Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 95 von 164
jekte im übergeordneten Auftrag durchgezogen wurden, wo es Kritik von allen Ebenen gab, von medialer Ebene, aber auch vom Kontrollamt der eigenen Stadt, vom Rechnungshof. Diese Kritik ist abgeebbt. Aber es wurde nicht für eine substanziellere Politik Platz gemacht, sondern es ist nur die gleiche schlechte Politik hübscher verpackt worden.
Herr Stadtrat! Man kann Probleme in der eigenen Geschäftsgruppe nicht weginserieren. Sie versuchen zwar, die Leserinnen und Leser, die Bürgerinnen und Bürger, aber auch uns Gemeinderätinnen und Gemeinderäte mit einer Fülle von Inseraten davon zu überzeugen, dass alles super ist. Aber unter und hinter der Hochglanzbroschüre versteckt sich eigentlich eine nur mäßig positive Bilanz, eine Bilanz, die man nur mehr mit viel Geld aus dem Steuertopf so lange, wie man nicht alle Inserate detailliert aufzeigen muss, behübschen kann. So wie die Müllverbrennungsanlage in der Spittelau eben trotz aller Behübschungen eine Müllverbrennungsanlage ist, so ist die Politik, die aus ihrem Ressort kommt, auch die klassische sozialistische Politik, die nicht schöner und nicht besser wird, wenn man sie mit sehr viel Geld zu behübschen versucht.
Ein paar Beispiele dafür, die Ihnen zeigen, wie in dieser Geschäftsgruppe einfach versucht wird, die Probleme wegzuinserieren und wegzudiskutieren, findet man etwa im Bereich der Schule. Der Container wird für immer mehr Wiener Schülerinnen und Schüler im Pflichtschulbereich die normale Ausbildungsstätte. Für einige wenige gibt es in Zukunft vielleicht die großen Bildungscampi, während sich das Wiener Schulbauprogramm mühsam über viele Jahre, um nicht zu sagen, Jahrzehnte dahinschleppt. Ich glaube, das ist schon das zweite oder dritte Schulbauprogramm, immer auf zehn Jahre angelegt.
Die Bezirke müssen sich über viele Jahre im Vorhinein verschulden. Für Perioden, für welche die Amtsträger noch nicht einmal gewählt worden sind, muss man bereits Beschlüsse fassen, um ein paar Millionen aus dem Stadttopf zu bekommen, und das zizerlweis, worüber seinerzeit Edmund Sackbauer in seiner unnachahmlichen Art und Weise gesagt hat: „Zizerlweis gibt's bei mir nicht!" In der Wiener Schulbaupolitik ist „Zizerlweis" zum Programm erhoben worden: Es wird zizerlweis saniert, es wird punktuell ein bisschen verbessert, und das dauert Jahre und Jahrzehnte. Auf der anderen Seite gibt es für einige wenige die Wellness-Schulen.
Meine Damen und Herren! Das ist eine Schulbaupolitik, die mit den Anforderungen des 21. Jahrhunderts schon gar nichts zu tun hat, und auch nicht mit dem von Ihnen in den Medien immer wieder vorweggenommenen Anspruch, dass Wien Weltklasse leisten soll. Das ist nicht Weltklasse, das ist dritte Liga! Und diese dritte Liga hat nichts zu tun mit den Geldern, die Wien aus dem Finanzausgleich bekommt.
Es heißt dann immer, Wien ist besser als Freistadt, besser als Braunau und ich weiß nicht, was, als Kufstein oder Wörgl. Aber das erwarte ich mir auch von einer Millionenstadt, die doppelt und dreifach in den Finanzausgleich hineingreift, dass es in Wien eine bessere Infrastruktur gibt, dass es in Wien mehr Ärzte, mehr Schwimmbäder und bessere Schulen gibt. Dafür wird ja auch aus ganz Österreich eingezahlt. (Beifall bei der ÖVP. - Ruf bei der ÖVP: Es gibt nicht die besseren Schulen!) Die gibt es nicht, und wenn, dann nur punktuell. Aber dieses ewige Vergleichen - wir vergleichen uns mit den kleinen Landgemeinden -, das ist doch wirklich genant, und das ist einer Weltstadt, einer Millionenstadt, das ist der Bundeshauptstadt nicht würdig! (Beifall bei der ÖVP.)
Sie müssen sich an Ihren eigenen Ansprüchen messen, und Ihre eigenen Ansprüche sind ja so hoch, dass das ganze Geld des gesamten Finanzausgleichs nicht ausreichen würde, um Sie an Ihren eigenen Ansprüchen zu messen. Ich will Sie aber gar nicht an Ihren eigenen Ansprüchen messen, sondern nur an dem, was man sich als Wiener Bürger erwarten kann. Diese Erwartungen sind deutlich höher als die, die Sie tagtäglich liefern.
Ein paar Spotlights, ein paar Highlights gibt es: Es wird Party gefeiert auf der einen Seite, aber die Masse geht in immer schlechteren infrastrukturellen Rahmenbedingungen unter. Das ist eigentlich etwas, was Sie dem Rest Österreichs einmal erklären müssen, warum man mit dem vielen Geld, das Sie bekommen, nicht mehr machen kann.
Ich weiß schon, warum Sie nicht mehr daraus machen: Weil viel Geld im Overhead versickert, weil viel Geld in der Eigenwerbung versickert. Wann immer ein Problem in dieser Stadt auftaucht, gibt es eine stereotype Antwort, und diese Antwort schaut so aus: Es gibt eine Werbekampagne. Man weiß zwar nicht genau, was beworben wird, welches Problem mit dieser Werbekampagne gelöst wird, aber Tatsache ist, es gibt eine Werbekampagne. In der Mitte dieser Werbekampagne findet sich immer der eine oder andere, und jetzt ist es vor allem unser zuständiger Stadtrat Oxonitsch, der glaubt, ein Platzsturm auf irgendeinem Fußballplatz wird dadurch wegretuschiert, dass man sich inmitten der Fans präsentieren lässt. (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Zeigen Sie mir die! Zeigen Sie mir die Kampagne!)
Die gibt es noch nicht. (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Ach so!) Sie haben sich aber schon 1 Million EUR genehmigen lassen. (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Interessant, was Sie alles wissen!) Und Sie haben uns im Ausschuss gesagt: Ich weiß zwar nicht genau, welches Projekt es gibt, es gibt aber jedenfalls eine Werbekampagne. (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Genau! - GR Christoph Peschek: ... billige Polemik!) Diese Werbekampagnen kennen wir mittlerweile schon. (Beifall bei der ÖVP. - Amtsf StR Christian Oxonitsch: Genau!)
Das ist ein glücklicher StR Oxonitsch im Rahmen von lauter glücklichen Menschen, die eine Realität vorspielen, die es in dieser Form nicht gibt. Im Prinzip treten Sie immer mehr auf wie ein Guru: So ein Guru, der ist da, alle beten ihn an und so weiter. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Damit man angebetet wird, braucht man natürlich das entsprechende Kleingeld. Das lassen Sie sich permanent aus unserer Geschäftsgruppe ... (GR Christoph Peschek: Sind Sie neidig? Wären Sie gern ein Guru?)
Nein, ich bin kein Guru. Ich bin katholisch, und in der
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