Gemeinderat, 15. Sitzung vom 21.11.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 150
schon längst abgelaufen ist.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Dipl-Ing. Margulies und ich erteile es ihm.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ein Glück, dass Kollege Jung so berechenbar ist! (GR Mag Wolfgang Jung: Sie sind auch berechenbar!)
Natürlich gibt es eine Position zu Europa. Ich möchte Monika Vana aber entschuldigen, weil sie seit über einer Woche eine ärztlich verordnete Schweigepflicht hat. Das wäre ihr aber egal, aber sie hat nach wie vor wirklich keine Stimme. (GR Mag Wolfgang Jung: Außer ihr kennt sich aber bei Ihnen keiner damit aus!) Das ist richtig! Und genau deshalb werde ich versuchen, die wesentlichen Punkte zu Europa zusammenzufassen, die bislang umgesetzt wurden, und berichten, was in Planung ist.
Sie kennen Monika Vana als die profilierteste Europapolitikerin hier bei uns im Haus. Liebend gerne hätte sie zu diesem Punkt gesprochen, hätte sich auch früher zu Wort gemeldet, aber das geht leider nicht, und ich glaube, das fällt niemandem schwerer als Monika Vana selbst.
Es wurde einiges umgesetzt, wovon manche von Ihnen nicht geglaubt haben, dass es das jemals geben wird. Es gibt den Europaausschuss, Kollege Jung, Sie waren auch dabei! Es gibt das Rederecht für Europaabgeordnete. (GR Mag Wolfgang Jung: Auf dem Papier!)
Seien wir uns jetzt einmal ganz ehrlich: Wenn wir Europaabgeordnete hierher einladen, um mit uns zu diskutieren, dann sollte es einen Punkt und ein Dossier dazu geben, und dann können wir tatsächlich diskutieren mit ... (GR Mag Wolfgang Jung: Es war jetzt ein Jahr Zeit!)
Beginnen wir einmal damit! Es war jetzt nicht ein Jahr Zeit! Es ist noch nicht so lange her, dass das Gesetz betreffend das Rederecht für die Europaabgeordneten beschlossen wurde. Das wird aber kommen, und es ist einmalig! Seien wir doch stolz darauf, dass wir als Wiener Gemeinderat und Landtag es geschafft haben, dass Europaabgeordnete hier ein Rederecht haben! Sie können sicher sein, dass wir dieses auch zu nutzen wissen werden!
Es gibt eine Europadeklaration und eine Stadtaußenpolitik. Diskussionen über die Leitlinien gab es sogar im Gemeinderat. Wir haben immer wieder Europadebatten geführt. Es gibt spannende Diskussionen im Europaausschuss über die Donauraumstrategie, über Strukturfonds, über Daseinsvorsorge. (GR Mag Wolfgang Jung: In zwei Sitzungen mit kurzen Tagesordnungen gab es spannende Debatten!?)
Wissen Sie: Ich kann mir schon vorstellen, dass manche Menschen eine Debatte als spannend und interessant empfinden, Sie sich aber ausklinken. Ich kann mir das durchaus vorstellen! Lassen wir das doch einfach bei diesem Punkt stehen!
Was wird jetzt gerade finalisiert? – Sie wissen es oder auch nicht. Das hängt immer davon ab, wie sehr man sich dafür interessiert. Jetzt wird jedenfalls diese neue EU-Struktur im Magistrat fertig. (GR Mag Wolfgang Jung: Seit einem Jahr!)
Wissen Sie: Wenn man etwas übers Knie bricht, dann regen Sie sich auf, dass es übers Knie gebrochen wird. Wenn ich Ihnen sage, dass diese jetzt gerade fertig wird, dann sagen Sie nicht, passt! Schauen wir, wie wir alle gemeinsam super arbeiten werden!, sondern Sie regen sich auf.
Das ist im Übrigen ein bisschen so wie bei Ihren budgetpolitischen Darstellungen. Sie sagen: Wir wollen Geld für das und für das und für jenes! Es soll aber alles eingespart werden, weil es die Schuldenbremse geben muss et cetera. – Das ist ein bisschen unglaubwürdig!
Nicht zuletzt beginnt jetzt auch die Vorbereitung auf die RegLeg-Präsidentschaft betreffend Regionen mit legistischen Rechten. Die Vorbereitung läuft, und man wird sehen, was die Stadt Wien im kommenden Jahr daraus macht.
Ich gebe Ihnen in einem Punkt recht: Meine Kollegin Vana hätte dies wahrscheinlich erheblich eloquenter und besser darstellen können. (GR Mag Wolfgang Jung: Das glaube ich auch!) Nichtsdestoweniger ist uns Europa immer wichtig gewesen und wird es auch weiterhin sein.
Das spannt jetzt natürlich auch den Bogen zur budgetären Situation, und ich möchte damit beginnen, ein bisschen meine Vorredner und Vorrednerinnen abzuarbeiten.
So hat zum Beispiel der Kollege Ulm bezüglich der jetzigen Schuldenkrise gemeint, wir haben eine Stadtschuldenkrise. – Das stimmt! Diese ist aber nicht von irgendwo gekommen! Im Großen und Ganzen hat die Staatengemeinschaft der Europäischen Union, auch wenn sich in den vergangenen Jahren nicht alle Länder innerhalb der Europäischen Union an die Maastricht-Kriterien gehalten haben, in der Vorkrisenzeit versucht, die Maastricht-Kriterien bestmöglich einzuhalten. Auch in Österreich waren im Großen und Ganzen die 60 Prozent – wobei ich wiederhole, dass ich diese Geschichte zum Teil für falsch halte – kein Problem, in Deutschland schon gar nicht und eigentlich nirgendwo. Das Problem hat angefangen, als die Staaten de facto die Finanzwirtschaft zu retten begonnen haben. Es war nicht nur in den USA so, sondern in ganz Europa, dass Milliarden in den Banken- und Finanzsektor geflossen sind.
Das ist jetzt eine große Kritik an der Politik der Europäischen Union, vor allem aber an der Politik der Europäischen Regierungen: Ich kann mich noch erinnern, dass 2008 eigentlich jeder Politiker und jede Politikerin gesagt haben, dass es uns endlich wieder gelingen muss, das Primat der Politik über das Primat der Ökonomie herzustellen. Jetzt, drei Jahre später, ist es schlimmer als je zuvor. Man hat das Gefühl, dass in Wirklichkeit Finanzmärkte und Rating-Agenturen regieren und die Politik reagiert. Drei Jahre lang wurde von breit aufgefächerten Regierungen der falsche Weg gegangen, weil man nicht imstande war, sich auf relativ – unter Anführungszeichen – banale Punkte wie eine Finanztransaktionssteuer oder europäische Anleihen zu
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