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Gemeinderat, 7. Sitzung vom 29.04.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 69

 

Schlüssel für so vieles. Wenn man nicht miteinander kommunizieren kann, ist vieles andere nicht möglich. Die Sprache ist die zentrale Basis für das Zusammenleben.

 

Meine Damen und Herren! Wenn wir uns die Zuwanderung und die Notwendigkeit der besten Köpfe ansehen, frage ich mich, warum die GRÜNEN heute im Nationalrat gegen die Rot-Weiß-Rot-Card stimmen und warum der Herr Bürgermeister die Zustimmung seiner Kolleginnen und Kollegen im Nationalrat sogar bedauert. In Anbetracht dessen kann man nur sagen: Die Beteuerungen, dass die Sprache der Schlüssel zur Integration ist, sind anscheinend doch nur Lippenbekenntnisse. Das möchte ich hier ganz klar hinterfragen. (Zwischenruf von GR Mag Klaus Werner-Lobo.) Das ist der notwendige Ansatz, das wissen wir seit vielen Jahren. Herr Kollege! Trotzdem gibt es immer wieder einen Aufschrei, wenn das angesprochen wird. Einerseits wissen wir, dass Deutsch der Schlüssel ist, andererseits wird das, wenn es gefordert wird, auch immer wieder bestritten. Wir sagen klar: Deutschkenntnisse sind eine Grundvoraussetzung für Integration. Das ist richtig, das bleibt richtig und wird auch in Zukunft richtig sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren! Das ist aber nicht einfach umzusetzen, und schon gar nicht durch Vereine, die Lesungen und Beratungen ausschließlich in türkischer Sprache anbieten. Wir brauchen dafür, wie in allen Bereichen der Integration, einen gesamthaften Ansatz, einen Masterplan und kein Stückwerk. Hier geht es sowohl um Rechte als auch um Pflichten. Beides muss in Balance sein. Und es geht um das Wollen der Betroffenen, aber auch der Mehrheitsgesellschaft. Von beiden Seiten muss es ein Entgegenkommen geben.

 

Es geht aber natürlich auch um die entsprechenden Angebote, die es selbstverständlich braucht, meine Damen und Herren. Es geht um die frühe Förderung im Kindergarten. Es geht um gezielte Förderung in den Schulen. Es geht um lebensbegleitendes Lernen. Und es geht natürlich auch um entsprechende leistbare und qualitätsvolle Angebote im Bereich der Erwachsenenbildung. Gerade an den Nahtstellen sind noch bessere Konzepte nötig wie zum Beispiel eine verpflichtende Vorschule für Kinder, die nicht so weit Deutsch können, dass sie dem Unterricht auch tatsächlich folgen können, um alle Chancen in der Schule zu haben und nicht von vornherein Bildungsverlierer zu sein.

 

Ich weiß, die SPÖ wird wieder sagen: Das gibt es ja eh! – Darauf erwidere ich: Das gibt es eben nicht! Sprachkompetenz im Sinne der Beherrschung von Deutsch, dass man im Unterricht der Unterrichtssprache folgen kann, ist eben nicht Kriterium für den Vorschulbesuch! Hier gibt es ein Defizit, und daher fordern wir vehementest ein, dass endlich die verpflichtende Vorschule beziehungsweise die Vorbereitungsklassen für Kinder, die nicht ausreichend Deutsch können, eingeführt werden. In diesem Fall können die Kinder nämlich in den Unterricht einsteigen, haben alle Chancen und haben nicht von vornherein die – unter Anführungszeichen – Verliererkarriere eingeschlagen.

 

Ich will nicht alles schlechtreden, meine Damen und Herren, was in Wien geschieht. Es gibt gute Einzelprojekte, es ist viel geschehen, das möchte ich durchaus hier sagen. Aber wie so oft stülpen Sie Einzelmaßnahmen über. Ich möchte das mit einem löchrigen Tank vergleichen, bei dem man ein Loch stopft und dann gleich ein anderes wieder aufbricht. In Wirklichkeit braucht es hier einen neuen Tank, der das Einschlagen eines neuen, gesamthaften Weges ermöglicht. Wir brauchen einen neuen Tank, denn schon viel zu lange rinnt gefährliches, leicht entzündliches Benzin aus dem alten Tank, meine Damen und Herren, und das darf und kann es nicht geben!

 

Wer die Augen vor den Realitäten in Wien verschließt, der ist mit schuld daran, dass wir Jahr für Jahr einen weiteren Jahrgang und eine ganze Generation an jungen Menschen verlieren. Wir schaffen damit Bildungsverlierer. Auch das wurde in der vorigen Debatte angesprochen, nämlich die Frage der Ausbildung und die Chancen für Jugendliche in Wien. Sie brauchen alle Chancen. Sie müssen auf das Leben und auf die Herausforderungen, die die Arbeitswelt bringt, vorbereitet werden. Die Herausforderungen sind groß, und daher ist eine bestmögliche Basis nötig, und zwar umso mehr für Kinder und Jugendliche, die es von Haus aus schwerer haben, weil sie nicht Deutsch als Muttersprache haben.

 

Wir können und dürfen es uns nicht erlauben, dass wir Jahr für Jahr eine Generation an Bildungsverlierern produzieren. Wir müssen im Interesse der jungen Menschen und vor allem auch im Interesse des Zusammenhalts unserer Gesellschaft handeln. Es ist nicht nur gesellschaftspolitisch, sondern auch sozialpolitisch verantwortungslos, und es ist wirtschaftspolitischer Unsinn, meine Damen und Herren, wenn wir weiter zulassen, dass viele Jahrgänge junger Menschen auf der Verliererstraße sind! Wir brauchen einen umfassenden, ressortübergreifenden Masterplan. Wir brauchen eine Koordination- und Schnittstelle zwischen den einzelnen Ressorts. Der Bund macht es vor, und Sebastian Kurz wird hier ausgezeichnete Arbeit leisten, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Akkilic. Ich erteile es ihm. – Bitte.

 

11.57.00

GR Senol Akkilic (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Kollegen und Kolleginnen!

 

Wir werden dem Geschäftsstück betreffend den österreichisch türkischen Freundschaftsverein aus folgendem Grund zustimmen: Sie wissen, dass seit Neuestem ein neues Fremdenrechtspaket vorliegt, mit welchem zahlreiche Veränderungen und Verschärfungen im Fremdenrechtsbereich vorgenommen wurden. Diese Änderungen hat Frau Fekter vorgelegt, und sie wurden beschlossen. Das bedeutet – das sage ich jetzt, ohne dass ich auf die Inhalte dieser Änderungen eingehen möchte – sehr starke Veränderungen, die den Betroffenen kommuniziert werden sollen, und Sie wissen ganz genau, dass gesetzliche Schriftstücke für viele Leser und Leserinnen, für viele Bürger und Bürgerinnen nicht leicht verständlich sind. Auch wenn sie in einer Art und Weise geschrieben sind, die leichter verständlich sein sollte,

 

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