Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 164
einen Arbeitsplatz haben, Sozialhilfe empfangen zu müssen. Das müssen sich die Wirtschaft und die Unternehmen einmal untereinander ausmachen, und wir werden nicht ruhen, auch daran zu arbeiten!
Dazu noch ein Hinweis: Die Lohnquote, also der Anteil, der mit Arbeit der Hände und des Gehirns erwirtschaftet wird, lag in den 70er Jahren bei 67 bis 68 Prozent. Damals diskutierte man darüber, wie denn die Lohnquote noch steigen kann. Man stellte sich in Kreisky’s Regierungszeit nie vor, dass es wieder einmal eine geringere Lohnquote geben könnte. Die Lohnquote liegt jetzt aber deutlich unter 50 Prozent, und daran ist erkennbar, dass es ganz offensichtlich zu einer Schiefverteilung zwischen den Einkommen aus Kapital und Besitz einerseits und den Einkommen aus Arbeit und Leistung andererseits kommt.
Diesbezüglich gehört nachjustiert. Allerdings ist das ein Bereich – Ellensohn hat schon darauf hingewiesen –, den wir in diesem städtischen Parlament nicht selber steuern können. Dieser Gemeinderat kann zum Beispiel die Grundsteuern nicht entsprechend gestalten. Dieser Gemeinderat kann die Vermögenssteuer nicht entsprechend anheben, und dieser Gemeinderat kann keine Erbschaftssteuer einführen. Das sind Angelegenheiten, die auf der Ebene des Bundes zu erledigen sind, und ich bin schon sehr gespannt, wie die Steuerreformvorstellungen der Frau Bundesministerin aussehen und ob sie tatsächlich eine höhere Steuergerechtigkeit zustande bringen kann, gemäß welcher man Einkommen abschöpfen und höhere Beiträge für das Gemeinwesen lukrieren kann. – Derzeit kann ich das nicht erkennen! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Ich sage jetzt etwas zu Frau Marek, auch wenn sie derzeit nicht im Raum ist. Wenn es gelungen ist, in dieser Stadt die Arbeitslosenrate niedrig zu halten, dann ist das nicht dadurch gelungen ... (GRin Ing Isabella Leeb: Sie ist da, keine Sorge!) Gut! Du bist da! Sehr schön! Gut zu wissen! Dann kann ich besser auf dich eingehen!
Du hast gemeint, dass die von der SPÖ und den GRÜNEN regierte Stadt die Arbeitslosigkeit zwar bekämpft, aber nicht verhindert. – Das ist interessant zu hören aus dem Mund einer ÖVPlerin, denn von dort hören wir normalerweise, dass die Wirtschaft Arbeitsplätze schafft und nicht die öffentliche Hand. Diese Erkenntnis finde ich gut! Endlich sehen wir es gemeinsam so, dass Arbeitsplätze von tunlichst vielen geschaffen und erhalten werden müssen!
Die strukturellen Unterschiede in dieser Stadt zu den Bundesländern sind allerdings sehr groß, und das hast du bei deiner Rede leider ausgelassen. Die strukturellen Unterschiede bestehen darin, dass Wien generell keine Stadt der Industrie ist, sondern eine Stadt, die sehr stark vom Dienstleistungssektor dominiert ist. Und du weißt ganz genau, dass die ersten Signale eines wirtschaftlichen Aufschwunges aus der Industrie kommen und nicht aus dem Dienstleistungssektor und dass auch die Einbrüche beim Beginn einer Krise zuerst im Industriesektor zu sehen sind. Wir hatten die ersten großen Einbrüche in den industriell dominierten Bundesländern, dort gab es dann auch ein schnelleres Wiederaufholen, aber von einem wesentlich tieferen Niveau beziehungsweise von einer höheren Arbeitslosigkeit, als das in Wien jemals der Fall war.
Ich verstehe überhaupt nicht, warum Kollege Hoch in einer Presseaussendung die Abschaffung des WAFF propagiert hat! – Wenn wir den Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds nicht hätten, dann hätten wir ein viel größeres Problem im Zusammenhang mit der Transformation und Weitergabe von Wissen und der Qualifikation von Personal!
Ich war sehr verwundert, dass du dich bei der Verschwendungspolitik auf Punkte konzentriert hast, die in dieser Form wohl nicht ganz stimmen! Dass sich dein Landesparteisekretär – oder wie er bei euch heißt – beim Hauptbahnhof nicht auskennt, obwohl er Favoritner ist, haben wir ja schon, als er noch Gemeinderat war, mitbekommen! Jedenfalls wird es aber beim Hauptbahnhof nicht teurer. Das Projekt Hauptbahnhof ist so kalkuliert, dass es ein sehr gutes Ergebnis geben wird, und das vor allem rechtzeitig.
Ich verstehe nicht, warum du als Beispiel für Privatisierungen ausgerechnet die Bestattung wählst, die von einem deiner Vorgänger als Wiener Parteiobmann, nämlich vom christlichsozialen Bürgermeister Lueger, damals kommunalisiert wurde! Ich frage mich, warum du die Pomfineberer nicht willst! Die gehören genauso zu Wien wie das Ottakringer und das Gulasch! Das hat schon Zilk damals gemeint. (GRin Christine Marek: In Graz wird zum Beispiel Wettbewerb zugelassen!)
Das Thema ist nur, dass Wettbewerber das auch mögen müssen! Und Wettbewerber wollten das in Wien nicht! So ist das, weil die städtische Bestattung ganz offensichtlich von den Wienerinnen und Wienern in dieser Form gewünscht ist und sie nicht unbedingt zu einem privaten Pomfineberer gehen wollen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte aber zur Investitionstätigkeit insgesamt zurückkommen. Auch bei der Investitionstätigkeit gibt es sehr große Unterschiede. Man kann natürlich Projekte machen, die wenig sinnvoll sind. Man kann zum Beispiel Spitäler in knappem Abstand zueinander neu errichten und dann sagen, dass das gute Investitionspolitik ist. – Das ist aber weder eine gescheite Spitalspolitik noch gute Investitionspolitik!
In Wien schaut das anders aus. In Wien achten wir darauf, dass Schwerpunktspitäler entsprechend ausgestattet sind und sich dort befinden, wo die Bevölkerung wohnt, und wir sind auch dabei, die Synergien daraus zu schöpfen, und zwar in einer Form, dass sie auch für die Beschäftigen in diesem Sektor ausreichend und gut wirken.
Sehr oft kommt auch Kritik gegen kulturelle Einrichtungen und Maßnahmen. Wir dürfen nicht übersehen, dass gerade in der Kultur Wiens als Welthauptstadt der Kultur und der Musik, die im Weltkulturerbe auch als Stadt der Musik geehrt wird, eine ganz hohe Umwegrentabilität liegt, und das ist gerade in Krisenzeiten ein wesentlicher Sektor, der aufrechtzuerhalten ist. Gerade Kulturpolitik und zum Beispiel auch der Bereich der Wiener Bühnen sind wesentliche Bestandteile des Projekts der Erhaltung von Beschäftigen auch im Kulturbereich,
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