weil beides in derselben Größenordnung ist, 30 bis 40 Millionen EUR. Also wir haben hier die Garagenförderungskürzung verlangt, wir haben die Kürzung bei den Vereinigten

 

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