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Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 45 von 65

 

wir sind auch schon ein bisschen erschöpft, daher möchte ich nur ein paar Beispiele bringen für das, was wir von der EU wollen. Wir wollen Unterstützung und ein Fokussieren von EU-Politiken auf urbane Räume, von den Kohäsionsfonds, also der Strukturförderung - übrigens mit einem Städter, einem Wiener wie Johannes Hahn, der dafür zuständig ist als jemand, der das verstehen kann und der hoffentlich als Partner gefunden werden kann -, aber selbstverständlich auch die Fokussierung von Initiativen auf große, urbane Räume.

 

Smart Cities und Regions Initiative, aus unserer Sicht Citys, dieses Programm ist erwähnt, und es bringt unserer Stadt irrsinnig viel, das ist einmal unbestritten. Wien hat in den letzten 20 Jahren viel gemacht. Es gibt jetzt zum Beispiel das SEP, den STEP, um innerhalb der Stadt integratives Handeln zu forcieren. Alle Abteilungen sind involviert, auch verschiedene Politiken sind involviert. Aber mit der Smart Cities Initiative gehen wir eine Schritt weiter, arbeiten mit über 200 Stakeholdern, arbeiten im Konsortium mit Unternehmen, mit Forschungseinrichtungen, mit Unis an diesem Programm weiter. Das kann etwas sein, wovon Wien unglaublich profitiert. Der nächste Schritt wäre eben, andere Städte von Wien profitieren zu lassen und umgekehrt. Best Practice ist zwischen Städten auszutauschen.

 

Wir bauen zum Beispiel gerade unser Fernwärmenetz als wesentliche Maßnahme vom KliP II aus: ein Fernkältenetz. Das macht Kopenhagen, sonst keine andere Stadt; es ist zum Beispiel irrsinnig spannend, sich mit Kopenhagen auszutauschen. Wir haben großartige Erfahrungen bei der öffentlichen Beschaffung mit Ökokauf. Barcelona hat großartige Erfahrungen mit Programmen für innovative Beschaffung, was wir jetzt auch gerade mit dem Zentrum für Innovation und Technologie entwickeln. Also die Forcierung von Austauschen zwischen Städten und das Promoten von Städten als Best-Practice-Beispiele!

 

Es gibt irrsinnig viele Themen, die wir in der Europadeklaration ansprechen, zwei sind mir noch ganz besonders wichtig. Das ist eigentlich von allen Rednern gekommen, und ich sehe darin auch einen Grund für die einhellige Unterstützung dieser Europadeklaration: Es muss unser Ziel sein, dafür zu kämpfen, dass den Städten als Motoren für eine positive Entwicklung auch die Flexibilität und die Rechtssicherheit eingeräumt werden, selber ihre regionalen Wirtschaften zu stärken, selber zum Beispiel zu organisieren, zu finanzieren, wie Dienstleistungen von öffentlichem Interesse passieren, und auch selber zu entscheiden, in welcher Form das alles passiert.

 

Zwei Beispiele: Das eine ist Daseinsvorsorge, wofür Wien massiv gekämpft hat in den letzten Jahrzehnten. Nämlich dafür, dass es unsere Rolle sein muss, als Expertinnen und Experten selbst zu entscheiden, wie wir das machen, unsere Rolle als Regionen - übrigens mit einigem Erfolg. Im Lissabon-Vertrag sind ja im Art 14 die Rolle und das Recht der Städte, der Regionen, das selbst zu organisieren und zu finanzieren, eingeräumt. Die nächste Aufgabe ist natürlich, bei der Erweiterung des Binnenmarktes dafür zu kämpfen, dass es auch so bleibt und dass das weiter ausgebaut wird.

 

Ein anderes Beispiel habe ich schon erwähnt: Vergabe. Es ist toll, was wir mit Ökokauf und Green Procurement, also dem Aufnehmen von ökologischen Kriterien in die Vergabe, schaffen könnten und schaffen können: Jedes Jahr 5 Milliarden Beschaffungspotenzial ist ein ordentlicher Hebel. Es wäre natürlich noch toller, wenn wir mehr Möglichkeiten hätten. Momentan ist es so, dass Vergaberichtlinien ausschließlich auf den Vertrag beschränkt sind, der sozusagen im Zentrum des Kaufs steht, oder die Dienstleistung, die im Zentrum des Kaufs steht. Das ermöglicht uns natürlich nicht - und das ist extrem schade, wir wollen das -, auf soziale Bedingungen, auf Innovation, auf regionales Wirtschaften, auf Arbeitnehmerregelungen einzugehen.

 

Das wünschen wir uns von der EU, und ich möchte daher auch eine Sache tun, die mir ganz besonders wichtig ist. Ich möchte jenen danken, die für genau diese Dinge seit Jahren und Jahrzehnten massiv eintreten und massiv kämpfen. Damit wir nämlich Politiken wie diese fahren können, brauchen wir viel Expertise und viel Know-how, viel Mut und viel Energie. Das ist im Haus zur Genüge vorhanden, von der MA 27 bis zum Wien-Haus, bis zur Magistratsdirektion, bis zu im Grunde genommen fast allen Magistratsdirektionen, die sich an internationalen Diskursen beteiligen und die große Sträuße ausgefochten haben in unserem Interesse, im Interesse aller Städte.

 

Die Daseinsvorsorge habe ich erwähnt. Zum Beispiel der zehnjährige Kampf Wiens für eine gute Ausrichtung der ÖPNV-Richtlinie wäre ein zweites Beispiel. Daher ein großer Dank und ein großes Lob an alle MitarbeiterInnen, die da für uns kämpfen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Wenn man so in die Runde schaut, dann liegt es nahe zu sagen: Es braucht also Energie! Es braucht aber auch Leitlinien und Ziele, dafür steht die Europadeklaration. Überdies braucht es ein viel engeres Verschränken mit anderen politischen Akteuren in der Europäischen Union, und deshalb ist das Rederecht so wichtig.

 

Zum Beispiel ist im Europaparlament am Anfang diesen Monats - ich glaube, am 6. Juni war es - der De-Rossa-Report diskutiert worden und damit die Frage: Braucht es eine horizontale rechtliche Regelung für die Organisation der Daseinsvorsorge oder nicht? Ich meine, das ist ein zentrales Thema für uns, und es würde alles ändern, wenn sich hier das momentane Machtverhältnis in der Europäischen Union, ein neoliberal-konservatives, durchsetzt. Daher ist es von vitalem Interesse für uns, dort auch in diese Diskussionen Eingriff zu nehmen und die Diskussionen zu lenken.

 

Das ist eigentlich das nächste Thema, das ich auch nur kurz anzusprechen brauche, weil es heute schon erwähnt wurde, nämlich die Frage, in welche Richtung die EU geht und wer sich dort durchsetzt, die Frage, wer gerade die Mehrheiten oder die hegemonialen Zugänge in der Kommission, im Parlament prägt. Das ist schon ein Wendepunkt, an dem wir stehen, ein Wendepunkt, der, wenn man so will, genau dort liegt, wo die Finanzkrise liegt, der nicht umsonst dort liegt.

 

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