Gemeinderat, 11. Sitzung vom 29.06.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 65
zu dieser Homogenität beiträgt. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zum Wort gemeldet ist nunmehr noch Herr GR Dipl-Ing Margulies. Ich erteile ihm das Wort.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!
Gleich vorweg: Mit Freude, mit ausgesprochener Freude habe ich diesmal zur Kenntnis genommen, dass GRin Kappel gesagt hat, die FPÖ will nicht raus aus der EU! (GR Mag Wolfgang Jung: Nichts Neues!) Die FPÖ will nicht raus aus dem Euro, das ist Schwachsinn! Ich nehme das aber zur Kenntnis. Das freut mich!
Umso mehr verwundert es mich, dass die gesamte Werbelinie der Freiheitlichen suggeriert: Raus aus der EU! Raus aus dem Euro! – Es geht darum, was beim Empfänger ankommt, und wenn heute der durchschnittliche FPÖ-Wähler befragt wird, was seine Partei will, ob seine Partei beim Euro und Mitglied der Europäischen Union bleiben will, dann wird der durchschnittliche FPÖ-Wähler antworten: Nein! Raus aus dem Euro! Raus aus der Europäischen Union!
Deshalb freut mich diese Klarstellung, und es wird mir eine Freude sein, Sie und auch Kollegen Jung und alle anderen, die eifrig genickt haben, in Diskussionen zu zitieren! (GR Johann Herzog: Nicken kann man nicht zitieren!)
Ich meine nämlich, es ist sinnvoll, eine Forderung, aus der EU und aus dem Euro auszusteigen, fallen zu lassen. Das wäre nämlich ähnlich, wie wenn ich als Wiener fordern würde: Mir gefällt die Politik der Bundesregierung nicht, mir gefällt nicht, wofür die Bundesregierung Geld ausgibt, und deshalb meine ich: Wiener raus aus Österreich!
Nein! Ich versuche, die Politik zu verändern. (GR Univ-Prof Dr Herbert Eisenstein: Das ist ja genial!) Ich versuche, politisch etwas zu bewirken, aber es bewirkt tatsächlich nichts, wenn man aus der Europäischen Union austritt oder wenn man aus dem Euro austritt.
Kollege Herzog hat die Währungskonstellationen der Weichwährung Euro zu unterschiedlichen Währungen zitiert. Kollege Wutzlhofer hat schon kurz darauf hingewiesen. – Für alle, die sich erinnern können: Die Währungsrelation zwischen Euro und Dollar betrug mit Stand 2002 ungefähr eins zu eins. Jetzt beträgt die Relation Euro zum Dollar 1,4 zu 1. Die Relation zwischen Pfund und Euro betrug im Jahr 2002 0,62 zu 1 und liegt jetzt ungefähr bei 0,9 zu 1. Die Relation Yen zu Euro betrugt im Jahr 2002 115 zu 1 und beträgt jetzt ebenfalls 115 zu 1, ist also ziemlich gleich geblieben.
Dann hat Kollege Herzog gesagt, dass eine von drei gewählten wirklich harten Währungen der Kanadische Dollar sei. (GR Johann Herzog: Das habe ich zitiert!) Ja! Aber man zitiert doch nur Sachen, von denen man überzeugt ist, dass sie die eigene Meinung unterstützen! Oder man weist dezidiert darauf hin, dass man das Gegenteil davon meint! Aber man zitiert doch nicht, dass etwas als harte oder weiche Währung gilt, und distanziert sich gleichzeitig davon! (GR Johann Herzog: Ich distanziere mich nicht!)
Die Währungsrelation zwischen Euro und Kanadischem Dollar betrugt also im Jahr 2002 1 zu 1,42. Und wie ist die Währungsrelation am heutigen Tag? – 1 zu 1,42! Es gibt natürlich Schwankungen dazwischen, aber die Frage, ob eine Währung hart oder weich ist, muss natürlich über längere Zeiträume betrachtet werden. Und was erkennt man daran? – Natürlich hat es zum Yen massive Schwankungen gegeben, aber wenn man darüber nachdenkt, dann war nicht der Euro so stark, sondern es war der Yen so schwach!
Das entspricht jetzt auch der Situation gegenüber dem Schweizer Franken: Es ist nicht so, dass der Euro zum Schweizer Franken besonders schwach wäre, das trifft den Dollar, das Pfund, den japanischen Yen und den Kanadischen Dollar, und das trifft sogar den von Ihnen zitierten Australischen Dollar, allerdings nur fast genauso, diesfalls ist es etwas weniger.
Wir befinden uns nicht in einer Situation, in der der Euro und vor allem die Härte des Euro in Gefahr sind. Und jetzt muss man gleich mit der nächsten Mär aufräumen. Ich sage es ganz offen, und das ist das Traurige an der Situation: Ich glaube tatsächlich, dass in der jetzigen Griechenlandkrise ganz massiv an der Volksverblödung gearbeitet wird. (GR Mag Wolfgang Jung: Das ist richtig!) Man versucht dort, den Menschen einzureden, der Euro sei in Gefahr. – Das ist er aber nicht, sondern es sind die Banken in Gefahr! (GR Mag Wolfgang Jung: Auch!)
In Griechenland trifft es vor allem die griechischen Bürger, und in einem Punkt gebe ich Ihnen recht – und ich sage es noch härter –: Griechenland ist längst bankrott. Punkt. (GR Mag Wolfgang Jung: Ja!)
Daher geht es jetzt darum, wie wir Griechenland gemeinsam – und das ist Solidarität – helfen können. (GR Mag Wolfgang Jung: Es geht darum, ob wir Griechenland helfen können!) Ich sage das jetzt aus meiner persönlichen Position und aus der Position der GRÜNEN: Ja! Ich stehe im europäischen Raum innerhalb der Europäischen Union zu einer Solidarität, und diese Solidarität muss dazu führen, dass man sich Mittel und Wege überlegt, wie man der griechischen Bevölkerung helfen kann. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.) Danke.
Einen Vorschlag von Ihnen habe ich mit Freude zur Kenntnis genommen, und ich will ihn ausweiten. – Sie haben leider nicht gesagt, wie hoch der Prozentsatz der reichen und vermögenden Griechen ist, die 350 Milliarden EUR auf dem Konto haben, aber jedenfalls ist in Griechenland die Reichtumsverteilung noch ungleicher als in Österreich. (GR Mag Wolfgang Jung: Richtig! Genau!) Und diese Reichen sollen beitragen!
Ich erweitere diesen Vorschlag noch: Nehmen wir die Reichen und Reichsten der Europäischen Union, die in den letzten Jahren an der Griechenlandkrise massiv verdient haben und führen wir eine europaweite Vermögenssteuer ein! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Machen wir eine europaweite Vermögenssteuer von 1 Prozent, dann ist Griechenland hochweis! Dann sind nicht nur die Schulden getilgt, sondern die Europäische Union könnte genügend Finanzmittel zur Verfügung stellen, um für Griechenland eine Art neuen Marshall-Plan zu initiieren, der Griechenland hilft, seine Strukturprobleme zu bewältigen.
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