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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 80 von 164

 

diese Negativrekorde aus unserer Sicht, tragen eine eindeutig rote Handschrift und das ist die Handschrift des Herrn Bürgermeisters und der Frau Finanzstadträtin!

 

Rote Schuldenpolitik finden wir aber nicht nur in Wien, sondern rote Schuldenpolitik gibt’s auch im Bund. Das zieht sich wie ein roter Faden vom Rathausplatz zum Ballhausplatz und wieder zurück oder auch die umgekehrte Richtung, je nachdem, wie man es sehen mag. Es gibt hier diesen roten Faden und den gibt es Wien und den gibt’s auch im Bund.

 

Bundeskanzler Faymann hat der Republik Österreich eine Rekordbelastung von 205 Milliarden EUR an Schulden im letzten Jahr verpasst. Diese Schulden werden bis zum Jahr 2015 noch um weitere 50 Milliarden EUR auf Grund des Bundesfinanzrahmengesetzes ansteigen. Und bei diesen 50 Milliarden sind noch gar nicht die Extraschulden durch die Österreichanteile am Griechenlandpaket, durch die Österreichanteile am Haftungsrahmen für Irland und Portugal und durch die Österreichanteile im Europäischen Stabilitätsmechanismus berücksichtigt. Allein dieser Stabilitätsmechanismus, ESM, kostet 2,23 Milliarden EUR und wer weiß, was sonst noch an Paketen, Mechanismen und sonstigen Stabilisierungsfunktionen in den nächsten Jahren herbeikommt. Eines wissen wir: Es geht zu Lasten der Steuerzahler. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auf die Verschuldungssituation der Gemeinde Wien zurückkommen. Der vorliegende Rechnungsabschluss weist einen Rekordschuldenstand der Gemeinde von mehr als 3 Milliarden EUR auf. Dies entspricht einer Verdoppelung der Schulden in den letzten vier Jahren und beinahe einer Verdreifachung, wenn wir den im Voranschlag 2011 angeführten höheren Schuldenstand per 31. Dezember 2011 berücksichtigen.

 

Knapp mehr als die Hälfte dieser Schulden, nämlich in etwa 1,6 Milliarden EUR, sind in Schweizer Franken und das haben wir heute auch schon einmal diskutiert, dieses Schweizer-Franken-Thema. Jeder österreichische Bankkunde weiß, was es heißt, in Schweizer Franken verschuldet zu sein. Der Euro hat gegenüber dem Schweizer Franken in den letzten vier Jahren in etwa ein Viertel seines Wertes eingebüßt. Diese Schweizer-Franken-Finanzierungen haben ein ähnliches Schicksal, das heißt, auf einmal hat man Kredite und die sind ein Viertel teurer.

 

Die Gemeinde Wien weist im Rechnungsabschluss 2010 ein Finanzierungsvolumen, wie ich schon sagte, von 1,6 Milliarden in Schweizer Franken auf, 3 Milliarden EUR ist das Gesamtfinanzierungsvolumen. Wenn Sie das hochrechnen, dann kommen Sie zu astronomischen Summen, denn wir sehen, dass allein Anfang 2011 das Euro-Schweizer-Franken-Verhältnis um 3,4 Prozent angestiegen ist, das heißt, die Schulden gehen nach oben, nach oben und nach oben, egal, wie man jetzt gegensteuert, allein aus dem Schweizer-Franken-Kreditportfolio.

 

Die Gesamtschuld im Berichtsjahr ist also um ein Fünftel allein durch die Schweizer-Franken-Abwertungen, wir haben es heute schon einmal erwähnt, im Ausmaß von 240 Millionen EUR erhöht worden, die Gesamtschuld um 240 Millionen erhöht, davon waren in etwa 230 Millionen Schweizer Franken Direktverbindlichkeiten und der Rest war Schweizer-Franken-Swap. Wir nehmen an, dass es ein Swap ist.

 

Erlauben Sie mir auch hier den Vergleich mit dem Bund. Die Finanzaushaftungen in Fremdwährungen des Bundes betrugen im Jahr 2009 3,02 Prozent. Die Finanzschuld, die aushaftende, in Fremdwährung in Wien betrug im gleichen Zeitraum 72,02 Prozent. Das ist 24 Mal mehr, als es im Bund der Fall war und es lässt folgende Schlussfolgerung zu, wo mir eigentlich alle Experten recht geben: Die Stadt Wien verhielt sich wie ein hoch spekulativer Hedgefonds, der Gelder der Wiener Steuerzahler verzockte. 240 Millionen EUR im letzten Jahr! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich habe zum Thema Währungsverluste auch eine Reihe von Anfragen an das Finanzressort gestellt und ich bin schon sehr gespannt auf die Ergebnisse, die wir in etwa einem Monat haben werden.

 

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auf ein zweites Thema, nämlich die Rekordbelastung mit Gebühren und Abgaben in Wien, eingehen. Auch das zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Finanzgebarung. Wien und auch der Bund. Lassen Sie mich kurz auf den Bund eingehen. In Österreich arbeitet jeder Steuerzahler im Jahr 2011 bis zum 31. Juli nur für den Staat. Dieses Datum ist der sogenannte Tax Freedom Day, der heuer am 31. Juli stattfindet. Nur im Vergleich dazu: In den USA war der Tax-Freedom-Tag heuer am 12. April und in Großbritannien am 30. Mai. (Zwischenruf von GR Dipl-Ing Martin Margulies.) Die Steuer ... Das ist kein Blödsinn. Die Steuer- und Abgabenquote in Österreich liegt bei über 44 Prozent. Damit liegt Österreich im europäischen Spitzenfeld bei der Steuer- und Abgabenquote. Höhere Steuern und Abgaben gibt es nur noch in Belgien und den skandinavischen Ländern.

 

Neben einer hohen Steuerlast auf der Bundesebene wird der Wiener Bürger aber auch mit einer steigenden Anzahl von kommunalen Gebühren und Abgaben belastet. Ich würde gerne einige davon exemplarisch nennen, und da einige heute auch schon genannt wurden, werde ich mich bemühen, diese nicht zu wiederholen. Da gab es zum Beispiel die Erhöhung der Betriebskostenpauschale für Werkswohnungen für Bedienstete der Gemeinde Wien mit plus 7 Prozent am 1. Jänner 2010. Also ich versuche, nur die aktuellen zu bringen. An sich gibt es auch so ein Paket, das auf 2006 zurückgeht, aber ich will mich wirklich nur auf die aktuellen konzentrieren, weil das sonst zu viel wird. Die Erhöhung der Pflegegebühren in den öffentlichen Wiener Krankenanstalten per 1. Jänner 2010 um plus 8 Prozent. Die Erhöhung der Gebühren für die Inanspruchnahme des Vergabekontrollsenates per 1. Oktober 2010 um plus 5,8 Prozent. Die Erhöhung der Gebühren der Wiener Büchereien ab 1. Jänner 2011 um plus 22,2 Prozent. Die Erhöhung der Wiener Taxitarife per 10. Februar 2011 um 2,1 Prozent. Die Erhöhung des Gaspreises, das wurde heute auch schon mehrfach angesprochen, per 1. April 2011 um plus 9,8 Prozent. Das macht seit 2006 insgesamt eine

 

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