Gemeinderat, 16. Sitzung vom 23.11.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 72
ein gewisses Grundniveau vorhanden ist.
Diese neuen, wirren psychologischen Studien würden mich schon interessieren! Es ist nämlich in der Pädagogik evident, dass man, wenn man eine Sprache gut kann, eine zweite dementsprechend gut übersetzen kann, dass man aber, wenn man zwei oder drei Sprachen nicht kann, in einer schwierigen Situation ist. Und daran wird sich auch nichts ändern. Das heißt, wenn Sie das jetzt einfach behaupten, dann ist mir das zu wenig! Ich kenne ganz andere Studien, und ich kenne vor allem auch die Praxis, und diese zeigt: Wenn jemand in einer Sprache gut ausgebildet ist, dann kann er auch eine zweite Sprache oder auch zwei oder drei Sprachen gut lernen. Wenn man das in einem günstigen Zeitfenster mit drei oder vier Jahren lernt, dann fällt es leicht, noch mehr Sprachen dazuzulernen. Das sollten auch Sie dementsprechend zur Kenntnis nehmen.
Zu den Ganztagsschulen: Sie haben gesagt, dass die Eltern gar nicht verstehen, was der Unterschied zwischen Nachmittagsbetreuung und Ganztagsschulen ist. – Da irren Sie sich auch vollkommen! Wir haben sehr viele Anmeldungen gerade und ganz bewusst für Ganztagsschulen. Wir haben sogar teilweise mehr Anmeldungen als Plätze, und die Eltern wollen genau dieses verschränkte Modell. Es handelt sich hier nicht um Unwissen, sondern es gibt einen ganz bewussten Run auf diese Schulen. Das wollen auch wiederum nicht alle, aber es ist mehr nachgefragt, als wir im Moment anbieten können.
Im Hinblick darauf muss ich sagen: Die Eltern haben das genau verstanden, und es ist ja auch ein gutes Modell, weil es auf die Schülerinnen und Schüler Rücksicht nimmt, weil man dabei nicht hintereinander vier oder sechs bis sieben Stunden lernt – was schwierig und auch durch Pausen nicht abmilderbar ist – und dann nur mehr Aufgaben macht und spielt. Diese Art der Aufteilung ist, wenn man fragt, wie man am besten lernt, absolut nicht günstig. Günstiger ist es, nach zwei Stunden Lernen Spiel und Bewegung zu machen und dann wieder zu lernen. Das geht aber nur, wenn die Kinder den ganzen Tag in der Schule sind, anders ist diese Organisation nicht durchführbar. Viele Eltern haben das begriffen, wollen den Kindern diese Chance geben und melden sie daher an.
Dass Sie das ablehnen, hat Ihrerseits mit Ideologie zu tun! Es ist in keiner Weise gesagt, dass das ein Elternwunsch ist. Sie wollen das nicht, wobei ich nicht weiß, aus welchen Gründen, denn selbst da kann man ein differenziertes Schulsystem haben, wenn man es ganztätig durchführt. Sie aber sind sozusagen sicherheitshalber gleich einmal dagegen.
Noch etwas wollte ich aufgreifen: Sie Sprechen von Hilfskräften, die die Lehrer ersetzen. Wenn man sich anschaut, welche Kurse es gibt, dann kann man sagen: Diese Personen werden sich schön bedanken, wenn man von ihnen als Hilfskräfte spricht! Das sind ausgebildete SportlerInnen, MusikerInnen, das sind teilweise Biologen oder Historiker, die Geschichtsprojekte leiten. Solche Menschen werden von Ihnen als Hilfskräfte tituliert! Ich bitte daher, dass man das nicht einfach so wegwischt, denn die Möglichkeit, dass solche Menschen in der Schule das eine oder andere Projekt leiten und teilweise am Nachmittag in der Betreuung eingesetzt werden, ist eigentlich ein Fortschritt und durchmischt und belebt die Schulen!
Zu Kollegen Aigner möchte ich sagen, dass es mich freut, dass er ein schönes Feedback bekommen hat! Das ist okay. Bei manchen Dingen kennen Sie sich aber einfach nicht aus, und daher sollten Sie, wie ich meine, solche Vergleiche lassen! Ansonsten haben Sie sich in der Argumentationslinie eigentlich FPÖ-affin beziehungsweise -ident gezeigt, und daher gilt vieles, was ich jetzt gesagt habe, auch für ihre Ausführungen.
Bei der klassenlosen Gesellschaft und der Zweiklassengesellschaft kennen Sie sich aber echt nicht ganz aus, und daher bitte ich, auch diese Vergleiche zu lassen! Das ist einfach nicht Ihres. Es geht nämlich darum, dass man den Schülerinnen und Schülern entsprechend gleiche Chancen bietet, diese jeweils nach ihren beziehungsweise seinen Begabungen fördert und deswegen eine individuelle Förderung in kleineren Verbänden gerade in den Hauptfächern durchführt. Dass die individuelle Förderung also dem alten DDR-System entsprechen soll, ist faktisch falsch, und es ist mir unerklärlich, wie Sie darauf kommen! Das passt einfach nicht!
Apropos: Ein schönes Beispiel für Ihr objektives Herangehen war auch, als sie gesagt haben, Eintopfschule beziehungsweise sozialistische Eintopfschule beziehungsweise DDR-Modell. Das hat gezeigt, dass Sie nur überlegt haben, was Sie noch alles hineinpacken können, um die Eltern endgültig zu verschrecken.
Dabei ist eine gewisse Urangst herausgekommen, die auf, ich weiß nicht, was begründet ist. Dass man nämlich mit individueller Förderung und entsprechendem Heranführen etwas erreichen kann, werden Sie in Ihrem Schulalltag doch auch schon einmal erlebt haben! Aber vielleicht gelingt es ja, das einmal in einer Art innerem Prozess auszuräumen. Ich würde es Ihnen wünschen! Dann könnten Sie vermutlich offener und freier mit unseren Reformideen umgehen.
Nach diesem persönlichen Wunsch komme ich jetzt wieder zurück zum Antrag und sage, gerade dieser Antrag zeigt, dass wir auch entsprechend handeln und die notwendigen Schritte setzen; in diesem einen Fall ist es eben die Aufstellung von Containern. Auch diese Handlung ist notwendig, um das Schulsystem und das Bildungssystem in Wien stabil zu halten, und das ist unter anderem mit diesem heutigen Akt gewährleistet. – Vielen Dank.
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag Kasal. – Bitte schön.
GR Mag Günter Kasal (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Wir erleben hier eine Bildungsdebatte, die sehr emotionsgeladen ist. Sie ist aber nicht unbedingt lösungsorientiert, und da helfen die polarisierenden
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