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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 87 von 164

 

Pikanterie dabei ist, dass der Hauptmietvertrag, mit dem wir uns verpflichten, diese Leasing-Güter, wurscht, ob Straßenbahnwaggons oder Kanal, an diese amerikanischen Investoren zu vermieten, eine viel längere Laufzeit als der Untermietvertrag hat, was interessant ist und amerikanische steuerrechtliche Gründe hat. Das heißt, es gibt im Ablauf dieser Leasing-Transaktion die Situation, wo wir als Eigentümer, der die beschränkten Rechte des Untermieters hat, auf einmal nicht einmal mehr die Untermieterrechte haben. Dann sagt man: „Super, dann ist alles klass. Dann sind wir eh wieder Eigentümer." - Nein, weil dann sind wir ja an diesen länger laufenden Hauptmietvertrag gebunden. Und da ist in den Verträgen vorgesehen, dass es drei Möglichkeiten gibt. Entweder wir kaufen uns dann aus dem länger laufenden Hauptmietvertrag heraus oder wir können uns nicht herauskaufen, vielleicht weil wir das Geld nicht haben oder weil das Geld, das irgendwo hinterlegt ist, mit der Bank flöten gegangen ist, weil das zum Großteil amerikanische Banken sind. Dann können wir unseren Kanal mieten, obwohl wir Eigentümer sind. Dann haben wir die Situation, dass wir für den Wiener Kanal, wo wir Eigentümer sind, Miete nach Amerika zahlen müssen. Das ist das ganze Mirakel an der Transaktion. So weit, so unverständlich.

 

Dann sagt man, das muss doch ein ungeheurer Vorteil sein, wenn man so etwas tut, weil sonst würde das niemand mit seinem Eigentum machen. Da haben wir dann ein paar Millionen Barwertvorteil, nicht einmal die Hälfte von dem, was sich die amerikanischen Investoren ersparen, sondern nur einen Bruchteil. Das sind ein paar Millionen. Das ist unser Vorteil. Dem stehen hunderte Millionen Risiko gegenüber. Unglaublich, dass solche Geschäfte eingegangen wurden. Unglaublich, dass noch nicht laut und offen darüber diskutiert wird, wie man herauskommt.

 

Es gibt aber eine Zunft neben der Stadt Wien. Die Stadt Wien hat ein paar Millionen, aber ein paar Hundert Millionen Risiko. Es gibt zwei Zünfte, die auf jeden Fall das Steuergeld der Wienerinnen und Wiener bekommen haben. Das sind die internationalen Berater bei solchen Geschäftsfällen und das sind die Verkäufer dieser Produkte, weil diese haben ihr Geld ohne Risiko im Sicheren und bereits eingesackt mit bestem Dank von der Stadt Wien überwiesen bekommen.

 

Am Schluss, wenn man es noch immer nicht glaubt und sagt: „Das ist so nervig! Dauernd kommen Sie daher mit diesen Cross Border Deals." – Die Verträge sind alle auf Englisch. Es gibt keine deutsche Übersetzung. Auch eine lustige Episode aus dem Kontrollamtsbericht. – „Das ist alles so lästig. Aber das ist eh alles akademisch. Das ist nur irgendeine Spinnerei. Das rennt noch 30, 40 Jahre. Da wird schon nichts passieren!" – Dann mache ich ganz einfach einen Blick auf die Leistung der Wiener Linien. Das heißt nämlich so. Das ist der Geschäftsbericht „Ein Blick auf die Leistung". (GR Heinz Hufnagl: Nur „Die Leistung".) Dann schaue ich mir jenen Teil an, in der gekürzten Version, wo es um die Bilanz geht. In der Bilanz lese ich dann: „Im Bereich des Fremdkapitals ist der Anstieg vor allem auf die Aufnahme des bereits erwähnten US-Dollar-Kredits ...“ – darüber rede ich jetzt gar nicht, über den US-Dollar-Kredit, weil wir machen ja keine Fremdwährungskredite mehr, aber da ist halt ein US-Dollar-Kredit – "... und auf Schuldübernahmen im Zusammenhang mit der vorzeitigen Auflösung von Cross-Border-Lease-Transaktionen zurückzuführen." – Das heißt, wir haben eine Erhöhung des Fremdkapitals. Wir haben Verluste eingefahren aus der Auflösung von Cross-Border-Lease-Transaktionen. Da frage ich mich: Wer hat das erklärt? Wer hat im Gemeinderat oder im Finanzausschuss darüber berichtet, dass derartige Dinge im Laufen sind? Weil im Ergebnis kann ich wieder sagen, beruhigend, nicht für mich beruhigend, aber interessant für die Wiener Stadtpolitik, weil dann beruhigend darin steht: „Der Anstieg wird jedoch durch geringere Rückstellungen für Pensionskassenbeiträge und Bonitätsrisken teilweise kompensiert.“ – Das ist die Welt, in der wir leben. Das ist reell. Das ist der Jahresabschluss 2010.

 

Deshalb sage ich ganz am Ende, nicht nur aus irgendwelchen akademischen Überlegungen, die weit weg liegen, sondern aus der gegebenen Situation des Jahresabschlusses 2010 und aus der heute gegebenen Situation, es geht in Wirklichkeit nicht mehr nur um das verlorene Vertrauen. Es geht vielmehr um das Geld, das man schon verloren hat. Das ist weg. Und es geht um die drohenden Verluste, die uns bevorstehen. Ich möchte das Ganze nicht überdramatisieren, weil man als Opposition nicht mehr machen kann, als einen Misstrauensantrag zu stellen.

 

Wenn man jetzt noch Gründe sucht, warum man über das Vertrauen an die Frau Finanzstadträtin nachdenkt, dann weiß ich auch nicht, was noch passieren muss und was man noch aufzeigen muss. Ich ersuche um Ihre Zustimmung zum Misstrauensantrag. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zum Wort gemeldet ist nunmehr Herr GR Mag Jung. Ich erteile ihm das Wort.

 

18.40.35

GR Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Meine Damen und Herren!

 

Die Ausführungen, die wir zuletzt gehört haben, für die hätte ich mir gewünscht, dass sie die Delegierten am SPÖ-Parteitag gehört hätten. Dann hätte die Frau Stadträtin noch einmal 20 Prozent weniger Stimmen gehabt. Denn das ist wirklich ungeheuerlich, was sich hier getan hat! Wir haben über das Thema schon gesprochen. Sie haben damals nicht zugehört. Sie sitzen jetzt nicht im Saal, weil Sie Urlaubsplanung oder was weiß ich was machen müssen oder weil Sie sich zu gut sind, auf Argumente der Opposition einzugehen. Aber es wird Sie treffen!

 

Diejenigen, die damals unterzeichnen haben lassen, haben wahrscheinlich alle gehofft: „Hinter mir die Sintflut. Bis das schlagend wird, bin ich nicht mehr da." Ich wünsche Ihnen von den GRÜNEN, dass Sie nicht vielleicht in zwei, drei Jahren schon von diesem Schlag getroffen werden.

 

Wir hören heute schon zum x-ten Mal alle möglichen Geschichten von Kärnten und natürlich auch – sehr beliebt – von Grasser, meine Damen und Herren. Es

 

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