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Gemeinderat, 7. Sitzung vom 29.04.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 69

 

Margulies gelauscht. Ob jetzt die Forderung nach mehr Klassenkampf einer wirklichen Notwendigkeit in diesem Land entspricht, überlasse ich seiner Meinung. (GR Mag Wolfgang Jung: Er meint es eh nicht so ernst!)

 

Ich bin anderer Ansicht, und ich glaube, die meisten hier auch. (Zwischenruf von GR Dipl-Ing Martin Margulies.) Wahrscheinlich nicht! Aber das ist halt eine Forderung, die sich irgendwie vielleicht aus der politischen Vergangenheit des Herrn Margulies ergibt!

 

Es muss auf alle Fälle festgestellt werden, dass es ein Grundsatz ist, der in der EU fraglos gilt, dass es Arbeit für Österreicher im Ausland und Arbeit in Österreich für Ausländer geben muss. Leider muss man aber feststellen, dass die wirtschaftlichen Gegebenheiten, das heißt, das Lohnniveau der einzelnen Staaten, diesem Grundsatz klar und deutlich widersprechen. Es gibt in keiner Weise irgendwo einen Ausgleich. Daran krankt die gesamte EU auch wirtschaftlich. Das ist der Grund, warum der Euro in der Krise ist: Es wurden hier Volkswirtschaften zusammengespannt, die nicht oder noch nicht zusammengehören, und man würde noch lange Zeit brauchen, um eine gemeinsame Basis für eine Wirtschaftspolitik zu schaffen.

 

Die Feststellungen des Herrn Margulies möchte ich dahin gehend beantworten: Rot, Grün und Schwarz sind Steigbügelhalterindustrien für diese Vorgangsweise. (Zwischenruf von GR Senol Akkilic. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Die Forderungen nach mehr Arbeitskräften ist eine Forderung, die in erster Linie seitens der Industrie erhoben wird. Ich erinnere mich noch gut an ein Beispiel: Vor 3 oder 4 Jahren hat Präsident Leitl 7 000 Metallarbeiter für Österreich eingefordert. Daraufhin gab es heftigen Widerstand seitens der Arbeiterkammer, sonst von niemandem. Die Sozialisten haben sich nicht gerührt und auch die Grünen nicht, und die Schwarzen waren sowieso dafür. Die Arbeiterkammer hat damals festgestellt, dass 7 000 Metallarbeiter zum gleichen Zeitpunkt arbeitslos gewesen sind. – Das heißt also, wir haben das Problem, dass unsere eigenen Arbeitslosen offensichtlich fallweise durch Billigkräfte ersetzt werden sollen. (Zwischenruf bei den GRÜNEN.)

 

Frau Dr Vana hat im Gegensatz zu Margulies doch sehr ausgewogene Worte gefunden. Ich gebe ihr völlig recht in Sachen Arbeitsinspektorat. Es war sicherlich ein Fehler, in diesem Bereich so vorzugehen. Ich meine aber, es hat für die jetzige Koalition genügend Zeit gegeben, in diesem Bereich wieder eine Rückführung zu anderen Verhältnissen vorzunehmen. Das ist aber nicht geschehen, es besteht also diesbezüglich offensichtlich kein Bedarf bei der Sozialdemokratischen Partei! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Es gibt ja nicht nur Probleme im Zusammenhang mit dem Arbeitsinspektorat, sondern natürlich auch hinsichtlich der Finanzbehörden. Ich glaube, entscheidend wäre, dass man zwischen Wien, den Bundesländern, den betroffenen Stellen und vor allem der Finanzverwaltung ins Gespräch kommt, um nicht nur Gesetze zu beschließen, was ja schön und gut ist, sondern auch Vorkehrungen zu treffen, dass die Kontrolle funktioniert. Es helfen ja die besten Gesetze nichts, wenn sie nicht vollzogen werden können. Wir werden jetzt schon mit der Schwarzarbeit nicht fertig. Die Schwarzarbeit in Österreich hat nach Studien einen Umfang, der so viel ausmacht wie der Umsatz des gesamten Baugewerbes im Jahr. Das ist eine ungeheuerlich große Zahl! Die Stichproben und Kontrollen sind nicht der Rede wert. Man kann hier offensichtlich oft ungestört der Schwarzarbeit nachgehen. Wir haben diese Geschichte vor zwei Jahren rund um das Thema der Ich-AGs, wie sie in Deutschland heißen, diskutiert. Das sind Scheinfirmen, die von Arbeitern gegründet werden und keine Firmentätigkeit ausüben, sondern einfach Schwarzarbeit erledigen. All das ist, wie ich sagen möchte, völlig ungeklärt.

 

Es wäre wichtig, in erster Linie in diesem Bereich vorzugehen! Es wird sich nämlich wahrscheinlich auch ein Teil der Arbeitslosen in Österreich verrechtlichen wollen, das heißt, sie werden versuchen, sich vom Untergrund in normale Beschäftigungsverhältnisse zu begeben. Und selbstverständlich ist zu erwarten, dass es sich nicht um eine Zahl von 11 000, 16 000 oder 25 000, wie sie hier genannt wird, handelt, sondern dass sich diese Zahl auch anders entwickeln kann. Es gibt sehr wohl andere Meinungen. In der Bundesrepublik Deutschland kommt man beim Institut für Wirtschaftsforschung auf 800 000 in den Jahren bis inklusive 2012. Das hieße, wenn wir in Österreich in etwa 10 Prozent davon nehmen, dass wir ungefähr auf 80 000 zusätzliche Arbeiter kämen.

 

Aber es geht jetzt nicht darum, Spekulationen anzustellen, wie viele kommen werden. Wir haben einen Arbeitsmarkt, der schwer genug zu kämpfen hat. Wir haben ein Schwarzarbeiterproblem, und wir bekommen zusätzlich auf weiten Strecken den Billiglohnsektor, der ein echtes Problem für die Wiener Wirtschaft sein wird. Und ich möchte feststellen, dass sich Wien und die SPÖ in keiner Weise auf die kommende Situation richtig vorbereitet haben, sondern dass man dem mehr oder weniger mit Abwarten und Teetrinken gegenübersteht. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Ing Meidlinger gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

11.31.48

GR Ing Christian Meidlinger (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Damen und Herren!

 

Ich bin sehr froh, dass wir heute in der Aktuelle Stunden über dieses Thema hier diskutieren können. Zwei Punkte sind anzusprechen.

 

Ein Teil meiner VorrednerInnen hat hier bereits mit nüchternen Zahlen und Fakten argumentiert und klar gemacht, dass das Zusammenleben auf dem Arbeitsmarkt keine Einbahnstraße sein kann. Andererseits muss aber auch klar aufgezeigt werden, dass sich die Freiheitliche Partei erst seit Kurzem für das Thema Übergangsfrist erwärmt und das eigentlich, wie immer, nur zu dem Zweck tut, mit den Ängsten der Menschen zu spielen.

 

Aber bleiben wir einmal bei den Fakten: Das Abkommen betreffend die unwiderrufliche Freizügigkeit – es

 

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