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Gemeinderat, 34. Sitzung vom 01.03.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 83

 

Ich verstehe es nämlich nicht, dass man hier die Möglichkeit und das Instrument der direkten Demokratie - etwas, wo ich mir denke, das ist allen Fraktionen ganz, ganz entscheidend wichtig - derart für eine Frage missbraucht, die man viel besser hätte lösen können. Uns als ÖVP, und das sei hier eindeutig und klar definiert, ist die Bürgerbefragung die beste Form der Bürgermitbestimmung!

 

Ich hoffe, dass die Frau Stadträtin hier in Zukunft umdenkt, denn das Türschild, das sie sich als Stadträtin für Bürgerbeteiligung gegeben hat, wird in Zukunft offenbar abmontiert oder auch umgeschrieben werden: Eine Geschäftsgruppe für Verkehrschaos und Bürgerpflanz. Ich glaube, die Menschen haben es jetzt satt, hier klar und deutlich in einer Art und Weise mit Fragen konfrontiert zu werden, wo Sie nicht den Kern ihres Problems adressieren, nämlich mit der Frage „Parkraumbewirtschaftung durch Parkpickerl Ja oder Nein. Stattdessen stellen Sie Fragen mit a) und b), die selbst, wenn man sie genau liest, keinen Aufschluss geben, was dann wirklich gemacht werden wird.

 

Und die Frage, die sich nämlich noch weiter stellt, ist: Wenn dann die Stadtverfassung zur Anwendung kommt und man meint, es sei ein zentralistisches Modell – angenommen, die Bürger würden für a) stimmen, ein zentralistisches Modell -, was würde das bedeuten, Herr Bürgermeister, für die Auslegung der Stadtverfassung? Heißt das dann, dass über die Bezirke drübergefahren werden kann oder doch nicht? In welcher Art und Weise gehen wir hier miteinander um? Und wenn es offenbar nicht der Fall ist, dann frage ich mich: Warum stellen wir die Frage? Oder umgekehrt formuliert: Ist das eigentlich eine juristisch zulässige Frage, wenn wir hier den Bürgerinnen und Bürgern eine Frage stellen, die ja gar nicht umsetzbar ist, weil die Verfassung dagegen steht? So absurd ist diese Bürgerbefragung, die jetzt in den nächsten Tagen zur Abstimmung gelangt! Ich glaube, es ist eine Sache, wo direkte Demokratie ad absurdum geführt wird und damit auch in einer Art und Weise ein negatives Licht bekommt, das hier abzulehnen ist.

 

Ich möchte hier gemeinsam mit meinen Kollegen Fritz Aichinger und Bernhard Dworak einen Antrag einbringen, der nämlich genau in dieses direkt-demokratische Element einsetzt und hier noch einmal klar zur Entscheidung bringt, ob die Einführung des Parkpickerls in den Bezirken 12, 14, 15 und 16 wirklich auch Bestand haben soll, ob eine Befragung in diesem Bereich hier gefordert wird, um einfach das Parkpickerl in diesem Bereich abzufragen, ob die Menschen zufrieden sind, und ob hier auch eventuell eine andere Maßnahme ergriffen werden soll. In formeller Hinsicht beantragen wird hier die sofortige Abstimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Denn eines ist hier auch klar und deutlich zu sagen und anzumerken, dass wir in einer Weise hier mit der Parkraumbewirtschaftung umgehen, die die Menschen in ihrer täglichen Mobilität derart einschränkt, dass nicht einmal mehr die Pflege von Familienbeziehungen möglich ist, weil ja in den Außenbezirken, im Gegensatz zu den Innenbezirken, ja keine Parkplatzmöglichkeiten durch Parkgaragen in der Nähe zur Verfügung stehen. Man muss sich ja das Problem wirklich vor Augen führen, warum es absurd ist, in den Außenbezirken ein Parkpickerl einzuführen. Habe ich innerhalb des Gürtels in relativ guter Nähe in den meisten Fällen noch eine Parkgarage, wo ich ausweichen kann und wo ich die Parkzeit dann beliebig steuern kann, ist das in den Außenbezirken nicht gegeben. Da ist die Infrastruktur einfach nicht gegeben. Die öffentlichen Verkehrsmittel haben wir oft und auch in konsensualer Form diskutiert, dass sie in den Außenbezirken nicht so vorhanden sind. Und das ist der Grund, warum das Parkpickerl etwas ist, was die Menschen hier zu Recht aufregt und warum sie dieses Parkpickerl als Eingriff in ihre Privatsphäre ablehnen. Sie werden dieses Problem auch durch diese Bürgerbefragung nicht los werden, auch wenn Sie es mit weiteren Fragen garnieren! Sie werden hier vor dem Trümmerhaufen Ihrer Verkehrspolitik stehen, sehr geehrte Damen und Herren!

 

Einen weiteren Beweis, wie mit „demokratischer Reife“ umgegangen wird, möchte ich hier noch mit einem Antrag einbringen, nämlich zur Frage Mariahilfer Straße.

 

Auch hier zieht die Politik eine breite Schneise an verkehrspolitischer und direktdemokratischer Verwirrung quer durch die Bezirke. Man verwendet das bekannte Szenario: Erst wird ein Projekt von der zuständigen Stadträtin mehr oder weniger gut präsentiert, dann gibt es einen breiten Bürgerunmut, den man versucht, irgendwie durch Moderationen in den Griff zu bekommen, dann gibt es nur mehr Chaos in der Bürgermitbestimmung und am Ende gibt es irgendwelche Alibiabfragen, die man dann offenbar grätzelweise vornimmt, wo man sich vorher arithmetisch überlegt, wo man da Mehrheiten in welcher Form zusammenbringen könnte, also nur mehr taktische Überlegungen. Und letztendlich kommt es dann auch zu einer Spaltung des Koalitionspartners SPÖ, wie man in diesem Fall gesehen hat und auch live im Fernsehen verfolgen konnte, sehr geehrte Damen und Herren!

 

Wir werden deshalb hier auch einen Antrag einbringen, gemeinsam mache ich das mit den Kollegen Fritz Aichinger und Bernhard Dworak, betreffend Bürgerbefragung über die Neugestaltung der Mariahilfer Straße. Auch da wünschen wir uns mehr und echte direkte Demokratie. Der Beschlusstext lautet:

 

„Der Wiener Gemeinderat spricht sich dafür aus, die gesamte geplante Neugestaltung der Mariahilfer Straße beziehungsweise die Einrichtung der Fußgeherzone samt der damit verbundenen verkehrstechnischen Maßnahmen einer grundlegenden Ja/Nein-Befragung aller Bewohnerinnen und Bewohner der Bezirke Mariahilf und Neubau zu unterziehen.

 

In formeller Hinsicht verlangen wir hier die sofortige Abstimmung.“ (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es ist an der Zeit, sich Gedanken zu machen, dass der Bürger nicht irgendein taktisches Element ist, sondern die Grundlage dieses Hauses und unseres Wirkens hier als Mandatare. Die Bürger haben das letzte Wort. Und ob es einem gefällt oder nicht und ob eine Frage in irgendeiner Art und Weise dann als zulässig erklärt wird oder nicht, wenn die Bürger eine Meinung äußern, dann

 

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