Gemeinderat, 14. Sitzung vom 21.10.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 51
Beschlussantrags der FPÖ-Gemeinderäte Karl Baron, Mahdalik und Guggenbichler betreffend Förderung von Euro-LKW, eingebracht zu Postnummer 16. In formeller Hinsicht wird hier die sofortige Abstimmung beantragt. Ich bitte also jene Damen und Herren, die dem Antrag ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen mit der Hand. - Der Antrag wird von den Oppositionsparteien unterstützt und ist damit angelehnt.
Wir kommen nur zur Postnummer 2 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft den Beitritt der Stadt Wien als Mitglied zu der Organisation Transparency International - Austrian Chapter - Verein zur Korruptionsbekämpfung. Ich bitte die Berichterstatterin, Frau GRin Yilmaz, die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatterin GRin Nurten Yilmaz: Vielen Dank, Frau Vorsitzende. Werte Kolleginnen und Kollegen, bitte um Zustimmung.
Vorsitzende GRin Dr Sigrid Pilz: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist Herr GR Dr Tschirf und ich möchte das geschätzte Auditorium darauf aufmerksam machen, dass es sich hier um seine Abschiedsrede handelt. Bitte, Sie haben das Wort.
GR Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Vizebürgermeisterinnen! Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich hätte zwar einiges zum Thema Transparency als amtierender Vorsitzender des Kontrollausschusses zu sagen, aber es ist heute Anlass, hier Abschied zu nehmen. Und ich sage, es sind schöne 19 Jahre, auf die ich zurückblicke.
Wenn man sich vergegenwärtigt, wie diese Stadt vor 19 Jahren ausgesehen hat, wie auch dieser Saal ausgesehen hat, so war beispielsweise damals noch die Möglichkeit, dass man rauchen darf. Wenn man im Wiener Rathaus angerufen hat, dann hat es damals - es war die Zeit nach dem Fall des Eisernen Vorhanges - eine Stimme gegeben, die einen auch auf Tschechisch und auf Ungarisch begrüßt hat. Es war, wie gesagt, eine Zeit der Euphorie. Wir waren alle davon beseelt, dass sich vieles ändert. Das war eigentlich auch ein Vehikel, um vieles, was in diesem Land aufzubrechen war, zu verändern. Ich sage das ganz bewusst, weil wir heute oft in einer Situation sind, wo wir fast pessimistisch alles beobachten.
Wenn ich zurückdenke, dann fällt mir ein Ereignis ein. Ich sehe gerade Godwin Schuster. Du wirst dich sicher auch daran erinnern. Wenige Wochen, nachdem ich angelobt worden bin, hat mich mein Klubobmann angerufen und gesagt: „Ich habe für dich eine Hack’n. Fahr mit einer Delegation nach Zagreb als Wahlbeobachter zu den kroatischen Kommunalwahlen." Es wäre einiges darüber zu erzählen, weil das eine Demokratie am Anfang war. Manches hat noch nicht ganz geklappt. Es war eine Stadt, die teilweise verdunkelt war. Es war Kriegszustand. Aber das, was mich eigentlich noch heute am meisten betroffen macht, ist, als wir dann am späten Nachmittag mit Vertretern von Oppositionsparteien in einem internationalen Hotel gesessen sind, haben diese uns alles vorausgesagt, was wenige Jahre später an Gräueltaten passiert ist. Es fiel nicht der Name Srebrenica, aber wir haben es gehört. Als ich dann zurückgekommen bin, habe ich Freunde im Außenministerium angerufen. Diese haben gesagt, das weiß man in den Staatskanzleien Europas. Ich sage das deshalb, weil wenn wir heute die Situation betrachten - und das spielt auch für Wien eine große Rolle, weil gerade aus diesen Volksgruppen viele in Wien leben -, kann man sagen, diese Völker stehen vor dem Beitritt zur EU oder sind in der Nähe. Wenn eine deutsche Wochenzeitung vor Kurzem geschrieben hat, dass das Vorbildliche an Europa ist, dass Europa der friedlichste, sozialste und ökologischste Kontinent ist, anders als andere, dann wäre das damals nicht zu sagen gewesen.
Was wir mitnehmen sollten, ist, dass Krisen durchaus Chancen sind. Wir standen damals wie heute vor der großen Herausforderung, dass wir den breiten Wohlstand, den in der Geschichte einzigartigen Wohlstand, den wir heute haben, erhalten. Das ist sehr mühsam. Es ist vieles fragil, gerade wenn man sieht, wie sich vieles verändert hat, wie durch einen Mausklick effektiv auch die Börse verändert werden kann, wie es weniger die Diskussion über Großmächte als über Rating-Agenturen ist, über die wir heute nachdenken. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir leben in einer Zeit der Veränderung. Aber das Schlechteste wäre, zu glauben, es ist alles ausweglos. Im Gegenteil. Wenn etwas in dieser globalisierten Zeit faszinierend ist, ist es, wie wir mithalten können, dass de facto jede Schule in Wien auch mit einer in Shanghai oder in den Vereinigten Staaten im Wettbewerb steht. Das ist die heutige Realität, dass kleinste Unternehmungen im Wettbewerb stehen und dass es unsere Aufgabe ist, unsere europäische Wertehaltung auch in der Zukunft zu bewahren.
Was Europa im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten, wo jedem Kind schon in der Schulzeit gesagt wird, dass es der größte Staat der Welt ist, ausmacht, ist, welche Skepsis bei uns gegenüber Europa besteht. Ich verschweige nicht, ich möchte gar nicht nachdenken, was es im Vergleich zu China heißt. Gerade die Vielfalt Europas macht es aus. Gerade auch, dass Europa den Anspruch erhebt, von den Bewohnerinnen und Bewohnern jederzeit akzeptiert zu werden. Es ist unsere Aufgabe als Politiker, um diese Akzeptanz zu ringen. Das ist eigentlich die Aufgabe der Kommunalpolitik.
Ich habe hier in 19 Jahren viel Faszinierendes erlebt. 19 Jahre als Kommunalpolitiker in Wien bedeuten, dass man im Gespräch mit Bürgerinitiativen, im Gespräch in Beiseln, in den Salons dieser Stadt, am Fußballplatz, bei der Vernissage, überall dort, wo die Bürgerinnen und Bürger sind, das Gespräch sucht, erklärt, vermittelt und darauf schaut, etwas weiterzubringen. Ich bin froh, dass ich die Aufgabe übertragen bekommen habe, dass ich hier für mehrere Bezirke tätig sein konnte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, etwas, was mir immer ein wesentliches Anliegen war, und ich sage es gerade in diesen Tagen, war der Dialog der Kulturen und insbesondere der Religionen dieser Stadt. Während
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