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Gemeinderat, 7. Sitzung vom 29.04.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 69

 

hoffen, dass man dann Studien hat, die einem bescheinigen, dass da wenige kommen werden, dass das keine so starken Auswirkungen haben wird, und den Niedriglohnsektor überhaupt nicht betrachten, denn dort kann es sehr wohl – und das wissen wir – auch negative Auswirkungen geben. Deshalb ist es wesentlich, dass man gut vorbereitet ist. Wir denken, dass wir das in Wien mit dem WAFF sind. Und wenn negative Auswirkungen in bestimmten Branchensektoren sichtbar werden, dann werden wir ganz bestimmt adäquat reagieren.

 

Ich fürchte mich also überhaupt nicht vor der Ostöffnung! Wovor ich mich aber wirklich fürchte, das ist die Selbstzufriedenheit der Bundesregierung, die meint, mit diesem Lohn- und Sozialdumpinggesetz, das jetzt verabschiedet wurde, sei schon alles getan und wäre damit der Schutz vor Lohn- und Sozialdumping im Zuge der Ostöffnung schon ausreichend gewährleistet. – Ich denke, wir alle wissen, dass das nicht der Fall ist. Dieses Lohn- und Sozialdumpinggesetz hat Lücken, Hintertüren und Schwachstellen, etwa im Zusammenhang mit der Kontrolle sowie mit der Durchsetzbarkeit bei ausländischen Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen und so weiter.

 

Genau deshalb bringen wir heute einen rot-grünen Antrag zur Verbesserung dieses Gesetzes ein. Viel kann man in Wien zur Verbesserung eines Bundesgesetzes ja nicht tun, außer sich im Nationalrat dafür einzusetzen, dass es nachgebessert wird, und das tut Rot-Grün. Wir bringen heute den Antrag ein, dass Konventionalstrafen bei Übertretung des Lohn- und Sozialdumpinggesetzes eingeführt werden, wenn das notwendig werden sollte. Das ist unser Beitrag zum 1. Mai, zum Tag der Arbeitslosen, und nicht irgendeine billige Polemik! – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Dipl-Ing Al-Rawi gemeldet. Ich erteile es ihm

 

11.08.53

GR Dipl-Ing Omar Al-Rawi (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

GR Gudenus stellt drei Behauptungen beziehungsweise drei Thesen in den Raum, die einfach so nicht stimmen.

 

Die erste These lautet, dass die Öffnung des Arbeitsmarktes und die Übergangsfristen von der SPÖ, von Bundeskanzler Faymann und Bürgermeister Häupl vereinbart wurden. – Das stimmt einfach nicht! Das wurde 2004 durch den Zugang dieser neuen Länder in der EU bewirkt. Damals wurde eine unwiderrufliche Übergangsfrist vereinbart, und es ist rechtlich nicht möglich, diese zu verlängern. Die seinerzeitige Zustimmung zum Übergangsarrangement einschließlich des endgültigen Endes nach sieben Jahren erfolgte unter Einbindung der FPÖ. Die Freiheitliche Partei war mit eingebunden. Es ist Fakt, dass Österreich und Deutschland diese Frist als einzige Länder in der EU bis zuletzt nicht aufgeweicht haben. Deutschland hat seit 1. Jänner eine Liberalisierung eingeführt, und Österreich tut dies nun mit Ende der Frist am 1. Mai.

 

Die zweite These oder Behauptung lautet, dass mit 1. Mai jetzt eine große Zuwanderungswelle auf uns zukommt, dass durch diese Übergangsfrist der Arbeitsmarkt hermetisch abgeriegelt war und jetzt der Tsunami beziehungsweise die große Welle von Arbeitssuchenden kommt. – Auch das ist einfach nicht wahr, weil wir in Österreich in all den Jahren eine selektive Arbeitsmarktöffnung betrieben und gezielt qualifizierte Kräfte schon zugelassen haben. Das ist durch Regelungen für die Pendlerinnen und Pendler und für die PraktikantInnen im Nahgrenzbereich, aber auch für die Saisonniers bereits geschehen, und zwar im Übrigen mit dem Saisonniermodell, das die Freiheitliche Partei seinerzeit mit der ÖVP eingeführt hat. Diese Saisonniers waren zu 50 Prozent aus den neuen EU-Ländern und zu 50 Prozent aus den traditionellen Einwanderungsländern wie Ex-Jugoslawien und der Türkei. Dazu gibt es jetzt eine Bestimmung, dass diese Saisonnierregelung wieder zurückgeführt wird, damit diese Quote für die neuen Länder nicht gilt.

 

In dieser Zeit hat man die sogenannte Gemeinschaftspräferenz angewandt, das heißt, wenn wir Fachkräfte gesucht haben, dann wurden BürgerInnen der neuen EU-Länder gegenüber Drittstaatsangehörigen bevorzugt zugelassen. Das heißt, aus dem ehemaligen Jugoslawien oder der Türkei gab es nur mehr Neuzulassungen im Schlüssel, also hochqualifizierte Schlüsselkräfte und Familiennachzug und sonst nichts mehr. Das heißt, praktisch alle Schlüsselkräfte kamen aus den neuen EU-Ländern. Durch eine bedarfsgerechte Steuerung der Zulassung haben wir Fachkräfte zugelassen, nicht nur im Topmanager-, Wissenschaftler-, Forscher- und Schlüsselkräftebereich, sondern in 67 Berufen; es waren dies qualifizierte Kräfte in Gesundheits- und Pflegeberufen, etwa Pflege- und Betreuungskräfte in Privathaushalten.

 

Wenn man sich heute die Statistik anschaut, dann sieht man, dass mittlerweile an die 93 000 Personen aus diesen neuen EU-Ländern in Österreich beschäftigt sind, die der Arbeitsmarkt aufgenommen hat. Diese Menschen tragen wesentlich zu unserem Wachstum bei und sind jetzt in den Arbeitsmarkt integriert. Wir haben Beschränkungen für Niedriglohnniveau sozusagen ausgeschlossen, und wenn man sich das richtig anschaut, ist Österreich nach Irland jenes Land, das den höchsten Anteil an Beschäftigten aus den neuen EU-Ländern hat. Wir haben 1,08 Prozent, während der EU-Schnitt bei 0,5 Prozent liegt. So zu tun, als ob bis jetzt niemand zu uns gekommen sei und es jetzt mit 1. Mai losgeht, stimmt nicht. Auch die zweite These ist nicht richtig.

 

Die dritte These, die von Ihnen kommt, lautet, dass es jetzt – wie Sie erwähnt haben – durch das Vorführen von niedrigen Kollektivverträgen aus Lettland, der Slowakei und so weiter Probleme geben wird. – Jawohl, das ist ein Problem! Dieses Problems haben wir uns aber angenommen. Es wurde das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz beschlossen, damit das Prinzip „Gleicher Lohn an gleichem Ort“ für alle gilt. Wir wollen nicht, dass eine Konkurrenz für die Wirtschaft durch Firmen entsteht, die nah an den Grenzen liegen und mit Dumping anbieten. Und weil wir Sorge haben, dass es teilweise bei der Exekution ein Problem geben könnte,

 

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