Gemeinderat, 15. Sitzung vom 21.11.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 150
wollen oder nicht. Ich sehe dem schon mit Freude entgegen! - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Herzog. Ich erteile es ihm.
GR Johann Herzog (Klub der Wiener Freiheitlichen): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Vorsitzender!
Mit Überraschung, muss ich sagen, habe ich den Redebeitrag des Herrn Strobl vernommen. Aber er ist ja eigentlich nicht jemand, der hier in haltloses Schimpfen ausbricht, was er diesmal getan hat. Entweder muss er seiner Partei beweisen, dass er es auch kann, oder es ist eine ausweglose Ratlosigkeit, die ihn erfasst angesichts einer Politik in Österreich und Wien, wo man nur sagen kann: Wir stehen vielleicht am Beginn einer Endzeitstimmung und einer Endzeitsituation für den Euro, und dies wird hier politisch völlig ignoriert!
Hier wird nicht einmal darüber gesprochen, dass wir das Triple-A-Rating verlieren könnten. Das ist alles hier kein Thema für die Wiener Sozialisten und auch nicht für die GRÜNEN, es interessiert nicht weiter. Aber dafür wird ein bisschen moniert, wenn man schärfer spricht, um hier endlich einmal Bewusstsein für Probleme zu schaffen! (Beifall bei der FPÖ.)
Die Haltung der Wiener Sozialdemokraten entspricht einer Vogel-Strauß-Haltung. Es ist ja nicht nur Herr Strobl, der hier so agiert hat; auch Herr Schicker hat Nämliches gemacht, es war nicht viel anders. Er leugnet oder stellt fest, es gibt kein Verschulden der Staaten, die Verschuldungspolitik der Gebietskörperschaften hätte keinen Einfluss und wäre unerheblich. Na, das ist eine Bemerkung, die man schon lange nicht gehört hat! Dass sich jemand herausstellt und so etwas zu sagen traut, dazu muss ich sagen, das ist eigentlich bereits ungeheuerlich!
Natürlich, vielleicht meint er, die Spekulanten - hat er gesagt - sind schuld an allem und jedem. Selbstverständlich, die haben vor allem in der Krise 2008 ihren Einfluss gehabt, keine Frage. Aber Frau VBgmin Brauner spekuliert schon länger, und daher ist seine Empörung gegen die Spekulanten auch jetzt noch gerechtfertigt! (Beifall bei der FPÖ.)
Dann beklagt er heftig, dass sich Österreich nicht durchsetzen könne gegen den Kapitalismus in der EU. Eine erstaunliche Feststellung, Herr Schicker! Österreich ist ein gleichberechtigtes Mitglied in der EU und auch in der Eurozone, Österreichs Bundeskanzler Faymann und dessen Finanzminister haben noch jede - bitte schön, jede! - Entscheidung in Brüssel ohne Wenn und Aber mitgetragen und denken ja gar nicht daran, in irgendeiner Form dagegen Protest einzulegen. Die SPÖ ist eine Partei, die in Österreich Kapitalismuskritik betreibt und in Brüssel alles das mitträgt, was sie Kapitalismus nennt!
Ansonsten zur Sache selbst: Schuldenbremse ist natürlich das Wort des Tages und der kommenden Wochen. Aber ich habe schon gesagt, das Triple-A ist in Wien kein Thema, was mich überrascht. Es wird jetzt formal in Frage gestellt, wobei man sagen muss: Bei dem wird es nicht bleiben. Es wird wahrscheinlich irgendwann einmal dazu kommen, vielleicht nicht jetzt, aber in absehbarer Zeit.
Aber de facto ist es schon weg. Man braucht nur zu lesen, was in diesem Zusammenhang die „Neue Zürcher Zeitung" vor einigen Tagen geschrieben hat. Sie hat geschrieben: „Die in Österreich im November um 70 Basispunkte gestiegenen Spreads reißen die Regierung nicht aus der Lethargie. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Seit Ende Oktober sind die Aufschläge für 10-jährige österreichische Bundesanleihen gegenüber deutschen Anleihen", den Spreads eben, „von 86 auf über 160 Basispunkte gestiegen. Im August hatte der Spread erst 50 Punkte betragen."
Das heißt also, wir haben eine unglaubliche Aufwärtsbewegung, eine wirkliche Verteuerung sämtliche Kredite, die Österreich aufnehmen muss. Und es wird hier so getan, als gäbe es diesbezüglich kein Thema!
Wenn man sich dann anschaut, was die Fakten der Schuldenkrise an sich sind: Was die Bundesregierung bisher verraten hat, ist doch einiges. Es wird festgestellt, dass sich das Defizit nach EU-Vorgabe zu richten hat. Dann: Das Defizit ab 2017 sollte 0,35 Prozent des BIPs betragen, und die Länder müssen ausgeglichen bilanzieren. Das ist etwas, wovon wir uns in Wien anschauen werden, wie es funktioniert, wenn sogar jetzt, kurz vor Beginn einer Schuldenbremse, die Verschuldung in Wien selbst massiv zunimmt.
Weiters: keine explizite Schuldenobergrenze, aber das Ziel ist 60 Prozent des BIPs bis 2020. Weiters: Länder und Gemeinden werden eingebunden, Details werden ausverhandelt. Die Ergebnisse sind aber eigentlich, was die Bundesländer betrifft, sagen wir, einigermaßen befremdlich. Auf der einen Seite regt sich der SPÖ-Chef in Oberösterreich darüber auf, dass die Schuldenbremse in die Verfassung kommen soll, und ist er außerdem noch für einen Spitzensteuersatz von 70 Prozent. Übrigens hat auch Kollege Schicker eine Erhöhung dieses Spitzensteuersatzes seitens seiner Partei in Aussicht gestellt. Interessanterweise hat er nicht festgestellt - da muss man ihn noch fragen -, was für eine Prozentzahl er sich dabei vorstellt.
In Vorarlberg hat sich Herr Sausgruber gemeldet, und in Wien hat die Frau Vizebürgermeisterin, ich würde meinen, einen Eiertanz hingelegt. Und zwar in der Zeitung „Die Presse", wo sie „Ich warne vor der Schuldenbremse." gesagt hat und ausgewichen ist bei jeder Frage nach Einsparungen, nach Ausgabenkürzungen, nach Neufestlegungen. Alles hat sie offengelassen, sie hat sich nicht festgelegt. Zum Schluss spricht sie von „brachialen Sparpaketen", davon, dass man einem solchen brachialen Sparpaket eben nicht zustimmen soll. Schlusswort: „Von mir würde es aus Prinzip nie eine Zustimmung zu einer Schuldenbremse geben."
Jetzt frage ich mich, was das für Wien heißt, wenn ein Koalitionspartner sich klar festlegt, dass er nicht mitmachen will, und der zweite Koalitionspartner meines Wissens noch kein Wort über die Gestaltung einer allfälligen Schuldenbremse in Wien ein Wort verloren
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