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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 164

 

dings nicht mehr so richtig, denn auch er wurde schon mit Orden und Auszeichnungen behängt. So richtig beißen tut er nur noch in unsere Richtung und sonst in gar keine. (GR Mag Wolfgang Jung: Er kläfft!)

 

„Mut zum architektonischen Signal" steht hier. Darauf kommen wir noch zurück, das ist ein eigenes Thema. Vielleicht reden wir morgen mehr darüber, damit ist das Wien Museum gemeint.

 

„Wien braucht avancierte Kulturbauten, die die Stadt als Kulturstadt des 21. Jahrhunderts definieren." – Ich stimme dem hundertprozentig zu. Nur: Wo ist das alles?

 

„Gegen Repräsentationskultur." – Als ob es die nicht gäbe!

 

„Kultur als Bildungsauftrag." – Ich habe ja schon mehrfach gesagt, Kultur muss in die Schulen gebracht werden, denn sie ist auch ein Mittel zur Integration. Nur: Wo passiert das?

 

Zum Schluss ist hier die Rede von „Streit suchen. Kulturpolitik muss kontrovers sein und sich für eine soziale und liberale Stadt ins Zeug werfen." – Ja, hundertprozentig d’accord, aber den Streit gibt es ja in Wirklichkeit nicht. Wäre nicht dieser kleinere Skandal um das Stück „Pension Fritzl" gewesen, hätte es in der ganzen Legislaturperiode kaum Streit gegeben. Das andere betraf die Vereinigten Bühnen. Da ging es darum, ob diese, wie Sie es nennen, „Brutplätze" – ich sage, Freunde der SPÖ-Wien – mehr oder weniger Privilegien beziehungsweise Geld bekommen. Das ist ja kein Streit!

 

Das, meine Damen und Herren, ist ein floskelreiches Nichts, das nur bedeutet, dass in den letzten fünf Jahren der Ära Mailath-Pokorny nichts passiert ist. Man denkt zwar an die Zukunft, hat das alles aber in der Vergangenheit offenbar unterlassen. Aber das geht ja bis in die Bundespolitik, denn auch in der Regierungserklärung 2008 steht nichts über Kultur, weil offensichtlich kein Wert auf die Kultur gelegt wird.

 

„Vermittlung kultureller Kompetenz" und kulturelle Bildung: Wir werden kulturelle Bildung auf allen Ebenen verstärken. Und dann kommen die Kulturlotsen. Ich habe seinerzeit über die Kulturlotsen nicht gesprochen, sondern habe mir das für heute aufgehoben. Ich habe aber überhaupt keinen Stress, denn wenn ich jetzt nicht fertig werde, setze ich einfach morgen fort.

 

Die Kulturlotsen sind auch etwas Nettes. Es ist an sich vielleicht ein netter Versuch, dass Gewerkschafter Leute zur Kultur bringen sollen. Wunderbar! Kostet uns jede Menge Geld. Wenn man sich dann den Bericht anschaut und sorgfältig liest, steht hier: Bisher – das war am 31.10.2010 – konnten mehr als 7 000 ArbeitnehmerInnen in über 380 Kulturveranstaltungen vermittelt werden. Gleichzeitig steht hier, dass es 18 000 Arbeitnehmervertreter gibt. 7 000 konnten also von 2009 bis jetzt vermittelt werden, und 18 000 Gewerkschafter gibt es, die das vermitteln sollen.

 

Hier steht weiter: Monatlich besuchen 700 Personen unsere Homepage. – Super! Nicht die Kulturveranstaltungen, nur die Homepage! – Künftig sollen weitere BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen für das Projekt gewonnen werden.

 

Dann steht hier noch: Indirekt wird damit eine halbe Million Menschen angesprochen, nämlich 340 000 ÖGB-Mitglieder und zusätzlich 200 000 Arbeitnehmer in den Betrieben. Es gibt ein flächendeckendes Netzwerk von Betriebsräten, Personalvertretern und Jugendvertrauensleuten.

 

Als Verbreitungsmethoden werden genannt: Multiplikatoren, das Gewerkschaftsmedium „Solidarität" mit 1,2 Millionen Exemplaren – auch das ist lustig, wenn sie eine halbe Million Menschen ansprechen, haben sie eine Auflage von 1,2 Millionen Exemplaren, aber bitte – und „Cult & Card“ mit etwa 100 000 Lesern.

 

Meine Damen und Herren, was heißt das? Das heißt, in 2 Jahren wurden 7 000 Menschen – das entspricht einem guten Drittel der Personalvertreter – durch die Kulturlotsen dazu bewogen, überhaupt einmal eine Kulturveranstaltung zu besuchen. Von den normalen Arbeitnehmern wollen wir gar nicht reden. Bei 18 000 Personalvertretern als Multiplikatoren gab es also nur 7 000 Besucher!

 

Wenn das nicht die Personalvertreter waren, dann sollte man vielleicht - ohne großen finanziellen Aufwand - bei den eigenen sozialistischen Personalvertretern beginnen, diese zur Kultur zu bekommen. Es gibt zwei Kulturlotsinnen - das ist auch noch lustig, wir haben damals dagegen gestimmt, jetzt hole ich das eben nach -, und eine davon ist in Karenz; es gibt also in Wirklichkeit ohnehin nur eine. Das sieht man auf der Homepage des ÖGB, es steht dabei „in Karenz". In Wirklichkeit gibt es also momentan eine Kulturlotsin, die offenbar damit überfordert ist, die eigenen Gewerkschaftsvertreter von der Wichtigkeit ihrer Maßnahme zu überzeugen. Abgesehen davon, dass wir es natürlich ablehnen, dass jemand einem sagt: du bist ein Arbeiter, für dich ist das Rabenhof Theater vielleicht interessant; oder: du bist gebildet, du kannst von mir aus ins Theater an der Wien gehen. Das sind Dinge, die wir sowieso ablehnen.

 

Das Museum Neu: Dazu könnte man natürlich länger reden. Ich möchte kurz das vorlesen, was im Regierungsübereinkommen steht, weil es für mich nach wie vor ein bisschen skurril ist: Wien erhält ein neues Stadtmuseum des 21. Jahrhunderts. Dieses neuartige Universalmuseum wird ein Zeichen moderner Architektur, ein Ort der Begegnung und eine Attraktion für die Stadt, ein Haus, das die Geschichte Wiens auf spannende, anspruchslose Weise vermittelt. Neugestaltete Dauerausstellungen - und so weiter, und so weiter. Ein Neubau wird in ökologischer Bauweise erfolgen, der inhaltliche Entwicklungsprozess wird partizipativ gestaltet.

 

Ich weiß, Kollege Werner-Lobo - wenn ich den Zunamen jetzt richtig sage - hat gesagt, das ist ohnehin alles partizipativ. Schauen wir einmal! Es gibt momentan Objektpartnerschaften, ich habe mir so etwas ausgedruckt. Es ist alles super, ich meine, ich bin nicht dagegen. Wir sind ja nicht dagegen, dass dieses Meisterwerk einen großen Auftritt bekommt oder dass Sie erleben, wie lebendig das Tote ist, und so weiter.

 

Alle möglichen Kulturschaffenden aller Couleurs - sagen wir jetzt einmal so - haben sich hier zur Verfügung gestellt, das Ganze kostet sicher ein Heidengeld. Nur, wenn man nachschaut, wie es vorankommt, dann heißt

 

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