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Gemeinderat, 32. Sitzung vom 14.12.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 74 von 133

 

schüsse an Bedürftige Sie in der Stadt Wien auszahlen könnten, meine Damen und Herren? Wenn Sie diese Spekulationsverluste nicht eingefahren hätten, könnten sie 40 000 Heizkostenzuschüsse auszahlen, meine Damen und Herren. 40 000 Heizkostenzuschüsse könnten Sie auszahlen, wenn Sie sich nicht verspekuliert hätten. Und ich fordere Sie daher auf, meine Damen und Herren, hören Sie auf, das alles kleinzureden, denn das sind ja nur die Verluste, die offiziell bekannt geworden sind, die das Kontrollamt hier an den Tag befördert hat. Wir wissen ja überhaupt nicht, welche Verluste in Wien Sie noch versteckt haben vor uns. Hören Sie auf, hier den Unschuldigen zu spielen. Sie stecken bis über beide Ohren im Salzburger Sumpf, meine Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall bei der FPÖ. – GR Prof Harry Kopietz: Thema verfehlt!)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Rechnungshofpräsident Dr Moser. Ich bitte ihn, das Wort zu ergreifen und wieder zum Thema zurückzukehren.

 

16.25.00

Präsident des Rechnungshofes Dr Josef Moser|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender des Gemeinderates! Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Mitglieder der Regierung! Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Hoher Gemeinderat!

 

Ich möchte mich einleitend bei Ihnen allen herzlich bedanken für die ausgezeichnete Zusammenarbeit, die auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass Sie die heutige Debatte verlängert haben, damit also die Debatte der Rechnungshofberichte nicht in zwei Teilen abgeführt werden muss. Ich möchte mich bei Ihnen auch dafür bedanken, dass Sie immer wieder die Leistungen des Rechnungshofes anerkennen. Gleichzeitig möchte ich auch kurz erwähnen – weil das Herr GR Margulies kurz erwähnt hat –, was die Aufgabe des Rechnungshofes ist:

 

Herr Gemeinderat, ich stimme Ihnen vollkommen zu. Die Aufgabe des Rechnungshofes ist es, mit Zahlen und Fakten zu sprechen. Das heißt, sich nur auf Zahlen und Fakten zu beziehen. Aufgabe der Rechnungshofkontrolle ist es, keine Ziele vorzugeben, sehr wohl aber den Weg zum Ziel näher zu beleuchten und aufzuzeigen, ob der Weg zum Ziel sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig ist. Sie werden auch sehen, dass ich auch heute nur zu jenen Punkten Stellung nehme, die tatsächlich aus den Rechnungshofberichten hervorgehen: Das heißt, woran wir uns, sprich, die Kontrolle, zu halten hat, ist, dass sie nur das wiedergibt, was sie kontrolliert hat, und sich nicht auf tagespolitische Diskussionen einlässt.

 

Ich möchte Ihnen allen noch einmal sehr herzlich danken und werde die Wertschätzung, die Sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch Ihre Debattenbeiträge zum Ausdruck gebracht haben, sehr gerne weitergeben. Weil ich darauf hinweisen möchte, dass gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch ihr Engagement, durch ihre Freude an der Arbeit und durch die Qualität ihrer Leistung es ermöglichen, Ihnen die Informationen zu geben, die Sie benötigen, um Ihre Kontrollhoheit auch tatsächlich in vollem Ausmaß wahrnehmen zu können.

 

Es ist für mich auch eine besondere Freude, dass Sie, sehr geehrter Herr Vorsitzender des Gemeinderates, meinen Gast und hochgeschätzten Kollegen, den ehemaligen Staatscontroller und Ombudsmann von Israel, Richter Lindenstrauss, so herzlich – Sie alle – im Rathaus empfangen und begrüßt haben. Es ist für mich deshalb besonders erfreulich, weil sich in den letzten Jahren zwischen dem israelischen Rechnungshof und dem österreichischen Rechnungshof eine ganz besondere Beziehung herausgebildet hat, die maßgeblich in der Person von Richter Lindenstrauss begründet ist. Und auch die Verleihung des Großen Goldenen Ehrenzeichen am Bande für die Verdienste um die Republik Österreich ist ein sichtbares Zeichen für die Wertschätzung, die Kontrolle in Österreich, aber auch der österreichische Rechnungshof im Ausland genießen.

 

Die hohe Reputation des Rechnungshofes, die sich auch im Rahmen dieser Debatte widergespiegelt hat, hat auch zu Kompetenzerweiterungen geführt, und dadurch auch zu Vertrauen, das Sie dem Rechnungshof entgegenbringen. Ich möchte kurz erwähnen, dass seit dem 1.1.2011 nunmehr die Möglichkeit besteht, Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern zu prüfen. Mehr als ein Drittel dieser Gemeinden haben wir bereits geprüft, und hier ist aus einer ursprünglichen Konfrontationshaltung eine Partnerschaft entstanden, die auch zu einem gemeinsamen Monitoringpool geführt hat, das dazu dient, die finanzielle Situation von Gemeinden besser beleuchten zu können.

 

Es hat dazu geführt, dass die Gutachterrolle des Rechnungshofes im Stabilitätspakt 2011 und 2012 ausgeweitet worden ist. Wir haben auch neue Aufgaben bekommen, in Zusammenhang mit dem Medientransparenzgesetz und mit dem Parteiengesetz. Und zudem haben die Prüferinnen und Prüfer des Rechnungshofes in Zukunft auch neue Herausforderungen zu bewältigen, im Rahmen der Wirkungsorientierung, der Gleichstellung der Geschlechter, der verstärkten Berücksichtigung der Aspekte der Haushaltsreform und auch der Korruptionsprävention.

 

Diese Kompetenzerweiterung beziehungsweise zusätzliche Aufgaben erfordern auch, dass dem Rechnungshof die nötigen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Denn nicht zuletzt ergeben sich auch im Zuge der Neuordnung der wirtschafts-, fiskal- und finanzpolitischen Architektur Europas neue Herausforderungen für die Kontrolle, und insbesondere auch für Sie alle, das heißt, für alle gesetzgebenden Körperschaften. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben sich im Zuge der seit dem Jahr 2008 währenden Wirtschafts- und Finanzkrise über ein Maßnahmenbündel zur Verbesserung der wirtschafts- und fiskalpolitischen Steuerung verständigt. Die neuen Instrumente vom „Europäischen Semester“ – dem Euro-Plus-Pakt, dem Six-Pack, der Fiskalrichtlinie, der Weiterentwicklung des Two-Packs – sehen neue Steuerungs- und Überwachungsmaßnahmen auf EU-Ebene vor. Damit werden Kompetenzen - ein gesamtes Aufgabenbündel - deren Vollziehung bisher in den Verantwortungsbereichen der Mitgliedsstaaten wahrzunehmen war – zum Beispiel bei der Aufstellung der nationalen Haushaltspläne, bei aus

 

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