Gemeinderat, 6. Sitzung vom 31.03.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 99 von 100
den Verein Wiener Jugendzentren. Ich bitte die Berichterstatterin, Frau GRin Yilmaz, die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatterin GRin Nurten Yilmaz: Ich bitte um Zustimmung.
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Novak. Ich erteile es ihr.
GRin Barbara Novak (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich darf zu diesem Poststück einen Antrag einbringen, der sicherlich die Jugendlichen sehr interessiert, die von dieser Subvention betroffen sind. Damit ist auch ein Bezug zur Post hergestellt.
Es geht um die gerade im Prozess befindliche Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Wir haben uns zu diesem Thema vor ein bisschen länger als einem Jahr schon einmal hier an dieser Stelle unterhalten und damals auch bereits eine Resolution im Gemeinderat beschlossen. Im Augenblick ist dieses Thema sehr aktuell, weil einerseits die Novelle zum TKG in Begutachtung war und andererseits Änderungen und Novellen zur Strafprozessordnung und zum Sicherheitspolizeigesetz durchgeführt werden.
Im Grunde geht es inhaltlich darum, dass die Vorratsdatenspeicherung vorsieht, dass alle Verbindungsdaten sechs Monate zurück von den Providern gesichert werden müssen und ohne einen richterlichen Beschluss bei Verdacht auf eine inzwischen nur mehr geringe Straftat auf diese Daten zugegriffen werden kann. Das ist aus unserer Sicht ein massiver Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und entspricht auch nicht der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie den Staatsgrundgesetzen.
Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, diese Gesetze nicht zu beschließen beziehungsweise zurückzuziehen. Das ist uns auch deshalb ein Anliegen, weil nebenbei auch keine Kostenersätze für die Provider zur Verfügung gestellt werden würden. Das würde auch zu einem massiven Schaden der Telekommunikationsbranche führen. Alle kleinen Provider können sich so etwas nicht leisten, denn man kann sich vorstellen, was für Rechenzentren man braucht, um solche Daten zu speichern. Das wäre auch wirtschaftspolitisch wirklich fatal.
Wir wissen um den Umstand, dass es zu möglichen finanziellen Sanktionen durch die Europäische Union kommen könnte, glauben aber, dass das, gemessen an den drohenden Eingriffen in die Menschenrechte, das geringere Übel ist, und deshalb stellen wir diesen Antrag, den ich hiermit einbringe. Er ist Ihnen zugegangen. Ich lese nicht alles vor, dieser ist sehr umfangreich, und es gibt viele Forderungspunkte. – Danke schön.
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Stiftner. Ich erteile es ihm.
GR Dipl-Ing Roman Stiftner (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich nehme Stellung zu dem eben eingebrachten Antrag. Seitens der ÖVP-Wien ist uns natürlich die Sensibilität gerade dieses Themas im höchsten Maße bewusst. Wir wollen das jetzt in keinster Weise negieren.
Frau Kollegin Novak! Erlauben Sie mir trotzdem anzumerken: Der Bogen zu dieser Post sei Ihnen gegönnt. Wenn Ihnen aber das Thema wirklich so wichtig und ein so großes Anliegen ist, dann frage ich mich schon, wieso Ihnen das erst jetzt bei so einem fortgeschrittenen Prozess einfällt! Wenn ich mich richtig erinnere, hatten wir dieses Thema letzte Woche im Justizausschuss im Nationalrat, und offenbar ist Ihnen erst gestern Abend eingefallen, diesen Antrag noch auszusenden. – Ich denke, das ist auch nicht der Stil, den man bei so komplexen und langfristigen Materien anwenden sollte! Wir werden deshalb ... (Zwischenruf von GRin Barbara Novak.)
Lassen Sie mich das sagen, hören Sie mir kurz zu! Dann werden Sie sehen, dass wir vielleicht gar nicht so weit auseinander liegen. Ich sage Ihnen ein bisschen etwas zum Stil, an den Sie sich, wenn Ihnen das wirklich ein Anliegen ist, halten sollten. Eine so komplexe Materie kann man nicht so geschwind im Zusammenhang mit einem Antrag diskutieren. Man sollte das vielleicht einmal generell diskutieren. Da bin ich gerne bei Ihnen.
Wir werden diesen Antrag in dieser Form jedoch ablehnen, und zwar aus folgenden Gründen. Erstens wurde dieser aus unserer Sicht hier jetzt ad hoc eingebracht, und zweitens wurde er zur Unzeit eingebracht. Vergangene Woche gab es zu diesem Vorratsdatenspeicherungsgesetz im Nationalrat einen Beschluss, übrigens auch Ihrer Fraktion, allerdings mit der Zusage Ihres Abgeordneten Jarolim und unseres Nationalratsabgeordneten Donnerbauer, weitere Verbesserungen einzuarbeiten. Und ich denke, es sollte dieses Thema auf jener Ebene diskutiert werden, wo es hingehört.
Erlauben Sie mir als ÖVPler, jetzt die Frage in den Raum zu stellen: Wenn die zuständige Ministerin in Wirklichkeit eine SPÖ-Wien Ministerin ist – ich glaube, sie ist sogar in einem der südlichen Wiener Bezirke Parteivorsitzende – und für diesen Bereich verantwortlich ist und auch die Vorlage des Gesetzes hat, warum klären Sie das nicht direkt, sondern versuchen das über den Wiener Gemeinderat zu instrumentalisieren? Das bleibt Ihr Geheimnis. Mir bleibt nur, Ihnen klar zu sagen, dass diese Methode für uns inakzeptabel ist, wiewohl wir in der Sache in einigen Punkten durchaus miteinander reden können.
Sehr geehrte Damen und Herren! Um es noch einmal zu sagen: Die Netzwerkbetreiber müssen die Daten für den Fall, dass es Reklamationen auf der Rechnungsseite gibt, sowieso speichern. Sonst wäre das gar nicht nachzuvollziehen. So ist auch dieses halbe Jahr zustande gekommen. Deshalb geht es jetzt auch nicht darum, die Befugnis der Polizei oder anderer Institutionen zu erweitern, sondern den Datenbestand, auf den man dann Zugriff hat, breiter zu machen, und ich glaube, dagegen sollte nichts sprechen, wenn wir es ernst meinen mit Kriminalitätsbekämpfung.
In diesem Sinne meine ich, dass wir eine entsprechende Diskussion in einer fortgeschritteneren Form abhalten sollten. Dem vorliegenden Antrag können wir unsere Zustimmung in dieser Form nicht geben, ich freue mich aber auf entsprechende Diskussionen auf Bundesebene, die dann eine Fortsetzung finden können. (Beifall
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