Gemeinderat, 7. Sitzung vom 29.04.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 69
einem geförderten Verein: Dass er nicht blauäugig an die Dinge herangeht, sondern auch kritische Aspekte berücksichtigt und mit uns gemeinsam versucht, die Berufstätigkeit auch bei türkischen Zuwanderinnen weiter nach oben zu treiben.
Ich meine, schon deshalb ist der Antrag gerechtfertigt, und wir stimmen diesem Antrag des Vereins für österreichisch türkische Freundschaft, der, wie gesagt, wie ich auch persönlich beobachten konnte, seit vielen Jahren ausgezeichnete Arbeit macht, sehr gerne zu.
Dass Politprominenz an runden Feiertagen anwesend ist, bedeutet an sich von Haus aus nichts Schlechtes, Frau Klubobfrau Marek! Wenn sich gewählte Mandatarinnen und Mandatare der Mehrheitsbevölkerung an Feiertagen des Vereins dort gerne sehen lassen, dann bedeutet das natürlich auch bis zu einem gewissen Grad, dass die Integration gelungen ist und dass man die Arbeit dieses Vereins auch öffentlich wertschätzt. – So viel zum konkreten Akt.
Ich muss doch noch ein wenig zu dem, was Klubobmann Gudenus zum bevorstehenden Besuch des türkischen Präsidenten gesagt hat, Stellung nehmen. Dieser Besuch fällt auch insofern in die Zuständigkeit des Gemeinderats, weil dieser natürlich für die Integrationsarbeit in Wien von Bedeutung ist.
Ich möchte betonen: Klubobmann Gudenus hat kein einziges Zitat gefunden, das irgendwie negativ zu sehen ist. Ich habe aber genug Zitate gefunden, die ganz eindeutig positiv sind. So wird der Präsident der Türkischen Republik zum Beispiel im heutigen „Standard“ zitiert, was sein Bild von Österreich ist: „Österreich hat eine sehr große Geschichte und ist daher ein großer Staat mit einer Vergangenheit, der in Europa sehr wichtige politische Verantwortung übernommen hat. Gleichzeitig birgt Wien in sich die Architektur und Kultur Europas. Es ist ein sehr dynamisches Land mit einem hohen Wohlstandsgrad und einem hohen Selbstvertrauen.“ – Ich würde sagen, das ist nicht unbedingt etwas Unfreundliches, sondern eine sehr freundliche Einschätzung.
Noch wichtiger für uns ist natürlich, was er konkret zur Integration sagt. – Er sagt: „Ich bin der Auffassung, dass die in Österreich lebenden Türken zwei Muttersprachen haben sollten, Türkisch und Deutsch. Sie sollten beide Sprachen sehr gut beherrschen.“
Ich darf den Präsidenten der Türkei noch weiter zitieren, wenn er sagt: „Ich würde mir wünschen, dass sich die in Österreich lebenden Türken integrieren. Sie sollen einen Beitrag leisten für das Land und Loyalität zeigen. Das wäre mein Wunsch. Es ist wichtig, dass die in Österreich lebenden Türken für die Vertiefung der Beziehung beider Länder eine Brückenfunktion übernehmen.“
Ich muss sagen: Das sind ganz eindeutige Worte, und diese sind um vieles wichtiger als die fragwürdigen Ausführungen des Botschafters, denn was der Präsident der Republik Türkei sagt, hat natürlich eine andere Dimension als einige weniger erfreuliche Worte eines Botschafters.
In diesem Sinn kann ich sagen: Jeder offizielle Staatsgast, der von der Republik Österreich eingeladen wird, ist bei uns willkommen. Jeder demokratisch legitimierte Gast und Präsident ist sehr willkommen. Und der demokratisch gewählte Präsident der Türkei ist bei uns in Österreich und in Wien sehr herzlich zum Besuch willkommen. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich bin durchaus zuversichtlich, dass das eine kleine Facette des Bemühens ist, über die Integration noch intensiver zu diskutieren und dieses wichtige Thema noch ernster zu nehmen, als es die Stadt Wien sowieso schon nimmt.
Ich will jetzt gar nichts zum Staatssekretär sagen, außer dass der Bürgermeister ihm ohnehin schon alles Gute gewünscht hat und auch die positive Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat im Innenministerium suchen wird. Das ist auch unsere Auffassung. Wir wünschen ihm alles Gute!
Wir bleiben natürlich bei unserer Auffassung. Das wird aber in dieser Gesetzgebungsperiode des Nationalrates natürlich nicht geschehen, weil man in der Regel nicht während einer Periode die Ressortaufteilung ändert. Jedenfalls wäre es aber wünschenswert, dass dieses Staatssekretariat in künftigen Gesetzgebungsperioden nicht im Innenministerium angesiedelt ist. Aber das ist eine Zukunftsvision. Jetzt wünschen wir dem neuen Staatssekretär dort das Bestmögliche.
Ich möchte jetzt nicht zu den Fremdengesetzen sprechen, die im Nationalrat beschlossen werden, weil ich an sich immer dafür bin, dass wir hier primär das besprechen, was wir auf Grund der Bundesverfassung zu beschließen und zu besprechen haben, und dass andere Körperschaften das Ihre machen. Ab und zu kann man natürlich seine Meinung ausdrücken, aber im Großen und Ganzen halte ich es so.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einmal betonen, wie wichtig für uns und wie wichtig für diese Stadtregierung die Wiener Charta des Zusammenlebens ist. Dieses Projekt, das wir sozusagen geboren haben, fasziniert mich, ehrlich gesagt. Ich hoffe und bin zuversichtlich, dass wir das mit unserem Koalitionspartner und vor allem natürlich auch mit der Bevölkerung wirklich zum Leben erwecken werden! Ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, dass auch die Klubobfrau der ÖVP gesagt hat, dass sie weiterhin für einen Schulterschluss der konstruktiven Kooperation in der Integrationspolitik, insbesondere auch in der Zuwanderungskommission sein wird.
Diese Charta wird in einem ersten Teil darin bestehen, dass wir aus der Verfassung und der Rechtsordnung die grundlegenden Rechte und Pflichten herausdestillieren und festlegen, was sozusagen einmal einen festschreibenden Charakter hat, denn das ist schon wichtig. Aber noch wichtiger wird der zweite Teil sein, dass man die Inhalte, nämlich die Spielregeln des guten Zusammenlebens, also das, was nicht festgeschrieben ist, was aber für die Menschen jeweils wichtig ist, in der Diskussion, im Dialog mit NGOs, aber selbstverständlich auch mit jedem einzelnen Wiener und mit jeder einzelnen Wienerin ergründet. Nach diesem großen Dialog wird man quasi auch festschreiben können, was den Wienerinnen und Wienern im Zusammenleben wirklich
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