Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 164
gen verkraften müssen.
Beim Forum Alpbach im Frühjahr kam zum Ausdruck, dass es in der Zukunft mit der Finanzierung der Unternehmen durch Basel III – wörtlich zitiert: „düster aussieht, weil", wie der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Nowotny, anmerkte, „wohin die zusätzlichen Kosten der Banken weiterverrechnet werden, schon vielen klar ist."
Sektionschef Michael Losch aus dem Wirtschaftsministerium sagt es noch deutlicher. Derzeit sieht es laut Losch nämlich so aus, als würden KMU von einer möglichen Kostenüberwälzung mehr betroffen sein als andere. Bei multinationalen Konzernen werden es die Banken schwerer haben, ihre gestiegenen Anforderungen einfach weiterzuverrechnen. Losch: „Es ist alles eine Frage der Marktmacht. Probleme sind vor allem bei Kleinkrediten zu erwarten."
Und eine weitere Schlagzeile: „Basel III wird die Kreditklemme verschärfen. Basel III ist eines der großen Probleme, mit denen Klein- und Mittelbetriebe zu kämpfen haben. Für rund zwei Drittel der Unternehmen wird sich die Kreditklemme verschärfen", sagt Arno Langwieser, der Geschäftsführer des aws Mittelstandsfonds. „Die Hausbanken werden immer restriktiver, wollen immer mehr Sicherheiten.", so Langwieser weiter. „Um 1 bis 2 Prozent wird Basel III die Kredite verteuern.", schätzt der Fondsmanager. Das trifft sicher alle, aber die kleinen Unternehmen, die ohnehin wenig Eigenkapital haben, besonders.
Gleich weiter zu Basel III: „Schreckgespenst Basel III. Wenn das neue Regelwerk vollständig umgesetzt sein wird, brauchen die heimischen Institute" – gemeint sind die Bankinstitute – „15 bis 18 Milliarden EUR zusätzliches Eigenkapital, rechnet OeNB-Chef Nowotny kürzlich vor. Dabei sind sich Experten einig, dass weniger die Geldhäuser als besonders die Klein- und Mittelbetriebe von Basel III massiv betroffen sein werden. Die Folge: Liquiditätsengpässe, weniger Investitionen, mehr Pleiten.
Und auch dazu gibt es schon die entsprechenden Schlagzeilen. „Mehr Pleiten durch Basel III bei Klein- und Mittelbetrieben. Klein- und mittelständischen Unternehmen könnte Basel III zum Verhängnis werden.“
Franz Maier, Generaldirektor des Kreditversicherers Atradius, erwartet ab der Einführung von Basel III einen Anstieg von Insolvenzen bei KMUs. „Wir haben leider festgestellt, dass die Eigenkapitalquoten bei den Unternehmern krisenbedingt massiv gesunken sind.", sagt Maier. Kommt es dann im Zuge von Basel III zu strengeren Risikobewertungen, könnte so manche Firma keine Finanzierung mehr bekommen. „Bei Unternehmern mit einer Eigenkapitalquote von unter 10 Prozent wird es definitiv zu einem Anstieg von Insolvenzen durch Basel III kommen.", so der Kreditversicherungschef.
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Bei Unternehmen mit einem Eigenkapital von unter 10 Prozent wird es definitiv zu einem Anstieg der Insolvenzen durch Basel III kommen. Und wie sieht die Eigenkapitalsituation bei den Klein- und Mittelbetrieben in Wien aus? 17 Prozent der 72 500 Klein- und Mittelbetriebe befinden sich in einer katastrophalen Situation. Die Eigenkapitalquote ist überhaupt negativ, also von unter 10 Prozent können die nicht einmal träumen. Es ist negativ. Nimmt man die KMUs mit einer Eigenkapitalquote von unter 10 Prozent dazu, sind 31 Prozent der Wiener KMUs extrem gefährdet.
Auch der Chef der KMU-Forschung Austria, Voithofer, hat ähnliches Zahlenmaterial: Vier von zehn KMUs in roten Zahlen. Was dies, sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, für die Arbeitsplätze bedeutet, ist auch klar. Überträgt man dies linear auf die Arbeitsplätze, könnte das für den größten Dienstgeber Wiens bedeuten, dass auch fast ein Drittel aller Arbeitsplätze bei den KMUs in Gefahr sind.
Das Hauptproblem, wie schon gesagt, ist die schlechte Eigenkapitalsituation, und bei den Unternehmen mit 1 bis 9 Dienstnehmern sieht es noch dramatischer aus. Von den Betrieben mit 1 bis 9 Dienstnehmern haben fast 55 Prozent, also mehr als die Hälfte, ein negatives Eigenkapital. Von unter 10 Prozent sind die weit entfernt. Von den Betrieben mit 10 bis 49 Beschäftigten haben immerhin noch 35 Prozent ein negatives Eigenkapital. Das bedeutet, dass bei den Betrieben mit 1 bis 49 Dienstnehmern fast 90 Prozent überschuldet und sogar Krisenbetriebe sind.
Die Kreditversicherer rechnen heuer mit mehr Pleiten. Trotz der wirtschaftlichen Erholung wird es heuer in Österreich zu einem weiteren Anstieg bei den Insolvenzen kommen. Der Kreditschutzverband prognostiziert einen Zuwachs von rund 3 Prozent. Besonders die schlecht kapitalisierten Unternehmen kämpfen damit, den Aufschwung zu finanzieren. Wegen der regulatorischen Anforderungen sind die Banken kritischer geworden. Besonders Klein- und Kleinstunternehmen leiden darunter.
Leider die nächste Schlagzeile: „Firmenpleiten werden heuer steigen." Für konkrete Prognosen ist es noch zu früh, sagt die Creditreform, aber ein Pleiteplus in der Bandbreite von 2 bis 5 Prozent wird sehr wahrscheinlich sein.
Wie sieht es eigentlich mit den Insolvenzen in Wien aus? Es wurde heute schon kurz angeschnitten. Die Unternehmensinsolvenzen sind in Wien im 1. Quartal 2011 gegenüber 2010 um 21,8 Prozent stark angestiegen. Bei den Privatinsolvenzen gab es einen Anstieg von 11,5 Prozent. Bei den Privatinsolvenzen handelt es sich aber nicht nur um Privatpersonen im Sinn von Nichtunternehmen, ein wesentlicher Teil dieser Privatinsolvenzen betrifft Einzelunternehmen oder Personengesellschaften, bei denen durch den Fristlauf des Insolvenzverfahrens der Insolvenzantrag erst eingebracht wurde, nachdem der Rollbalken dieses Unternehmens heruntergezogen war. Das bedeutet, dass die Zahl der Gesamtinsolvenzen in Wien im 1. Quartal 2011 gegenüber 2010 um 14,9 Prozent gestiegen ist. 1 638 Fälle, das sind 18 Insolvenzen pro Tag. Bei meinem letzten Debattenbeitrag – Sie lächeln, Herr Kollege Margulies – waren es nur 14 Insolvenzen pro Tag.
Bei solch dramatischen Zahlen, sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, müsste man annehmen, dass Wien seinen Betrieben hilfreich zur Seite steht. Wie sieht das
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