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Gemeinderat, 6. Sitzung vom 31.03.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 89 von 100

 

ihm dort war und er es jetzt eh super findet. Wir waren auch schon dort! Es ist nur bedauerlich, dass die GRÜNEN in den vergangenen Jahren nicht zugestimmt haben und es nicht der Mühe wert befunden haben, sich die Sache anzuschauen. Kollegin Ringler hat letztes Jahr noch vermutet, dass das etwas mit der Wahl zu tun hat. Aber nein! Es geht heuer hurtig weiter mit den Subventionen. (Zwischenruf von GR Mag Klaus Werner-Lobo.) Bitte? (GR Mag Klaus Werner-Lobo: Ich bin seit 25.11.2010 im Gemeinderat!) Ja, ich auch! Es freut mich sehr, dass wir hier zusammenarbeiten. Trotzdem hätten sie eventuell mit Kollegin Ringler sprechen können!

 

Noch einmal: Ich finde es sehr herzig, dass sie bei jeder Zustimmung mit dem Argument kommen: Jetzt haben wir es uns angeschaut! – Auch bei den Vereinigten Bühnen Wien kam das als Zustimmungsargument. Das finde ich sehr nett, das finde ich sehr herzig! Wir werden dem nicht zustimmen. – Das war’s. Danke.

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Werner-Lobo, ich erteile es ihm.

 

18.32.34

GR Mag Klaus Werner-Lobo (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Vorsitzender!

 

Ich werde jetzt – und das wird manche vielleicht wundern, diejenigen, die mich kennen, wird das aber gar nicht wundern – das Rote Wien über den grünen Klee loben, und zwar mit Fug und Recht.

 

Das, was als Rotes Wien verstanden wird, ist nicht, wie Sie vielleicht missverstehen, die SPÖ-Regierung seit dem Zweiten Weltkrieg, sondern das, was als Rotes Wien verstanden wird, ist die Zeit von 1918 bis 1934, als – ich zitiere: „die sozialdemokratische Arbeiterpartei bei den Wahlen zu Landtag und Gemeinderat wiederholt die absolute Mehrheit erreichte; die sozialdemokratische Kommunalpolitik dieser Jahre war geprägt von umfassenden sozialen Wohnbauprojekten und von einer Finanzpolitik, die neben dem Wohnbau auch umfangreiche Reformen in der Sozial-, Gesundheits- und Bildungspolitik unterstützen sollte“.

 

Das wird in der Ausstellung im Karl-Marx-Hof gezeigt! Sie haben gesagt, dass Sie dort waren. Ich glaube, sonst war noch niemand von Ihnen dort! Ich war, wie gesagt, auch dort, und was ich dort gesehen habe, ist tatsächlich etwas, was als sehr unterstützenswert anzusehen ist. Es wird nämlich gezeigt, was in der Zwischenkriegszeit im Roten Wien im Gegensatz zu dem, was der Bund beziehungsweise Österreich damals gemacht hat, geschehen ist: Es wurde aktive Sozialpolitik betrieben, es wurde aktive Gesundheitspolitik betrieben, es wurde aktive Bildungspolitik betrieben, es wurde aktive Kulturpolitik betrieben, es wurde aktive Politik für die sozial Schwächeren, für Frauen und so weiter betrieben, und das ist als sehr unterstützenswert anzusehen.

 

Diese Ausstellung wird mit gutem Grund im Karl-Marx-Hof gezeigt, denn der Karl-Marx-Hof ist ein geschichtsträchtiger Ort, in dem genau dieses Rote Wien gut gezeigt werden konnte und wo auch gezeigt werden kann, wie Ihre Vorläuferparteien in der Zwischenkriegszeit, die christlichsozialen Parteien, dieses Rote Wien bekämpft haben, und nicht nur bekämpft, sondern auch beschossen haben, wie dort Menschen verfolgt und umgebracht wurden.

 

Wenn man über das Rote Wien redet, dann muss man gleichzeitig auch über den Austrofaschismus reden. – Ich werde jetzt eine kleine Geschichtsstunde für Sie, Frau Kollegin Leeb, halten: „Der Austrofaschismus“ – ich zitiere wieder – „ist eine Bezeichnung für das ab 1933 in Österreich etablierte autoritäre, an ständestaatlichen beziehungsweise faschistischen Ideen orientierte Herrschaftssystem, das sich stark an die Diktatur Benito Mussolinis anlehnte. Entwickelt und getragen wurde dieser von Engelbert Dollfuß.“ – Sie erinnern sich an Engelbert Dollfuß. Das ist der, dessen Bild noch immer im ÖVP-Parlamentsklub hängt, er ist offenbar einer Ihrer Säulenheiligen!

 

Entwickelt wurde dieser Faschismus, wie gesagt, von Engelbert Dollfuß beziehungsweise nach dessen Ermordung 1934 maßgeblich von Kurt Schuschnigg und der Vaterländischen Front, einer Sammelbewegung und Einheitspartei, zu der sich die Christlichsoziale Partei als Ihre Vorgängerpartei, die Heimwehr und der Landbund zusammengeschlossen hatten. – Das ist wahrscheinlich der Hauptgrund, warum Sie diese Geschichte ablehnen.

 

Es ist dies allerdings, seit die GRÜNEN – und das war auch der Grund für meine Zustimmung im Kulturausschuss – in dieser Regierung sind, nicht länger ein sozialdemokratischer Verein, weil wir an die SPÖ mit dem Wunsch herangetreten sind, dass alle aktiven MandatarInnen der SPÖ aus dem Vereinsvorstand ausscheiden und stattdessen anerkannte unabhängige WissenschafterInnen in diesen Vereinsvorstand eintreten. Das wird bei der nächsten Generalversammlung geschehen, und insofern gibt es überhaupt keinen Grund mehr, dagegen zu stimmen.

 

Ich würde Ihnen eher anraten, dafür zu stimmen und sich endlich von Ihrer Vergangenheit zu trennen und ein aktives Zeichen zu setzen, dass das, was das Rote Wien in der Zwischenkriegszeit war, nämlich ein soziales Gegengewicht zu einem faschistischen Ständestaat, auch das Wien ist, das wir hier haben wollen.

 

Das wird übrigens auch das rot-grüne Wien ab dem Jahr 2011 sein, nämlich eine Stadt, die sich gegen soziale Einschnitte seitens der Bundespolitik wehrt, die sich gegen rassistische Tendenzen seitens der Bundespolitik wehrt und die sich dagegen wehrt, dass der Sozialstaat und die soziale Sicherheit zerstört werden. So werden wir hier in Wien gemeinsam mit der Sozialdemokratie vorgehen.

 

Leider gibt es, seitdem die GRÜNEN in der Regierung sind – und das ist das Einzige, was man an dieser rot-grünen Regierung kritisieren kann –, deswegen keine fähige Oppositionspartei mehr in Wien. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, dann nehmen Sie doch diese Subvention an das Rote Wien und diesen Verein Rotes Wien zum Anlass, um wirkliche Oppositionspolitik zu machen und um uns an dem zu messen, was in diesem Wien in der Zwischenkriegszeit geschehen ist. Es wurden damals nämlich durch eine aktive

 

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