Gemeinderat, 10. Sitzung vom 28.06.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 113
Nachbarschaftsdenken in den Bezirken zu stärken, um auch Bewohnerinnen und Bewohnern eine aktive Mitgestaltung ihres Lebensraumes und ihres Grätzels zu ermöglichen und damit Ghettobildungen zu vermeiden. Daher bringe ich diesbezüglich auch einen Beschluss- und Resolutionsantrag ein:
„Die amtsführende Stadträtin für Gesundheit und Soziales möge dem Wiener Gemeinderat ein Konzept zum Ausbau der Nachbarschaftszentren mit dem Ziel vorlegen, bis zum Jahr 2030 in Wien insgesamt 100 Standorte zu realisieren. – In formeller Hinsicht wird die Zuweisung des Antrages verlangt.“ (Beifall bei der ÖVP.)
Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Es besteht für Sie im Gesundheits- und Sozialbereich sehr großer Handlungsbedarf. Viele Baustellen sind zu bereinigen, und darüber hinaus sind innovative Schritte zu setzen, wenn Sie es wirklich ernst meinen mit dem Slogan „Weil der Mensch zählt!“ Sie werden aber im Hinblick auf die derzeitige Situation nicht überrascht sein, dass wir, die Wiener ÖVP, diesem Rechnungsabschluss nicht zustimmen können. (Beifall bei der ÖVP. – GR Kurt Wagner: Das tut mir leid, aber das habe ich mir gedacht!) Sie werden es verkraften!
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Frau GRin Pilz. Ich erteile es ihr.
GRin Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Ich bin eine Rednerin! Ich bin heute aber so müde, dass ich sogar als Redner reden würde, aber lieber als Rednerin. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) In der Not ist das möglich, man ist heute etwas abgekämpft.
Dennoch wollen wir in alter Frische heute über die Gesundheit reden. Es ist zwar nicht gesund, nur zwei oder drei Stunden geschlafen zu haben, aber ein gewisses Arbeitsleid ist uns zuzumuten! Das geschieht eh nicht oft. Frau Kollegin Korosec war auch eine der ganzen Tapferen, die fast bis zum bitteren Ende ausgeharrt hat, was ich bewundere.
Heute reden wir über Gesundheit. Frau Kollegin Korosec! Ich finde es schön, dass Sie Martin Margulies, wenn auch mit einem kritischen Unterton, als „leidenschaftlichen Koalitionspolitiker“ bezeichnet haben. – Ja! Genau! So wollen wir sein! Wir machen, was wir tun, mit Leidenschaft. Bitte Applaus! Auch die SPÖ darf applaudieren! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Wir betreiben unsere Politik mit Leidenschaft, weil wir immer von dem überzeugt sind, was wir tun. Und wir sind jetzt total überzeugt, dass es einen Unterschied macht, ob es die GRÜNEN in der Regierung gibt oder nicht. Ich meine, diesen Unterschied sieht man in der Gesundheits- und Sozialpolitik ganz besonders.
Ich muss ja nicht meine eigene Vergangenheit entsorgen, seit ich in der Koalition bin! Daher sage ich: Ja! Es gibt und gab Handlungsbedarf im Gesundheits- und Sozialbereich, und es wird ihn auch künftig geben. Insofern stimmen wir, wie David Ellensohn gestern gesagt hat, einem Rechnungsabschluss zu, dessen Voranschlag wir in der Opposition nicht gebilligt haben. Aber wir wollen ja einen Schritt oder mehrere Schritte weiterkommen.
Darum sagen wir: Wir machen einen neuen Anfang, und wir machen ihn mit koalitionärer Leidenschaft, und nehmen alle sozusagen pseudo-verwunderten Entrüstungen der Oppositionsparteien, insbesondere der ÖVP, zur Kenntnis. Natürlich tragen wir die gemeinsame Politik mit, sonst würden wir sie nicht machen!
Ich meine, gerade im Gesundheits- und Sozialbereich haben wir viel vorzuweisen. Ich gebe meiner sehr geschätzten Kollegin Ingrid Korosec sehr recht, dass wir im Gesundheitsbereich und insbesondere im Bereich der Krankenanstalten viel zu tun haben. Es müssen viele alte Zöpfe abgeschnitten und viele Reformen in Gang gesetzt werden. Was aber kann denn Besseres geschehen, als dass wenige Monate nach Antritt dieser gemeinsamen Regierungskoalition die Gesundheitsstadträtin mit einer Spitalsreform, die nicht weniger weit als bis 2030 reicht, an die Öffentlichkeit tritt? So muss man in der Gesundheitspolitik steuern!
Es ist auch richtig und wahr, dass wir morgen für den Fahrtendienst für Wachkomapatientinnen und –patienten etwas tun müssen. Ich bin wirklich dafür, dass wir uns alles genau anschauen und uns vor allem mit den Härten beschäftigen, die unter dem gestern schon oft thematisierten Spardruck jetzt auch bei uns Faktum sind. Wir müssen uns genau anschauen, ob wir Geld lieber in Public Relations oder in konkrete Projekte stecken. Darüber kann man mit mir wirklich diskutieren! Aber trotz allem und vor allem müssen wir uns an diesen großen Wurf machen.
Beim Tanker Krankenanstaltenverbund kann nicht von heute auf morgen alles geändert werden, denn das wäre eine Katastrophe. Man muss die Dinge mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angehen, man muss alte Häuser anschauen und überprüfen, was tauglich ist, was reformiert werden und was schlicht und einfach zugesperrt werden muss.
Wie lange es dauert, bis solche Reformen in Gang kommen, haben wir in der Oppositionsrolle gesehen. Wir haben 2002 oder 2003 mit der Untersuchungskommission zum Pflegeheim Lainz eine Geriatriereform angestoßen. Das ist auch nicht von heute auf morgen gegangen, und im Geriatriezentrum Am Wienerwald sind jetzt noch Menschen, die dort sicherlich gut betreut werden, aber ihren Lebensabend nicht unter den besten räumlichen Bedingungen verbringen.
Wir wissen aber, dass die Zukunft eine andere ist. Sie ist es mittlerweile schon. Das geht allen hier nicht schnell genug, aber es geht. Mit der Eröffnung der neuen Pflegewohnhäuser und dem Wechsel in den Denkstrukturen, wie man bei der Versorgung von alten Menschen gut agiert, hat sich in der Stadt doch viel getan! Dahinter stand leidenschaftliche Oppositionspolitik, die dann Gott sei Dank – und ein bisschen musste man den Dackel auf die Jagd tragen – irgendwann auch Regierungspolitik wurde.
Es war StRin Wehsely, die gesagt hat, dass das Pflegeheim Lainz nicht mehr zeitgemäß ist. Da donnern die Wände und wackeln die Mauern bei der SPÖ, dass eine sozialdemokratische Politikerin so etwas sagen
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