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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 78 von 164

 

jeder von Ihnen wüsste, das geht so nicht. Wenn ich eine gewisse Summe zur Verfügung hab’, kann ich sie nicht doppelt ausgeben. (GRin Mag Ines Anger-Koch: Na, das ist schon klar!) Ja, und da wäre die Frage gewesen ... Ich bin ja wirklich ... Ich lade Sie wirklich ein, nicht nur da, ich lade Sie ein, mit mir gerne eine budgetpolitische Diskussion zu führen. Und wir nehmen uns nicht nur die großen Brocken her, aber wir nehmen uns zuerst die großen Brocken her und gehen dann zu den kleineren Punkten, weil es schon stimmt, auch Kleinvieh macht Mist. Aber das ist nicht das Problem, das die Stadt Wien hat. Die Stadt Wien hat das Problem, dass auf Grund der Arbeitsmarktsituation und der budgetpolitischen Situation des Bundes die Ausgaben für den Arbeitsmarkt und für den Sozialbereich massiv gestiegen sind. Und so ist das in jeder Gemeinde. Das liegt in den Aufgaben der Gemeinden, dass in Krisenzeiten genau diese Ausgaben für Gemeinden steigen. Gleichzeitig sind die Steuereinnahmen zurückgegangen. Wir können uns jetzt überlegen, welchen Weg steuern wir an? Steuern wir den Weg an, nichts darf erhöht ... Also ein Beispiel: Wenn der Gaspreis hergenommen wird. Das ist ein Unternehmen. Im Gegensatz zu Wien Kanal ist es nicht eine Unternehmung der Stadt Wien, sondern es ist ein echtes Unternehmen. Es ist eine Aktiengesellschaft, die Wien Energie AG. Wenn man sich die Preisvorstellungen des Kollegen Schock ansieht - die Erhöhung muss rückgängig gemacht werden und es darf nicht sein -, dann hätte die Wien Energie in den vergangenen 2 Jahren mehr als 100 Millionen EUR Verlust allein deshalb gemacht, weil der Einstandspreis vom Gas höher ist als das, wie Sie sagen, was man erhöhen darf. Da ist dann tatsächlich die Frage: Ist es Ihnen wirklich wert, der Bevölkerung mit solchen Vorschlägen den Kopf zu verdrehen, indem Sie es aber besser wissen, dass es nicht so ist, nur um Wählerstimmen zu ergattern? Ist es Ihnen das wert, alle Menschen für dumm zu verkaufen, dass man wirklich glaubt, man kann ein Minimalbudget, das immer mehr reduziert wird, aus dem Nichts heraus verdoppeln und gleichzeitig Schulden abbauen? Nein, das geht nicht. Sie lassen, was das betrifft, tatsächlich jegliche Budgetkompetenz vermissen. Und wenn dann der Vorschlag kommt, weil wir ja aus der Krise nichts gelernt haben - ich kann mich erinnern, 2008 große Krise. Sogar die „Kronen Zeitung“ - ich halte nichts von dieser Zeitung, ich sage das hier ganz offen - hat 2008 antikapitalistische Thesen abgedruckt, hat geschrieben: So darf es nicht weitergehen, so kann es nicht weitergehen! Auch die Reichen und Vermögenden dieser Welt, die Banken, et cetera, müssen sich beteiligen. Nichts ist passiert, absolut nichts ist passiert! Wir leben in dem Spiel so wie vor 2008, so als ob es 2008 nicht gegeben hätte. Das Problem an der Griechenlandkrise ist ja tatsächlich, und da gebe ich Ihnen ...

 

Nächste Geschichte: Ich halte in diesem Zusammenhang dieses „Unser Geld für uns’re Leut’“ gar nicht für so einen unintelligenten Spruch, weil es die Menschen nicht richtig verstehen. Die wissen nicht, dass die FPÖ meint (Beifall von GRin Mag Ines Anger-Koch, GRin Ing Isabella Leeb und GR Dr Wolfgang Aigner.), unser Geld in unsere Tasche, das wissen sie nicht, sondern die verstehen ihn anders. Ich bin überzeugter Europäer und ich glaube, Solidarität ist wichtig. Aber selbstverständlich muss man bei der Solidarität aufpassen, dass es in dieser Solidarität nicht wieder die unteren 90 Prozent trifft. Wer aber wirklich will, dass unser Währungssystem nicht kollabiert, wer wirklich will, dass unsere Banken nicht kollabieren, der muss diese Solidarität aufbringen. Und da stellt sich ebenfalls die Frage: Woher nehmen wir das Geld? Sie entscheiden sich tagtäglich, Sie von der FPÖ, Sie von der ÖVP, Sie entscheiden sich tagtäglich dafür, die kleinen Leute auszusackeln und für blöd zu verkaufen! Und das ist abzulehnen! (Aufregung bei GR Mag Wolfgang Jung.) In diesem Sinne würde ich mir auch in der europäischen Debatte von Ihnen tatsächlich einmal wünschen, offen zu legen, vor allem die ÖVP, wie Sie sich die Finanzierung des neuen europäischen Schutzmechanismus vorstellen. Wer soll es denn zahlen? Jetzt heißt es wieder, der Steuerzahler. Aber wer ist denn der Steuerzahler? Wer ist der Steuerzahler? (Weitere Aufregung bei ÖVP und FPÖ.) Wir alle sind Steuerzahler. Prozentuell zahlen die, die weniger haben, mehr. Das wissen wir alle. (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Zwei Millionen zahlen nichts!) Nein, nein, Fritz Aichinger. Zwei Millionen zahlen keine Steuer - von einem Wirtschaftsexperten so eine Aussage! (Zwischenrufe von GR Dkfm Dr Fritz Aichinger und GRin Mag Ines Anger-Koch.) Weil die Mehrwertsteuer keine Steuer ist. Nein, jeder ... Nein, was ist die ... Die Mehrwertsteuer ist keine Steuer, nein. (Aufregung bei GR Dkfm Dr Fritz Aichinger.) Wenn Sie sagen, zwei Millionen zahlen keine Lohnsteuer, dann können wir darüber reden. Warum zahlen zwei Millionen keine Lohnsteuer? Ich verrate Ihnen noch was. Jeder Einzelne dieser zwei Millionen, die keine Lohnsteuer zahlen, würde sich wünschen, Lohnsteuer zu zahlen. Die würden sich wünschen, so viel zu verdienen (Weitere Aufregung bei GR Dkfm Dr Fritz Aichinger.), dass sie einmal Steuer zahlen können. Für mich ist ja „mein Kindheitstraum“ mit 15, sage ich dazu, insofern in Erfüllung gegangen, ich habe mir immer gewünscht, ich wünsche mir, dass ich so viel verdiene, dass ich im Höchststeuersatz drinnen bin. Das hab’ ich mir gewünscht. Dann habe ich mir gedacht, ich hab’ es halbwegs geschafft. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.) Und dann kann man darüber reden, ob der Höchststeuersatz tatsächlich das ist, was letztendlich angehoben werden muss. Ein Solidarbeitrag ab einer Grenze von 100 000 EUR im Jahr, darüber könnten wir einmal reden. Oder ob es eben die Vermögenssteuer ist, weil die Vermögensverteilung noch viel ungleicher ist als die Verteilung der Einkommen.

 

Und wenn wir dann zu guter Letzt noch zum Punkt der Grundsteuer kommen. Wer zahlt Grundsteuer? Wie viel ist es denn? 20 Milliarden hat die Stadt Wien geschätzt. Ich glaube, es ist im Verhältnis noch viel mehr. Erstens ist die Grundsteuer letztendlich nicht relevant für öffentliche Körperschaften - ich meine, ob die Stadt Wien an sich selber Grundsteuer zahlt, ist ziemlich wurscht -, sondern für alle anderen, insbesondere den Privatbesitz. Was sagt die Oesterreichische Nationalbank zum Privatbesitz an Grund und Boden? 850 Milliarden EUR - noch

 

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