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Gemeinderat, 4. Sitzung vom 26.01.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 81

 

Wir haben in Wien im Moment 80 Standorte für Offene Volksschulen und Offene Hauptschulen. Wir haben 29 Ganztagsschulen, und dieses Schuljahr kommen noch 5 und nächstes Schuljahr 7 dazu. Das heißt, wir bauen dieses Modell aus, und zwar deshalb, weil wir diese ganztägige Betreuung brauchen und wollen. Daneben gibt es auch noch die bewährten Horte.

 

Es ist klar, warum die echte Ganztagsschule einen Vorteil hat: Dort gibt es nämlich eine Abwechslung zwischen Lern- und Freizeiteinheiten. Wenn die Kinder auch am Nachmittag dort sind, muss man nicht den ganzen Stoff in den Vormittag hineinpressen, was aus pädagogischer Sicht an sich nicht günstig ist, sondern man kann das Gelernte am Nachmittag spielerisch aufarbeiten und mit Hausaufgaben arbeiten.

 

Wir wollen in Wien nicht warten, sondern wir wollen neben dem Ausbau der Schulen gleich etwas machen. Wir wollen jetzt vor allem auch eine dieser Schwächen, die sich gezeigt haben, angehen, nämlich die Leseschwäche. Wir haben gestern vereinbart, dass es eine „Soko Lesen“ geben soll. Einerseits soll es in der vierten und in der achten Schulstufe eine Testung geben, um die Lesefertigkeit und -fähigkeit entsprechend zu überprüfen. Andererseits gibt es einen Beirat von ExpertInnen, der im Großen und Ganzen aus den Schulpartnern und den Sozialpartnern zusammengesetzt ist. Das Lesen soll wieder Spaß machen. Es soll in der Schule Lesefeste und eine Lesenacht geben. Es ist ein Lesereisekoffer geplant.

 

Wir haben aber auch eine Aktion mit LesepatInnen gestartet, in deren Rahmen Personen gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern lesen. Faktisch kann man das auch Coaching nennen. Eine Person liest mit einer Schülerin oder einem Schüler gemeinsam 15 Minuten oder 25 Minuten, bessert aus, korrigiert, zeigt auf, um das Lesen wirklich einzuüben. Denn nur dann, wenn man es wirklich kann, macht es auch entsprechend Freude.

 

Sie sehen also: Wir warten nicht! Deshalb sagen wir zu Recht: Die Schule der Zukunft startet jetzt, und sie startet in Wien. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren des Gemeinderats nur einmal zu Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist. Als nächste Rednerin hat sich Frau GRin Marek gemeldet. – Bitte schön.

 

10.20.49

GRin Christine Marek (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien)|: Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren!

 

Wien hat uns – das unterstreiche ich durchaus – bildungspolitisch viele Herausforderungen beschert, die aber seit Jahren ungelöst sind und auf Lösungen warten. Das hat der PISA-Test – wie mein Vorredner angesprochen hat – durchaus gezeigt. Insbesondere hat er gezeigt, dass Wien bildungspolitisch Schlusslicht im negativen Sinne ist.

 

Ich sage auch ganz offen, dass es mich bei Ihrer Rede, Herr Kollege, wieder irritiert hat, dass als einziger Lösungsweg permanent und fast gebetsmühlenartig ausschließlich die gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen immer wieder ins Treffen geführt wird. Ich halte das nicht nur für falsch, sondern für viel zu kurz gegriffen. Wir müssen uns nämlich auch fragen, was vor dem 10. Lebensjahr geschieht.

 

Da geschieht nämlich schon sehr viel, und es kann nicht sein, dass wir immer nur das reparieren, was durch vorherige Defizite verursacht wurde, etwa im Kindergarten, der ein ganz wesentlicher Bereich ist. Dort erfolgt nämlich der Startschuss für eine erfolgreiche Bildungskarriere in der Volksschule und in weiterführenden Schulen. Eine entsprechende Ausbildung kann dort nur erfolgen, wenn geeignete Räumlichkeiten dafür vorhanden sind und es bestmöglich qualifiziertes Personal gibt. Nur so können die Kinder bestmöglich gefordert werden, und erst dann wird der Kindergarten zu einem echten Bildungsgarten.

 

Dafür braucht es natürlich auch insgesamt ausreichend Plätze. Darauf muss es einen Rechtsanspruch geben, damit alle Kinder gleiche Chancen haben. Diese Forderung möchte ich jetzt wieder erheben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Tatsache ist, dass es weder eine ausreichende Zahl an Plätzen noch einen Rechtsanspruch gibt. Die Eltern bleiben damit in Wien weiterhin Bittsteller, die vom Goodwill abhängig sind. Immer wieder melden sich betroffene Eltern in Mails und Briefen an uns. Auch das Kontrollamt hat bestätigt, dass Wien weit davon entfernt ist, etwa das Barcelona-Ziel bei den Unter-Drei-Jährigen zu erreichen. (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Wie weit?) Auch der Kindergarten in Wien ist davon entfernt, Herr Stadtrat! (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Wie weit? Nur eine Zahl! Nennen Sie mir eine Zahl!)

 

Sie haben gesagt, Sie wollen flächendeckende Betreuung für alle Kinder, und genau das ist das Thema. Wir sind in Wien noch weit davon entfernt, alle Kinder bestmöglich zu fördern und ihnen wirklich die besten Chancen für die Volksschule zu geben, Herr Stadtrat! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Damit bin auch schon beim zweiten Bereich, bei der Volksschule, Herr Stadtrat Oxonitsch. Es gibt in Wien viel zu viele Kinder, die als außerordentliche Schülerinnen und Schüler geführt werden, weil ihre Deutschkenntnisse einfach unzureichend sind. Allein im vergangenen Schuljahr waren es über 8 000. Diese Kinder werden einfach mitgeschleppt, sie werden nicht ordentlich unterstützt und sind damit fast schon vorprogrammierte Bildungsverliererinnen und Bildungsverlierer.

 

Wir alle wissen, dass derzeit für die Ermittlung der Schulreife, die auch für die Vorschule relevant ist, die Sprachkompetenz im Sinne von Deutsch Können völlig irrelevant ist, auch wenn Sie permanent anderes behaupten. Daher werden diese Kinder auch nicht so gefördert, wie es notwendig wäre. (Zwischenruf von Amtsf StR Christian Oxonitsch.)

 

Herr Stadtrat! Es gibt seit Langem in Wien Deutschunterricht für Kinder mit Defiziten in diesem Bereich. Ich frage mich aber, Herr Stadtrat, wie das funktioniert und wie effizient das ist. Das wissen nämlich die wenigsten in

 

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