Gemeinderat, 15. Sitzung vom 21.11.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 150
die wirklich Reichen wissen schon, wie man das System optimiert, und zahlen keine Steuern. Sie wollen diejenigen zusätzlich besteuern, die schon die Last des laufenden Betriebes tragen.
Im Prinzip müssen Sie sich die Frage stellen: Ist das nicht auch ein sozialer Akt - es ist fast schon ein bisschen sozialistisch -, wenn 50 Prozent der potenziell Lohnsteuerpflichtigen keine Lohnsteuer bezahlen? Das heißt, die anderen 50 Prozent tragen das Ganze. Der Grenzsteuersatz, der europaweit zu den höchsten zählt, fängt schon bei einem Einkommen an, wo man mit 4 500 EUR brutto hineinkommt. Das sind dann schon die Reichen, die dann, wenn sie sich aus diesem Einkommen etwas ersparen und sich eine Wohnung kaufen, noch eine Substanzsteuer bezahlen sollen.
Meine Damen und Herren, das hat mit Gerechtigkeit, mit Leistungsfreundlichkeit, mit einem Anreiz für Arbeit überhaupt nichts zu tun. In mir keimt der leise Verdacht zur traurigen Gewissheit, dass es Ihnen ganz recht ist, dass immer mehr Menschen in der Mindestsicherung sind. Es werden diese steigenden Zahlen fast als Erfolg angesehen. Ich meine, eine Wirtschaftspolitik sollte doch dafür Sorge tragen, dass das kein Karriereziel ist, dass das kein Lebensplan ist, Hartz-IV-Karrieren anzustreben, dass man nicht auf Transfers angewiesen ist, sondern dass man sozusagen durch Arbeit und durch Leistung seinen Lebensunterhalt verdient. Diejenigen, die das kurzfristig nicht brauchen, haben Anspruch auf Solidarität. Aber das dürfen keine Dauerleistungen sein, das können keine Dauerleistungen sein! Es muss ganz klare Leistungsanreize geben. Diese Leistungsanreize muss ein Steuersystem bieten. Das kann es nicht bieten, wenn der Eingangssteuersatz schon bei 38 Prozent liegt, weil dann habe ich sozusagen genau dieses Social Hazarding, dass man sich überlegt, da die Mindestsicherung, dort Sozialleistungen und auf einmal komme ich auf ein Nettoeinkommen, das ich durch Arbeit überhaupt nicht zusammenbringen kann.
Ich werde mich sehr darum bemühen und werde die Frage auch an die Stadtregierung, an die Stadträte stellen: Wie kann man denn diesen massiven Anstieg der Mindestsicherungsbezieher erklären? Wie funktioniert die Vermittlung über das AMS und über den WAFF? Wir haben damals gehört, die Mindestsicherung soll ein Sprungbrett in den Arbeitsprozess sein. Ich glaube, das Gegenteil passiert. Es ist ein Sprungbrett hinein in ein transferfinanziertes Leben. Das kann es eigentlich nicht sein! Diese Kostensteigerungen sollte man wirklich ganz massiv hinterfragen. Das ist zumindest nichts, worauf man sehr stolz sein kann, wenn über hunderttausend Menschen eine Mindestsicherung beziehen! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)
Einen letzten Hinweis, der auch mit dem Budget zu tun hat, möchte ich Ihnen noch geben. Es ist auch für mich völlig inakzeptabel, dass wir ein weitgehend intransparentes Förderungssystem haben. Es gibt bis heute keinen Subventionsbericht. Es sind Einzelmaßnahmen. Man weiß auch nicht, wie viele Förderansuchen abgelehnt werden. Das wird auch nicht gesagt. Man hat das Gefühl, dass halt jene Vereine, die im stadtnahen Bereich sind, sich hier sozusagen das Geld abholen können, während bei anderen Vereinen der Sparstift eingesetzt wird. Wie ich höre - die Sportamtsleiterin hat das von sich gegeben -, muss man bei Großprojekten sowieso von 20 Prozent Kostensteigerung ausgehen, weil das jetzt auch bei der Albert-Schultz-Halle so ist. Dort werden locker 6 Millionen EUR zusätzlich gezahlt. Wenn ein privater Bauherr von seinem Baumeister mit dem Problem konfrontiert wird, dass es teurer wird, dann schaut man halt, wie man sozusagen anderswo etwas einsparen kann. Wie kann man halt das Projekt, ohne dass man es aufgibt, finanziell optimieren? Nicht so, wenn es sich um öffentliche Gelder handelt, da wird sozusagen einfach nachgeschossen. Wenn ich an die teuersten Schulen, die die Stadt Wien baut, denke, 80 Millionen EUR Campus Zentralbahnhof, und wenn man dort 20 Prozent dazugibt, sind wir bei 100 Millionen EUR. 16 Millionen EUR Differenz ist ein Patzen Geld. Ich bitte Sie wirklich, im Controlling zumindest die Empfehlungen des eigenen Kontrollamtes und des Rechnungshofes ernst zu nehmen!
Ganz zum Schluss, zu einem Kassasturz gehört natürlich auch eine Vermögensbilanz in der Buchhaltung. Was ist mit den AVZ-Millionen passiert? Das Herzstück der früheren Bank Austria, der ehemaligen Zentralsparkasse. Und kommen Sie mir jetzt nicht damit, dass das Görg privatisiert hat und Görg daran schuld ist! Kommen Sie mir nicht damit! (GR Dipl-Ing Rudi Schicker: Aber das stimmt! Wer sonst?) Der Weiterverkauf und die mehrfachen Verkäufe der Bank Austria sind federführend vom Generaldirektor, der der SPÖ angehört, Gerhard Randa, durchgeführt und eingefädelt worden. Was ist aus den AVZ-Milliarden geworden? Angeblich sollen die 1,7 Milliarden EUR nur mehr 100 Millionen EUR wert sein. Im Lichte dieses Vermögensverlustes wundert es einen nicht, dass Sie jetzt mit den Parkgebühren und mit den Wassergebühren zumindest teilweise den laufenden Betrieb unserer Stadt finanzieren müssen. Auch das wäre eine Frage, auf die wir uns endlich eine Antwort erwarten.
Aus dem Budget geht das natürlich überhaupt nicht hervor. Es wird Sie daher nicht wundern, dass ich dieses Budget ablehne. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner ist Herr GR Dipl-Ing Schicker zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Dipl-Ing Rudi Schicker (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Herr Vorsitzender! Frau Vizebürgermeisterin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Zunächst einmal, Herr Aigner, was die AVZ und die Bank Austria betrifft: Es gibt in diesem Haus noch manche, die sich gut an das Koalitionsabkommen im Jahr 1996 mit der ÖVP erinnern können. Damals war eine der Bedingungen, und wie hat das damals gelautet, der Verkauf der Bank Austria, nicht in Kenntnis nehmend, dass ein Verkauf der Bank Austria nicht Angelegenheit dieses Gemeinderates und der Stadt ist, sondern dass es eine Stiftung, die AVZ, gibt und diese
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