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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 86 von 164

 

Hinterkopf haben, dass am Ende ohnehin die Wiener zahlen werden. Deshalb gibt es dort keine Lösung. Deshalb gibt es dort keinen Vergleich. Jetzt frage ich mich, warum werden da die Verantwortlichen der Stadt Wien nicht aktiv und bemühen sich, diese Situation zu managen?

 

An diesem Punkt möchte ich das Kontrollamt der Stadt Wien zitieren. Das Kontrollamt wird morgen noch beim Kapitel „Bericht des Kontrollamtes" zu Ehren kommen. An dieser Stelle zitiere ich aus einem tatsächlich bemerkenswerten Bericht des Kontrollamtes aus dem Jahr 2009 zur Prüfung der Cross-Border-Leasing-Geschäfte der Stadt Wien. Da liest man einmal einleitend, aus der Überlegung kommend, dass man sagt, man schaut sich das Geschäft einmal an, versucht, das Geschäft zu verstehen, um Wege zu finden, wie man das managen kann, welche Varianten man entwickeln kann. Ein wörtliches Zitat: „Die vom Kontrollamt vorgenommene Einschau musste die Besonderheiten der Vertragsgestaltungen bei Cross-Border-Leasing-Transaktionen vor allem im Hinblick auf die in den diesbezüglichen Verträgen enthaltenen umfangreichen und weitreichenden Geheimhaltungsverpflichtungen berücksichtigen. Eine Offenlegung sensibler Vertragsinhalte würde nämlich eine Vertragsverletzung durch die Wiener Linien, auch als Rechtsnachfolgerin der VB beziehungsweise der Stadt Wien, darstellen und könnte so zum verschuldeten vorzeitigen Abbruch der Transaktion führen." – Es ist unglaublich, dass ernsthaft Verträge über 20, 30, 40 Jahre abgeschlossen werden. Wenn man dann sagt: „Jetzt würde ich gerne wissen, was drinnen steht", hört man: „Das war vertraulich, und wenn man euch das jetzt sagt, dann kann es sein, dass die ganze Transaktion platzt." – Es ist alleine von der Überlegung her ungeheuerlich, dass derartige Verträge unterschrieben werden.

 

Aber das ist noch nicht das Ende der Geschichte. Das ist erst der Einstieg in eine skurrile Geschichte. Es geht dann weiter, wie man in dem Bericht liest, dass aus gebührenrechtlichen Gründen, nämlich der Vermeidung der österreichischen Rechtsgeschäftsgebühren, die Originalverträge weder in Österreich erstellt noch unterzeichnet werden durften. Dazu sagt man, das ist auch eine komische Geschichte, aber es ist ja wurscht. Es gibt Leute, die gerne nach Amerika fliegen, besonders auf Regimentskosten, und dann unterschreiben sie es halt dort. Aber es ist schlimmer. Die unterzeichneten Originalverträge dürfen auch nicht nach Österreich verbracht werden. Das ist unglaublich! Wir haben Verträge über zig Hunderte Millionen unterschrieben und die Originalverträge dürfen nicht nach Österreich kommen, weil das dann einer Ersatzbeurkundung gleichkommen würde und dann die Rechtsgebühren anfallen würden, so wie jeder Österreicher, wenn er einen Mietvertrag abschließt, früher nur, wenn er einen Kreditvertrag abgeschlossen hat, Gebühren zahlt. Die Stadt Wien hat eine derartige Konstruktion gemacht, die an der Grenze zur Lächerlichkeit ist, um sich Rechtsgebühren in Österreich zu ersparen. Und dann stellt man sich hin und sagt, der Bund ist so böse und gibt uns Gelder nicht und wir führen uns als Stadt Wien, zumindest die Verantwortlichen, in einer Form auf, wo man sagt, wenn das ein Privater tut, dann sagt man vorsichtig ausgedrückt, Umgehung. So weit, so schlecht. Das Ganze führt dazu, und man muss sofort wieder die Emotionen zurücknehmen, weil es so unglaublich ist, dass, damit man diese Geschäfte prüfen kann, Mitarbeiter des Kontrollamtes nach Amerika zu dieser Kanzlei fahren mussten, wo die Verträge aufbewahrt sind.

 

Dann sagt man: „Alles sehr schlimm. Aber erzähle endlich, was in den Verträgen steht. Stimmen diese Kopien, die wir in Wien haben, mit dem überein, was in Amerika in Anwaltskanzleien herumliegt?" Dann ist eine markante Aussage aus dem Bericht, die besagt, es sind drei Fälle überprüft worden und in einem Fall zeigte sich, dass sich die in New York hinterlegten Originale von Vertragsbeilagen von den nach Österreich verbrachten nicht unterschriebenen Execution Copies unterscheiden. Das ist unglaublich! Das heißt, wir haben in Wien Papiere liegen, die wir uns anschauen würden, wenn wir prüfen wollen, die nicht mit dem Original übereinstimmen. So weit, so schlecht.

 

Eine Anekdote noch dazu: Es ist in dem Rechnungshofbericht ein Foto. Wenn ich es herzeige, sieht man es nicht gut. Es ist ein Band, ein Konvolut mit einem Aktendeckel und ich schätze einmal so dick. (Der Redner zeigt mit seinen Händen eine Höhe von zirka 40 cm an.) Darin ist eine Loseblattsammlung. Das ist vom Kontrollamt zu Recht bemängelt worden, weil, unglaublich, aber wahr, diese Seiten nicht durchnummeriert sind. Das heißt, jeder Mitarbeiter der amerikanischen Kanzlei oder wer sonst an das Konvolut herankommt, kann die Papiere hineingeben, die ihm nützlich erscheinen. Dass das Ganze nach amerikanischem Recht und somit Gerichtsstand Amerika ist, brauche ich gar nicht mehr zu erwähnen. Aber es ist unglaublich, wenn man weiß, dass ein Risiko in der Höhe von hunderten Millionen für die Wienerinnen und Wiener besteht, dass in dieser Weise vorgegangen wurde und bis heute nichts unternommen wurde, einen normalen Zustand herzustellen.

 

Dann möchte ich nur zwei, drei Sätze zum Ablauf, zur Logik dieser Transaktion sagen. Sehr oft wird unterstellt und weiß eigentlich niemand wirklich, wer genau der Eigentümer ist. Wenn dann irgendwo zitiert wird, man weiß wirklich nicht, wer der Eigentümer ist, dann wird unterstellt, man ist dumm, man lügt oder sonst irgendetwas. Darum möchte ich Ihnen in möglichst einfachen Worten die Transaktion erklären, wo irgendjemand dann möglicherweise behauptet, da ist ein reeller wirtschaftlicher Hintergrund und das sind keine bloßen Scheingeschäfte. Der Eigentümer schließt einen Hauptmietvertrag mit den amerikanischen Investoren. Dann sagt man, der Mietvertrag bedeutet, er kann es nutzen. Der amerikanische Investor untervermietet dann sofort wieder an den Eigentümer. Das ist die Stadt Wien. Dann habe ich als Einstieg eine lustige Situation, dass ich Eigentümer bin, aber meine Rechte, die ich auf Grund vertraglicher Bindung wahrnehmen kann, nur mehr die eines Untermieters sind. Man muss viel Jurist sein, damit man versteht, dass ein Unterschied in der Stellung des Eigentümers zu der des Untermieters ist. Besondere

 

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