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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 62 von 164

 

weiß, dass der größte Grundbesitzer in Österreich die Bundesforste sind und der größte Besitzer an Wert vielleicht überhaupt die Stadt Wien ist. Bei der Stadt Wien schätzt man das auf 20 Milliarden EUR; würde man dort auch nur 1 Prozent an Steuer nehmen, wären das 200 Millionen EUR. Ich weiß also nicht, ob das unbedingt die Sache sein sollte, die wir uns da vorstellen.

 

Aber er hat in seinen Ausführungen auch dazugesagt: Er spricht da vom Einkommen. Meint er damit, dass man die Einkommen-, die Lohnsteuer noch erhöhen sollte? Wir sind in einem Steuerland, meine Damen und Herren, in dem die Steuerbelastung, glaube ich, extrem hoch ist.

 

Martin Margulies, du hast es eigentlich genauso gesagt: Wir bekommen vom Bund zu wenig. Ja, erstens einmal gehe ich davon aus, dass wir Wiener auch zu Österreich gehören und dass wir dort gemeinsam einzahlen. Es hat keinen Sinn, dass die eine Gebietskörperschaft der anderen Gebietskörperschaft das Geld wegnimmt, und wir sind die anderen oder die Besseren, wir können es besser verwalten oder Ähnliches.

 

In der Wirtschaft funktioniert das auch nicht. Wenn es für einen Unternehmer auf Grund der Konjunktur - das haben wir in den letzten Jahren sehr genau verfolgen können - in den Zeiten schwieriger wird, dann muss man sich etwas einfallen lassen. Da muss man sich anstrengen und muss man unter Umständen auch mit diesen finanziellen Mitteln auskommen. Aber es geht in der Wirtschaft nicht mit einem Schnipsen, dass ich ganz einfach sage: Herüber mit dem Silber - wenn ich das wienerisch sagen darf -, ich muss mehr einkassieren!

 

Hier ist natürlich im Großen und Ganzen schon etwas Kreativität gefordert. Man muss es nicht immer den anderen wegnehmen, sondern die Mittel wirklich kreativ verwalten. Wie es die Frau Vizebürgermeister auch gesagt hat: Sie wird auf das Geld schauen. Das werden wir jetzt gleich sehen, wenn wir einige weitere Punkte besprechen.

 

Aber auch einige Worte zum Klubobmann Schicker, meine Damen und Herren: Er hat natürlich ebenfalls von einer Steuerbelastung gesprochen. Einfache Methode: Grundsteuer, Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer. Ich weiß nicht, ob er es versäumt hat zu sehen, dass es seit 2008 eine rot-schwarze Regierung und einen roten Bundeskanzler gibt. Da ist nicht einfach die Verantwortung auf eine andere Gebietskörperschaft zu übertragen.

 

Aber er hat noch ein wahres Wort gesagt: Wien ist keine Industriestadt. Das ist allerdings nicht gutzuheißen, sondern das ist eine traurige Situation, denn wir wären gerne eine Industriestadt. Es gibt nicht nur ... (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Gott sei Dank! Keine VOEST mitten in Wien!) Nein, keine VOEST. Das sollte man nicht missverstehen. Es gibt auch andere Industrien, es gibt auch sehr weiße und sehr saubere Industrien. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Aber warum sage ich, dass wir Industrien brauchen? Oder warum meine ich, dass in den letzten Jahren auch einige Betriebe über die Grenzen von Wien hinausgegangen und die Arbeitsplätze weggekommen sind? Weil wir eine Dienstleistungsgesellschaft sind, und eine Dienstleistung kann ich auch nur ausüben, wenn ich hier Industrie und produzierendes Gewerbe habe.

 

Das steht sogar im Regierungsübereinkommen drin. Es ist ein Punkt darin enthalten, dass besonders darauf geachtet werden soll, beschäftigungsintensive Betreibe nach Wien hereinzubekommen, weil wir auch diese Beschäftigungen brauchen. Wir können nicht nur von der Dienstleistung leben, sondern die Dienstleistung ist sozusagen damit in Einklang zu bringen. (Beifall bei der ÖVP.) Also: Lieber vor den eigenen Toren kehren und seine eigenen Dinge tun!

 

Kommen wir jetzt zum Rechnungsabschluss. Es ist heute schon sehr, sehr oft angesprochen worden - ich glaube, von fast jedem Redner, aber ich muss es auch noch einmal erwähnen: Natürlich sind die Schulden ein Thema, meine Damen und Herren! Die Schulden sind gestiegen, in zwei Jahren haben sie sich verdoppelt, und wir haben - auch das ist nicht wegzuleugnen - eine Wertberichtigung von 240 Millionen EUR gemacht. Um davon eine Vorstellung zu geben, was 240 Millionen EUR an Wertberichtigung darstellen, muss man sagen: Das ist ungefähr der Betriebskostenzuschuss, den zum Beispiel die Wiener Linien bekommen - um nicht andere Beispiele zu nennen.

 

Aber auch das geht momentan noch weiter. Man müsste sich das schon überlegen, denn seit dem 1. Jänner ist der Schweizer Franken weiterhin gestiegen, meine Damen und Herren, und zwar um 5 Prozent. Das ist nicht nur eine Kritik der Opposition, sondern das hat auch der Rechnungshof voriges Jahr ganz detailliert dargestellt. Und er hat gesagt, was daran schuld ist. Ich darf nur zwei Punkte herausnehmen.

 

Die Finanzstruktur sollte überdacht und die Entwicklung auf dem Kapitalmarkt laufend beobachtet werden. - Der Umkehrschluss wäre: Es passiert nicht ganz, denn sonst würde es da nicht stehen. Weiter heißt es: Eine dem Marktumfeld angepasste und risikotechnisch vertretbare Zusammensetzung des Portfolios mit fix und variabel verzinsten Finanzierungen wäre anzustreben.

 

Und als zweiter Punkt noch: Fremdwährungsfinanzierungen sollten nur dann vorgenommen werden, wenn Zins- und Wechselkursvorteile in günstiger Relation zu den zusätzlichen Risken stehen. - Voriges Jahr wurden noch einmal 380 Millionen Schweizer Franken aufgenommen! Nur das zur Schuldenpolitik beziehungsweise zur Finanzpolitik der Stadtregierung.

 

Meine Damen und Herren! Ein zweiter Punkt, der sehr wesentlich erscheint und natürlich im Regierungsübereinkommen drinnen ist, ist die Arbeitslosenstatistik. Da kann man wirklich nicht sagen, dass Wien führend ist. Wir haben seit Jahren eine höhere Arbeitslosenzahl als der Bund, und wir haben vor allem in der letzten Entwicklung im Mai eine Zunahme der Arbeitslosigkeit gehabt, obwohl es in Wien ganz einfach weniger geworden ist.

 

Da wir heute schon über den WAFF gesprochen haben, komme ich auch wieder darauf zurück. Warum steht im Regierungsübereinkommen drin, dass man ihn evaluieren soll? Vielleicht könnten wir auch dort die eine oder andere Förderung anders ansetzen oder anders erbringen, um die Mittel effizienter einzusetzen.

 

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