Gemeinderat, 10. Sitzung vom 28.06.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 113
der WiG möchte ich noch erwähnen, und zwar die Selbsthilfe. Ich halte es wirklich für sehr schätzenswert, dass es Selbsthilfegruppen gibt und dass sehr viele Angehörige und sehr viele Betroffene sehr viel Arbeiten leisten, wenn es um Selbsthilfe geht, weil sie selbst dabei viel lernen können und sich dabei auch ein Herz fassen, Menschen zu unterstützen.
Erst wenn man in solche Situationen kommt, weiß man nämlich, was Solidarität bedeutet. Wenn es einen selbst betrifft, dann muss man oft zuerst einmal lernen, Hilfe anzunehmen. Man muss, wenn es so weit kommt, erst einmal realisieren, dass auch jemand da ist, der einem hilft und der auch versteht, dass man gewisse Situationen nicht selbst herbeigeführt hat und dass man nicht immer selbst schuld daran ist. Es gibt Situationen, in denen es notwendig ist, dass man politische und soziale Unterstützungen bekommt, und das ist zum Beispiel auch bei den Selbsthilfegruppen durch das Selbsthilfeunterstützungsservice der WiG der Fall.
Frau Korosec! Gleichzeitig ist es notwendig, immer wieder – wie es die WiG im vergangenen Jahr auch getan hat – große Veranstaltungen zum Thema Gesundheit und Erkrankungen zu machen und dabei Schwerpunkte zu setzen. So gab es zum Beispiel auch zur Selbsthilfe eine große Konferenz. Es ist nämlich notwendig, gewisse Themen in das Bewusstsein der Menschen zu holen, weil sonst niemand darüber spricht, man sie vergisst oder auch denkt, dass das nicht wichtig ist.
Bei vielen Themen ist es also notwendig, öffentlich darüber zu reden, insbesondere zum Thema Frauengesundheit, zu dem ich abschließend kommen möchte. Das Bewusstsein für Frauengesundheit ist schon vor vielen Jahren entstanden. Jetzt hatten wir 100 Jahre Frauentag, und dort möchte ich jetzt nicht anfangen. Es hat sich allerdings nicht wirklich etwas geändert, bevor man nicht auch in der Fachwelt darüber gesprochen hat, dass es einen Unterschied zwischen Männer- und Frauengesundheit gibt. Insbesondere betreffend Frauengesundheit hat die Stadt Wien, wie man betonen muss, eine Vorzeigerolle. Man beschäftigt sich mit allen Themen, etwa im Zusammenhang mit Brustkrebs oder in Bezug auf Essstörungen. Es wird schon früh in den Schulen bei den Mädchen begonnen, ein Körperbewusstsein zu schaffen und über entsprechende Themen zu referieren. Die Frauengesundheit der Stadt Wien befasst sich damit intensiv.
Das Nächste, worüber man sprechen sollte, sind die seelische Gesundheit und die psychosoziale Versorgung, denn auch das sind absolute Tabuthemen. Das einzige Thema, das jetzt zur Mode geworden ist, zu dem sich auch Manager oder sehr erfolgreiche Menschen outen können, ist das Burn-out. Man meint jetzt nämlich, dass jemand, der keinen Stress hat oder noch kein Burn-out hatte, zu wenig zu tun hat und nicht beschäftigt ist, sodass ihm fad ist oder so ähnlich. Vieles an dieser Debatte um die seelische Gesundheit ist aber wirklich ernst zu nehmen. Oft haben Menschen tatsächlich eine Depression oder ein Burn-out, dass sie nicht mehr außer Haus gehen können und es zu großen Problemen kommt, unter welchen die ganze Familie leidet. Ich möchte aber auch diesfalls festhalten: Es ist einzigartig, was die Stadt Wien anbieten kann, wenn es tatsächlich zu einer dermaßen ernsten Problematik kommt.
Den Psychosozialen Dienst gibt es seit 30 Jahren in Wien, und er vorsorgt über 9 300 Menschen mit höchst engagierten, professionellen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in dieser Stadt. Dazu kommt auch der Notruf. Es gibt Menschen, die selbst in ihren eigenen Reihen jemanden hatten – Freunde, Bekannte, Nachbarn –, bei denen es zu einer Ausnahmesituation gekommen ist, und es kann sozusagen niemand etwas dafür. Oft kann man einer solchen Person selbst nicht mehr helfen, weil es ein großes Problem gibt und sich jemand zum Beispiel etwas antun will. Was tut man in einer solchen Situation? – In Wien gibt es den Notdienst des Psychosozialen Dienstes, bei dem ein Psychiater oder eine Psychiaterin in Bereitschaft ist, die helfen kann. Man kann dort direkt hingehen, sie sind vor Ort. Man kann mit ihnen sprechen, oder man kann dort anrufen, und das zu jeder Zeit, insbesondere auch in der Nacht. Das ist nicht selbstverständlich, und darauf können wir stolz sein, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Der Psychosoziale Dienst hat eine Summe von 15 Millionen EUR zur Verfügung. Ich meine, es könnte mehr sein. Bei der Zahl der psychischen Belastungen und psychischen Beschwerden gibt es auch gemäß aktuellen Studien in jeder Stadt und in jedem Land eine leichte Erhöhung. Die Probleme treten auch in Kombination mit Arbeit auf, und es gibt auch diese Modeerscheinung des Burn-outs, die ich gerade erwähnt habe. Die Belastungen für das Gesundheits- und Sozialwesen sind jedenfalls sehr groß. Daher meine ich, dass es notwendig wäre, sich das einmal anzuschauen, dementsprechend anzusetzen und diesen Bereich noch mehr zu unterstützen.
Betroffen sind von diesen Problemen Kinder, Jugendliche und Erwachsene, also Personen jeden Alters. Insbesondere möchte ich auch die gerontopsychiatrischen Patienten nennen. Es ist notwendig, dass der Psychosoziale Dienst in Wien weiterhin Unterstützung bekommt, denn er bietet insbesondere auch ein Tageszentrum für Borderline-Störungen an, was ganz besonders notwendig ist. Es werden aber auch in 8 sozialpsychiatrischen Ambulatorien Einzelleistungen und Betreuungen für über 6 500 Patienten erbracht.
Ich halte auch die Diagnoseverteilung für besonders wichtig. Hauptsächlich geht es um schizophrene, schizotype und wahnhafte Störungen, aber auch um affektive Erkrankungen, neurotische Belastungen und somatoforme Störungen. 8 Prozent betreffen Persönlichkeits- oder Verhaltensstörungen. Dazu muss man auch sagen, dass das psychiatrische Spital auch eng mit dem PSD zusammenarbeiten muss, weil es immer wichtig ist, dass Leute, wenn sie aus dem Spital entlassen werden, nicht in ein großes Loch fallen, sondern eine gute und professionelle Betreuung durch den Psychosozialen Dienst erhalten. Rückwirkend muss man sagen, dass es, wenn man in diesen Bereich gut investiert, nicht notwendig ist, dass viele Menschen stationär auf Psychiatrien behan
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