Gemeinderat, 15. Sitzung vom 21.11.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 62 von 150
einigen. Ich glaube, dass es jetzt höchst an der Zeit ist, in diesem Bereich wirklich einen anderen Weg einzuschlagen. Es gilt, diese Dominanz der Märkte zu brechen. Nicht alles und jedes darf danach hinterfragt werden, ob es finanzierbar ist.
Einige Beispiele: Was nutzen uns Einsparungen, die das Bildungssystem schlechter machen und diesem langfristig schaden? Was nutzen uns Einsparungen beim öffentlichen Verkehr? – Wenn es zu Tariferhöhungen im öffentlichen Verkehr gekommen ist, fahren die Leute mehr mit den Autos, werden die Luft schlechter und der Lärm größer. – All das nutzt uns nichts! Nicht alles lässt sich gleich monetär bewerten.
Jetzt komme ich noch einmal zu Kollegen Ulm, weil er die Schulden der Stadt, wie auch manch anderer, angesprochen hat. – Ich meine, man muss mit dem Prozentrechnen ein bisschen vorsichtig sein. Hätte nämlich die Stadt Wien vor 6 Jahren auch nur um 900 Millionen EUR weniger Schulden gehabt, dann hätte es keine Schuldenexplosion um das Doppelte und Dreifache, sondern um das Zwanzigfache und Dreißigfache gegeben. Wenn also mit Prozentsätzen argumentiert wird und die absoluten Zahlen verschwiegen werden, dann bewirkt man damit bewusst ein falsches Bild.
Das Gleiche gilt für die 350 Millionen, die dann plötzlich immer eingestreut werden, die wir bei der Pensionsreform einsparen könnten. Ich war ja froh, dass auf Nachfrage die ehrliche Antwort gekommen ist: Es sind 30 Jahre. – Also: Im Schnitt werden es 10 Millionen. Wenn man jetzt schnell beginnt, dann werden es in den ersten 5 Jahren, wie Sie wissen, maximal 2 bis 3 Millionen. (Zwischenruf von GR Mag Dietbert Kowarik..) Hören Sie kurz noch zu! Das ist minimal im Vergleich zu dem, was uns momentan an finanziellen Mitteln fehlt. Aber dargestellt haben Sie einen Einsparungsbereich von 350 Millionen EUR im Bereich der Pensionen.
Ich verrate Ihnen etwas: Bis ins Jahr 2400 haben wir hunderte Milliarden an Einsparungen in allen Bereichen. Na und? Sagt uns das irgendetwas? – Nein, das sagt uns natürlich überhaupt nichts. (Zwischenruf von GR Mag Dietbert Kowarik.) Entschuldigung? Dazu komm ich beim nächsten Punkt!
Wir haben natürlich ein gemeinsames Budget beschlossen, aber SPÖ und GRÜNE sind nach wie vor zwei unterschiedliche Parteien. Man einigt sich, und ich stehe dazu - ich sage das ganz bewusst: Ich will mich von nichts in diesem Budget distanzieren, überhaupt nicht; das ist unser gemeinsames rot-grünes Budget. Bei manchen Sachen gelingt es, sie gemeinsam umzusetzen, bei manchen nicht so sehr. Ich weiß, ich bin hier gestanden und habe gesagt, es ist mein Ziel, beim PID zu reduzieren. Ich muss zerknirscht zur Kenntnis nehmen: Das ist mir nicht gelungen. Aber - ich sage es ganz offen - ich halte die rot-grüne Koalition in Wien mit allem, was wir im ersten Jahr geschafft haben und was wir in den kommenden Jahren schaffen werden, für viel zu wertvoll, um sie deshalb aufs Spiel zu setzen.
Es gibt einen zweiten Punkt, wo ich unglücklich bin, wo ich allerdings die Finanzierung tatsächlich in der jetzigen Situation nicht sehe. Wir haben ja in der Rede des Kollegen Eisenstein zum Teil wiedererkannt - ich habe mir gedacht, er hat meine Rede von vor drei Jahren abgeschrieben; das hat er nicht notwendig, darum geht es also nicht -, was bereits zur Frage der Bezirke diskutiert worden ist. Na selbstverständlich hätte ich gerne, dass wir als Stadt Wien in der jetzigen Situation mehr Geld zur Verfügung hätten. Und ich glaube, da würde ich dann auch bei meinem Koalitionspartner/meiner Koalitionspartnerin offene Türen einrennen: Hätten wir wirklich mehr Geld zur Verfügung - weil es endlich eine Vermögenssteuer gäbe et cetera -, na, selbstverständlich würden dann auch die Bezirke mehr Geld bekommen! (GR Mag Dietbert Kowarik: Sie lügen uns doch in den Sack, bitte!) Es ist ja nicht so, dass wir heute hier über ein Budget diskutieren, wo das Füllhorn über die Stadt Wien ausgeschüttet wurde, und aus Boshaftigkeit gibt man dem einen nichts und dem anderen nichts et cetera. So ist es doch nicht, sondern wir alle wissen, dass wir in Wirklichkeit in einer sehr engen finanziellen Situation stecken. Wir haben uns dazu verpflichtet, unter anderem den innerösterreichischen Stabilitätspakt einzuhalten. Da sage ich auch dezidiert dazu: Solange man verschuldet ist und der innerösterreichische Stabilitätspakt sagt, ja, ihr könnt bis zu einem gewissen Rahmen Schulden machen, halte ich es auch für in Ordnung, dass es so etwas gibt. Ich halte es für falsch, wenn er uns vorschreibt, Überschüsse zu machen. Das halte ich tatsächlich als Körperschaft für falsch. Aber dass wir in Wien mittelfristig auch wieder schauen - und das haben meine Vorredner und Vorrednerinnen des Öfteren gesagt -, dass wir die Schulden wieder reduzieren werden - wollen und werden -, das ist vollkommen klar.
Eine Anmerkung noch ganz allgemein zur Frage der Vermögenssteuer, Kollege Neuhuber: Gerade in den letzten beiden Jahren, im Jahr 2008, Anfang 2009, stimmt es – zumindest wenn man dem Vermögensreport von Valluga et cetera glaubt -, dass den Reichen und Superreichen das Vermögen etwas geschrumpft ist. Aber wenn man die aktuellen Reportzahlen liest, dann erkennt man, dass selbst in der Krisenzeit der Reichtum zu den Reichen und Superreichen zurückgekehrt ist.
Und jetzt zu Ihrem Beispiel, wo Sie sagen: Was macht jemand, der möglicherweise sogar 2 Millionen, 3 Millionen EUR hat, die in Grund und Boden geparkt sind, wie zahlt der möglicherweise dann 20 000 bis 30 000 EUR im Jahr? - Ich sage es Ihnen ganz ehrlich, der tut mir echt leid. Bei allem, was mir der echt leid tut, tun mir aber diejenigen noch ein bisserl mehr leid, die sich eine Eigentumswohnung gekauft haben, einen Kredit haben und arbeitslos werden, die auf Grund dessen, dass sie arbeitslos geworden sind, sofort oder nach einer gewissen Zeit möglicherweise ihr Haus aufgeben müssen, ihr kleines Einfamilienhaus, das sie sich ersparen wollten durch Arbeiten, wirklich durch Arbeiten. Das sind die, die zur Kassa gebeten werden, solange man die da oben in Ruhe lässt. Das ist das Problem!
Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Wenn jemand ein Grundstück hat, das 3 Millionen EUR wert ist, und sich
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