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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 26.02.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 111

 

einzubeziehen, nämlich gar nichts. Herr StR Norbert Walter etwa zerreißt vor laufender Kamera den Stimmzettel. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Skandal!) Ein symbolischer und vielsagender Akt. (GR Prof Harry Kopietz: Undemokratisch! – GR Siegi Lindenmayr: Unerhört!) Ein symbolischer und vielsagender Akt, denn damit haben Sie Folgendes demonstriert: Volkes Stimme ist für die ÖVP nichts wert. (Beifall bei der SPÖ.) Es ist Ihnen völlig egal, es interessiert Sie nicht, dass die Wienerinnen und Wiener mitreden und mitgestalten wollen.

 

Aber es gibt ja noch weitere Beispiele. Auch die Frau StRin Leeb wiederum fordert Schülerinnen und Schüler auf, nicht an der Volksbefragung teilzunehmen. Gerade in einer Zeit, wo es auch die Aufgabe der Politik wäre, junge Menschen für Politik zu interessieren und auch zu begeistern, stellt sich die Frau Stadträtin hin und sagt: Bleibt daheim! Das ist ja eigentlich unfassbar.

 

Und die Draufgabe war dann noch von der designierten Obfrau Marek, die ausrichten hat lassen: Machen wir eine Meinungsumfrage mit 500 Leuten, aber letztendlich finden wir, dass das Instrumentarium der direkten Demokratie unnötig ist. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, lässt sehr tief blicken.

 

Die FPÖ wiederum – und das wissen wir aus vielen Debatten – hat ja grundsätzlich ein Problem damit, wenn Menschen in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Sie haben von Anfang an ein Problem mit dieser Befragung gehabt, weil Sie es ja waren, die mitverantwortlich sind, dass in der Zeit der blau-schwarzen Bundesregierung das Hausbesorgergesetz abgeschafft wurde. Sie hatten nämlich jetzt auch das Problem, dass Sie öffentlich haben einbekennen müssen, dass Sie mitverantwortlich sind am Desaster, das die blau-schwarze Bundesregierung hinterlassen hat, mitverantwortlich am Schaden, der dem Land, der der Stadt, aber auch den Menschen entstanden ist. Sie waren beteiligt – an Ihrer Stelle würde mir das Lachen wirklich vergehen – am größten Sozialabbau in der Geschichte dieses Landes, an der Zerschlagung der Polizeistruktur und sind damit natürlich auch mitverantwortlich an den Folgen der Kriminalitätsentwicklung.

 

Und Sie haben auch ungeniert daran mitgewirkt, dass das Hausbesorgergesetz abgeschafft wurde. Sie haben damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, in dieser Zeit den Mieterinnen und Mietern auch die Wahlmöglichkeit, von der Sie so gerne theoretisch philosophieren, genommen, damit die Menschen überhaupt die Entscheidung treffen können, ob sie Hausbesorger oder etwa Reinigungsfirmen haben wollen. Sie sind einfach über die Interessen der Bürgerinnen und Bürger drübergefahren. Aber jetzt haben die Wienerinnen und Wiener entschieden, dass es eben wieder Hausbesorger in den Wohnhausanlagen geben soll, und dieses Ergebnis sollten Sie auch zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Der Redebeitrag des Kollegen Jung war allerdings auch eine unglaubliche Entgleisung insofern, als er aus Abhörprotokollen der Polizei (GR Mag Wolfgang Jung: Aus Parlamentsprotokollen!) – Sie haben von Abhörprotokollen der Polizei gesprochen (GR Mag Wolfgang Jung, einen Aktenordner in die Höhe haltend: Parlamentsprotokolle sind das!) –, aus Akten des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zitiert hat, und das in einer öffentlichen Sitzung. Ich möchte daher Ihre fragwürdigen, rechtlich bedenklichen Methoden, aber vor allem auch Ihre Unterstellungen gegenüber dem Bürgermeister, dem Landtagspräsidenten und früheren Abgeordneten Gaal sowie ihre aberwitzigen Schlussfolgerungen deutlich und schärfstens zurückweisen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die intensive Information und Diskussion im Vorfeld der Volksbefragung war auch ein wichtiger Meinungsbildungsprozess, und dieser wurde von der Bevölkerung im Vorfeld auch eingefordert. Es wurde daher in der Tat über viele Wochen in der gesamten Stadt ausführlich über die gestellten Fragen diskutiert. Es waren nicht, wie Sie das hier so geringschätzig und diffamierend bezeichnet haben, „No-na-Fragen“, sondern es waren Fragen, die die Menschen bewegt haben und die auch zu entscheiden waren. Es waren aber auch Fragen, die in den Wirkungsbereich der Gemeinde gefallen sind, die in der Kompetenz der Stadt liegen. Auch wenn es die FPÖ und Kollege Schock nicht hören wollen, ist es so, dass es eben gesetzliche Bestimmungen gibt, die besagen, dass etwa über die Festsetzung einer Flächenwidmung eine Volksbefragung unzulässig ist. Sie brauchen nur in der Wiener Stadtverfassung die entsprechenden Bestimmungen nachzulesen, die die Modalitäten einer Volksbefragung klar regeln und auch eindeutig vorsehen, dass behördliche Angelegenheiten wie etwa die Festsetzung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen nicht Gegenstand einer Volksbefragung sein können.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Verhalten der Opposition in den letzten Wochen war erbärmlich. Es war eigentlich unfassbar, wie Sie in den letzten Wochen mit dem Instrumentarium der Volksbefragung, der direkten Demokratie umgegangen sind und wie Sie auch die Volksbefragung selbst diffamiert haben, nur weil Sie die Menschen nicht fragen wollten. Das werden Ihnen aber die Wienerinnen und Wiener nicht vergessen.

 

ÖVP, FPÖ und Grüne haben sich gemeinsam geoutet und sind gemeinsam gegen die Bevölkerung angetreten. Sie waren dagegen, dass die Wienerinnen und Wiener in den demokratischen Meinungsbildung- und Entscheidungsprozess einbezogen werden. Sie waren dagegen, dass die Meinung der Bevölkerung gehört wird. Sie waren dagegen, dass als Ergänzung zur repräsentativen Demokratie auch das Instrumentarium der direkten Demokratie ermöglicht wird. Sie waren auch dagegen, dass umfassend über die Volksbefragung informiert wird und haben das auch heute wieder mit den Kosten begründet. Aber schlussendlich ist es Ihnen darum gegangen, dass Sie keinen öffentlichen Diskurs über diese Fragen wollten.

 

Und das unterscheidet uns ganz wesentlich. Denn wir stehen für Mitbestimmung und Partizipation. So wie Sie aufgetreten sind, stehen Sie für Überheblichkeit und Arroganz. (Beifall bei der SPÖ.)

 

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