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Gemeinderat, 65. Sitzung vom 22.09.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 30

 

so manches gewohnt, doch was sich bei der Flughafen Wien Aktiengesellschaft abspielt, das ist wohl auch für einen gelernten Österreicher wahrlich starker Tobak. Man muss leider feststellen, dass der Flughafen Wien, das beste – oder das „beste" ist in diesem Zusammenhang vielleicht nicht angebracht –, besser gesagt, das schlimmste aktuelle Beispiel für die katastrophalen Folgen von politischer Einflussnahme der ÖVP und der SPÖ in unserem Land ist.

 

Meine Damen und Herren! Seit Jahren herrscht dort Misswirtschaft, ein Debakel jagt das andere. Das prominenteste Debakel ist wohl die unendliche Geschichte rund um die Skylink-Großbaustelle. Meine Damen und Herren, Sie kennen es, ich werde es Ihnen trotzdem nicht vorenthalten, nämlich eine kurze Chronologie der Pleiten und Pannen rund um diese Skylink-Großbaustelle.

 

Das beginnt mit November 2002. Intern werden die Kosten für den Skylink mit 360 Millionen EUR plus 40 Millionen EUR für Unvorhergesehenes genannt. Also von diesem Betrag gehen wir einmal aus.

 

Juni 2004: Der Flughafen Wien kündigt das Projekt Skylink offiziell an. Die Kostenschätzung in der ersten Stufe beträgt 280 Millionen EUR, inklusive 65 Millionen EUR für eine Gepäcksortiertransportanlage. Als Fertigstellungstermin wird Mitte 2008 bekannt gegeben.

 

Oktober 2004: Ein gewisser Herr Christian Domany, Ex-Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich und bis April 2004 auch im Flughafen-Aufsichtsrat, folgt Herrn Kurt Waniek.

 

Oktober 2005: Die Bauarbeiten für die Terminalerweiterung beginnen. HOCHTIEF macht das Rennen für den Rohbau. Die Eröffnung ist nun für das letzte Quartal des Jahres 2008 vorgesehen.

 

Jänner 2006: Grundsteinlegung. Als Baukosten werden weiterhin 400 Millionen EUR angegeben, plus 50 Millionen EUR für die Gepäcksortieranlage. Als Fertigstellungstermin wird Herbst 2008 genannt.

 

April 2006: Laut „profil" wird der Vorstand erstmals mit massiven Verzögerungen konfrontiert, weil das Haustechnik-Planungsbüro Wochen in Verzug ist.

 

Es geht weiter. November 2006: In einem Sitzungsprotokoll heißt es: Einhaltung des genehmigten Budgets aus derzeitiger Sicht nicht mehr möglich. Neuer Termin für die Inbetriebnahme ist März 2009.

 

Dezember 2006: Der Terminalrohbau ist so gut wie fertig. Mit dem Haustechnik-Planungsbüro verkehrt der Vorstand mittlerweile allerdings nur noch mittels Anwalt.

 

November 2007: Der Aufsichtsrat billigt eine weitere Skylink-Budgetaufstockung von 427 Millionen auf nunmehr 512 Millionen EUR. Die Öffentlichkeit erfährt auch davon nichts.

 

Juli 2008: Intern ist nur noch von einer Teilinbetriebnahme im Juni 2009 die Rede. Nun sind wir schon im Jahr 2009! Dem Vorstand werden laut „profil" drei Szenarien präsentiert. Im günstigsten Fall seien die Kosten mit 571 Millionen EUR zu rechnen, im wahrscheinlichsten Fall mit 612 Millionen EUR, im schlimmsten Fall mit 655 Millionen EUR.

 

August 2008: Der Flughafen räumt erstmals ein, dass der Skylink nicht wie geplant im Juni 2009 eröffnet werden könne, sondern erst schrittweise ab Oktober, und nicht 512 Millionen EUR, sondern inzwischen 657 Millionen EUR kosten werde. Als Grund werden vermehrte Behördenauflagen, Optimierung des Konzepts sowie Änderungen der Projektorganisation angegeben. Hört, hört!

 

Jänner 2009: Der Kostenrahmen von 657 Millionen EUR wird vom Management bestätigt. Von einer Teilinbetriebnahme im Jahr 2009 ist freilich keine Rede mehr. Man spricht von einer überwiegenden Fertigstellung.

 

18. Februar 2009: Es kommt, wie es kommen muss. Erwin Pröll gibt den Wechsel seines Stellvertreters und Landesrates Ernest Gabmann in den Flughafenvorstand bekannt. Er ersetzt den vollkommen überlasteten Domany.

 

2. März 2009: Gabmann beauftragt ein Ziviltechnikerbüro mit einer neuen Kostenevaluierung des Skylink. – Früh kommt er drauf!

 

13. März 2009: Norbert Steiner wird zum neuen Skylink-Projektleiter ernannt. Er ist bereits der dritte.

 

25. März 2009: Der Aufsichtsrat verlängert die Verträge von Kaufmann, Schmid und Gabmann bis zum 30. September 2014. – Interessante Entscheidung.

 

26. März 2009: Gabmann sagt, dass der Skylink nicht mehr 2009 in Betrieb genommen werden kann. Die Kostenexplosion auf fast 1 Milliarde EUR wird weiterhin bestritten.

 

22. April 2009: Das Management räumt erstmals eine Unterschätzung der Kosten ein. Der Skylink werde nicht 657 Millionen, sondern bis zu 830 Millionen EUR kosten, plus 64 Millionen für nicht abwägbare Risken. Es wird teilweise eine Bauunterbrechung angeordnet. Als neuer Termin für die Fertigstellung wird mittlerweile Dezember 2011 angegeben, Eröffnung Anfang 2012.

 

Am 30. Juni 2009 ist es dann soweit: Der Flughafen verhängt einen Baustopp beim Skylink.

 

Doch erst am 20. September 2009 beschließt die Hauptversammlung tatsächlich eine aktienrechtliche Sonderprüfung. Christoph Herbst wird Aufsichtsratchef.

 

Und was seither passiert ist, meine Damen und Herren, können wir ja tagtäglich den Medien entnehmen. Es gibt inzwischen Anzeigen gegen Vorstände und Aufsichtsrat des Flughafens Wien, die teilweise ungeheuerliche Vorwürfe enthalten. Selbst wenn nur ein Bruchteil dieser Vorwürfe stimmt, die in den Anzeigen stehen, wird sich der Skylink-Skandal nahtlos in die größten Bauskandale Österreichs einreihen. In einer Anzeige ist bezeichnenderweise davon die Rede, dass eine Gruppe Ahnungsloser am Werk gewesen sei. Planer hätten sich blödverdient, schon bei der Ausschreibung sei getrickst worden. Freilich – das wissen wir – gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung – Unschuldsvermutung ist, glaube ich, das Unwort des Jahres 2010 –, jedenfalls hat die Staatsanwaltschaft Korneuburg genug zu tun in nächster Zeit.

 

Klar ist auf alle Fälle, dass der Baustopp unbedingt notwendig geworden ist, da schwere Baumängel gefunden worden sind. Dabei wurden von Sachverständigen 136 000 Fotos und 110 Stunden Filmaufnahmen der

 

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