Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 99 von 164
Sie sich doch selber ernst!) Die letzten Reste der sozialistischen Banker-Gilde sind jetzt gerade noch ... (GR Christoph Peschek: Sie können einmal nicht das und dann wieder das sagen! - Weitere Zwischenrufe.)
Wir sind für einen Streikfonds, aber gegen einen, der von Ihren Genossen verspekuliert wird. Sie haben alles verspekuliert! Sie sind gegen die Finanzkrise, aber nur, solange Sie keine Gewinne damit machen. Solange Sie Gewinne gemacht haben, haben Sie spekuliert, und in dem Moment, wo Sie verloren haben, haben Sie aufgehört zu spekulieren. Da war aber kein Geld mehr da! Das ist sozialistischer (GR Christoph Peschek: Na, was jetzt?) Kapitalismus. (Heiterkeit bei GR Christoph Peschek.)
Meine Damen und Herren! Es gäbe wirklich noch viel zu sagen. (GR Christoph Peschek: Zwischen Himmel und Erde! - GR Mag Rüdiger Maresch: Genau! Zwischen Jupiter und Mars!) In der Generaldebatte ist noch viel Platz geblieben für grundlegende Ausführungen. Aber Sie werden verstehen, dass wir diesem Rechnungsabschluss nicht zustimmen können.
Meine Damen und Herren! (in Richtung SPÖ) Tun Sie nicht so, als ob Sie die Vertreter der kleinen Leute wären. In Wirklichkeit sind Sie diejenigen, die den eigenen Nachwuchs in Sicherheit bringen und für die Masse der Österreicherinnen und Österreicher nichts Positives auf die Beine stellen. Aus diesem Grund können und werden wir diesem Rechnungsabschluss sowie den zukünftigen Budgets und Rechnungsabschlüssen nicht zustimmen. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Dr Sigrid Pilz: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Wurzer. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Martina Wurzer (Grüner Klub im Rathaus): Danke. - Es gibt keine Chancengerechtigkeit im österreichischen Bildungssystem. PISA ist nicht die erste Studie, die uns das nachweist. Wir alle wissen inzwischen sehr genau, wie sehr die erste folgenschwere Bildungsentscheidung mit zehn Jahren durch die Herkunftsfamilie bestimmt wird.
Das Erstaunlichste am österreichischen Bildungssystem finde ich ja, dass es seit Jahrzehnten, eigentlich können wir inzwischen schon sagen, müssen wir leider schon sagen, seit Jahrhunderten nahezu unverändert blieb. Schule in Österreich ist und war ein System der Selektion, ein autoritäres System, in dem die Kultur der Förderung des Miteinanders leider wenig ausgeprägt ist.
Im internationalen Vergleich fällt auf, dass mit Ausnahme von Deutschland, wie wir wissen, die Gesamtschule überall länger dauert als in Österreich, wo nur die Volksschule als gemeinsame Schule konzipiert ist. Die besonders erfolgreichen Länder setzen, wie wir auch alle wissen, bis zum Ende der Sekundarstufe I auf das gemeinsame Lernen. (GR Mag Wolfgang Jung: Also das Thema haben wir schon gehabt mit dem besonders erfolgreichen Skandinavien!)
Das Problem heißt Selektion. Das zwanghafte Schaffen immer noch homogenerer Klassen hat sich als Fehler erwiesen. Selektion ist ein schlechter Boden für die Organisation von Lernen. Sie nützt, wie wir mittlerweile auch alle wissen, weder den Eliten - die Besten sind auch in vielen anderen Ländern besser als die in Österreich -, und sie benachteiligt vor allem auch Kinder, deren Eltern selbst keine Matura haben. Das sagt, wie wir auch alle wissen, genau null über die Intelligenz dieser Kinder aus.
Selektion schadet dem sozialen Lernen, und die Hauptschule ist in Wien sozusagen zur Restschule geworden. Dass es daneben in Österreich auch noch Sonderschulen gibt, damit die Hauptschule die Kinder auch noch von dort abschieben kann, stellt Österreich ein besonders schlechtes Zeugnis aus.
PISA sei Dank wurde Bildung immerhin zum wichtigen innenpolitischen Thema erklärt. Alle politischen Kräfte sind sich immerhin einig, dass es eine Reform geben muss. Gemeinsamkeiten sehe ich zwar keine bis wenige, das Einzige, was alle zu einen scheint, ist der Wunsch, im Ranking doch bitte wieder ein bisschen weiter nach vorne zu rücken und ein bisschen weiter vorne aufzuscheinen. Mittlerweile aber - also seit dem vergangenen PISA-Ergebnis - weist nicht mehr allzu viel darauf hin, dass der PISA-Schock tatsächlich noch in einer Übung in pädagogischer Vernunft münden könnte. Im Gegenteil, es mehren sich leider die Hinweise darauf, dass die alte Schule in ihren Grundzügen erhalten bleibt. Vielen Dank, ÖVP!
Die ganzheitliche Bildung, wie sie die GRÜNEN sich vorstellen, braucht aber und setzt völlig geänderte und ganz andere Rahmenbedingungen voraus. Die Politik hat großen Einfluss auf das Bildungssystem, wir beschließen sowohl Gesetze als auch die zur Verfügung stehenden Finanzmittel. Allerdings müssen wir - und das finde ich wichtig - zur Kenntnis nehmen, dass die Kultur des Lernens und das Klima in den Schulen nicht von uns verordnet werden kann, sondern dass sie mit den handelnden Personen vor Ort steht und fällt. Das heißt, wer Schule verändern will, muss die Betroffenen in die Diskussion und in die Entscheidungsfindungen mit einbeziehen. Dafür stehen wir GRÜNE.
Wofür die GRÜNEN noch stehen, ist Folgendes: Uns geht es um kritikfähige, um denkfähige und um handlungsfähige SchülerInnen. Und geht es darum, dass SchülerInnen vom Objekt zum Subjekt des schulischen Geschehens gemacht werden. Und es geht uns um die qualitative Entwicklung der Schule als Ort des Lernens, als Ort des Lebens und als Ort der Erfahrungen. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Wir sehen es so, dass Bildung den nächsten Generationen dabei helfen soll, erwachsen zu werden, die Welt zu begreifen und die Welt zu gestalten. Sie soll zu einer geistigen und zu einer moralischen Selbstständigkeit ermächtigen.
Bildung beginnt - und das ist mir ganz wesentlich hier zu sagen - im Kindergarten. Der Kindergarten als elementare Bildungseinrichtung. (GR Mag Dietbert Kowarik: Die Bildung hat bei uns schon früher begonnen!), als erste elementare Bildungseinrichtung ist die erste Erweiterung des Erfahrungsraumes. Hier lernen die Kinder mehr Menschen, mehr Dinge kennen, hier wird an Vielfalt gelernt, an Unterschieden. Das braucht Zeit, das braucht kleine Gruppen, und das braucht eine Platzgarantie.
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