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Gemeinderat, 16. Sitzung vom 23.11.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 72

 

uns diesbezüglich nicht auf einen gemeinsamen Antrag einigen. Es wird dann anschließend von der SPÖ ein fast wortgleicher Antrag eingebracht werden. Ich will jetzt nicht Ricola hier spielen, sondern mir ist wichtig, dass die Koppelung der Vergabe öffentlicher Aufträge an Lehrlings- und Berufsausbildungsmaßnahmen umgesetzt wird. Da wir uns leider nicht auf einen gemeinsamen Antrag einigen konnten, was ich wirklich zutiefst bedaure, beantragen wir in formeller Hinsicht die sofortige Abstimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich glaube, Herr Kollege Vettermann hat es vorher gesagt, dass im Bildungsvolksbegehren das Thema Berufsausbildung Lehre ein bisschen knapp vorgekommen ist. Dem schließe ich mich vollinhaltlich an. Dazu gibt es auch ein Thema, nämlich dass wir immer von einer hohen Akademikerquote sprechen und dabei vergessen, dass wir nicht nur Akademiker brauchen, sondern auch gute Fachkräfte. Viele Leute denken, dass ihr Kind unbedingt maturieren und Akademiker werden muss, weil es Facharbeiter zu nichts bringen. – Das ist aber nicht richtig, das kann man jederzeit widerlegen. Die Zahlen sprechen für sich: Mehr als 50 Prozent aller Führungskräfte in der österreichischen Wirtschaft haben einen Lehrabschluss und keinen akademischen Abschluss!

 

Um das Bewusstsein, dass Lehre nicht etwas Zweitklassiges ist, zu stärken, wäre es wirklich schön, wenn sich die Stadt Wien dazu durchringen könnte, sich als Austragungsort für die Veranstaltung der Euro Skills zu bewerben, also für die Berufseuropameisterschaften, die alle zwei Jahre stattfinden. Bei dieser Veranstaltung können sich jungen Menschen hinsichtlich dessen, was sie in der Lehre gelernt haben und tagtäglich im Beruf umsetzen, in einem internationalen Wettbewerb ähnlich wie im Sport aneinander messen. Das ist eine tolle Veranstaltung mit riesigem Publikumsandrang! Das wäre auch ein Impuls für den Tourismusstandort in Wien, denn zu dieser Euro Skills kommen ja nicht nur die jungen Facharbeiter, sondern es kommt ein großer Betreuerstab mit, und das wäre auch eine Möglichkeit, das Thema Lehre breit zu positionieren und positiv zu besetzen. Daher stellen wir heute abermals den Beschlussantrag:

 

„Der Wiener Gemeinderat spricht sich für Wien als Veranstaltungs- und Ausrichtungsort der „Euro Skills“ aus und wird alle dafür erforderlichen Schritte in die Wege leiten.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung des Antrags an den Ausschuss der Geschäftsgruppe für Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke beantragt.“ (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und den zusätzlichen Containerklassen stimmen wir nicht zu. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zum Wort gemeldet ist nunmehr Frau GRin Wurzer. Ich erteile ihr das Wort.

 

11.54.19

GRin Mag Martina Wurzer (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Damen und Herren!

 

Ich finde es gut, Frau Kollegin Leeb, dass Sie nicht hauptsächlich zum Thema Mobilklassen gesprochen haben, denn das wäre tatsächlich eine ordentliche Themenverfehlung, wenn es um Bildung geht. Ich nehme das jetzt einmal so zur Kenntnis, dass Sie über Bildung sprechen wollten und den Akt als Anlass genommen haben und die Mobilklassen so wie wir natürlich auch nicht für das Nonplusultra halten. Diesbezüglich sind wir uns völlig einig.

 

Aber wir wissen auch: Wir brauchen die Mobilklassen für die Zurverfügungstellung der nötigen Plätze. Leider sind sie häufig – und das spricht auch nicht für manche Schulen – immer noch besser als die bestehenden Schulgebäude, die oft Kasernen eher ähneln als weltoffenen, sozusagen offenen, lichten und hellen Räumen, wie wir sie uns für ein gutes Lernen in der Schule wünschen würden. – So viel zu den Mobilklassen.

 

Ich möchte im Hinblick darauf auch noch anmerken, dass Ihr Handeln beziehungsweise Ihr Abstimmungsverhalten mir nicht immer ganz einsichtig ist: Sie stimmen nämlich auch beim Bildungscampus und bei vielen Neubauten und neuen Schulen nicht zu, die wir mit viel Ambition, mit viel Engagement und vielen ambitionierten Konzepten bauen. Ich kenne mich also noch nicht ganz genau aus, wie Ihre Vorschläge in diese Richtung sind, aber auch darüber können wir uns in Zukunft gerne intensiver austauschen! Sie stimmen weder den Schulneubauten und Campusmodellen noch der neu zu bauenden Berufsschule zu. Gleichzeitig stimmen Sie auch den Mobilklassen nicht zu. Wir müssen also noch herausfinden, wie wir uns diesbezüglich gemeinsam auf einen guten Weg machen!

 

Ja. Wir stehen absolut für moderne Architektur, die sich an ambitionierten, reformpädagogischen Konzepten und Ansprüchen orientiert, die endlich von diesen dunklen kasernenartigen Schulbauten abgehen, in denen weder SchülerInnen gerne lernen noch LehrerInnen gerne unterrichten und ihre Zeit verbringen wollen.

 

Dafür, glaube ich, müssen wir dringend den Unterricht völlig neu denken. Selbst das Wort Unterricht wird in vielen Fachkreisen jetzt immer wieder in Frage gestellt und diskutiert: Das ist nichts Lustiges. (GR Mag Wolfgang Jung: Das ist wirklich komisch!)

 

Wir müssen darüber nachdenken, wie wir diese starre Situation des Frontalunterrichts ändern können, wie wir mit reformpädagogischen und ambitionierten Konzepten diese starre Form des Unterrichtens auflösen können, bei der nur eine Person vorne steht und vorträgt und die anderen in der Klasse sitzen und zuhören und vor allem schweigen müssen. (GR Mag Wolfgang Jung: Sie können doch nicht wirklich glauben, Fakten ändern zu können!)

 

Genau darum geht es: Es geht darum, alte Klassenzimmerstrukturen aufzuheben, neuen reformpädagogischen Konzepten an den Schulen Raum zu geben, und genau darum werden wir uns in nächster Zukunft auch bemühen. Ich freue mich sehr, dass Sie – so wie Sie heute mehrmals beteuert haben – mit an Bord und bereit sind, diesen rot-grünen Weg mitzutragen. – Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zum Wort

 

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