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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 04.04.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 74 von 85

 

Was für ein historischer Fehler, dass wir diesen Zugang nicht aufgreifen! – Ich glaube, es geht Ihnen so! (Ironische Heiterkeit bei GR Mag Günter Kasal.) Hören Sie auf die Stimme, die Ihnen sagt: Pauschalisierung bringt gar nichts! – Das ist ganz wichtig.

 

Zweiter Punkt: Es gibt natürlich in der Gesellschaft Menschen, die sich verletzt fühlen, wenn man ihnen mit Begriffen begegnet, die sie nicht hören wollen. Die gibt es. Ich mag nicht als „Tschusch“ bezeichnet werden. Ich mag nicht als „Kanake“ bezeichnet werden. Ich mag auch nicht als „Kümmeltürk’“ bezeichnet werden. Und ich mag etliche Sachen nicht, die vielleicht, historisch gesehen, in einer Gesellschaft keinen Fehler dargestellt haben. Die Entwicklung hat es aber mit sich gebracht, dass man Rücksicht darauf nehmen muss, dass es Menschen gibt, die sich dadurch gestört fühlen.

 

Wenn ich mit Jugendlichen rede, die Österreicher als „Schwabo“ – „Schwabo“, die Blondhaarigen – bezeichnen, dann sage ich auch, dass das ein Fehler ist. Was ist nämlich der Grund dahinter? – Möglicherweise ist das ein Abwehrmechanismus, weil die Menschen nicht das Gefühl haben, sich dort zu finden, wo sie sich finden wollen. Das heißt: Wenn ein Jugendlicher sagt, dass er sich dadurch entlastet fühlt und seine Last abgibt, wenn er jemanden als „Schwabo“ bezeichnet, oder damit absichtlich weh tun möchte, dann sind das falsche Motive, die wir in unserer Gesellschaft und in unserer Mitte nicht dulden dürfen.

 

Damit wir aber gemeinsam zu einer besseren Gesellschaft kommen können, brauchen wir gemeinsame Anstrengung, und Sie scheren immer von dieser gemeinsamen Anstrengung aus und betreiben eine Linie, gemäß welcher Sie die Ausländer zum Sündenbock erklären. Sie sprechen immer von den Ausländern und darauf folgen immer Unterstellungen von Kriminalität und so weiter und so fort. Merken Sie sich: Die Wiener Gesellschaft besteht mittlerweile zu 50 Prozent aus Menschen mit Migrationshintergrund. Und Sie müssen anerkennen, dass sich diese Gesellschaft verändert, Herr Jung!

 

Die wirklichen Probleme, vor denen wir stehen – und das habe ich einmal auch zu erklären versucht –, sind mir wieder bewusst geworden, als ich mich am Wochenende mit einer Familie unterhalten habe. Die Mutter ist Polin, der Vater ist Kurde, das Kind ist sieben oder acht Jahre alt und geht in die Schule. Der Bub sagt, dass er folgendes Problem hat: Die muslimisch gläubigen Kinder – manche, nicht alle – sagen zu ihm: Du gehörst nicht zu uns, weil du Gummibären isst, und in den Gummibären ist Schweinefleisch!

 

Dann kommen die sogenannten Einheimischen zu ihm und sagen: Du gehörst nicht zu uns, weil du einen kurdischen Vater, der kein Österreicher ist, und eine polnische Mutter hast. – Wir haben etliche solche Kinder in unseren Schulen und Kindergärten. Und wenn wir die Gesellschaft zusammenschweißen wollen, dann müssen wir auf allen Ebenen bei unseren Kindern ansetzen und sagen: Die Vielfalt unserer Gesellschaft macht uns aus, und wir müssen die Gesellschaft mit dieser Vielfalt tragen. – Aber Sie gehen mit der Gesellschaft nicht mit, Sie gehen nicht mit der modernen Politik mit! Sie sehen nicht, wie sich die Gesellschaft durchmischt, wie wir immer näher zusammenrücken und welche Vorteile beziehungsweise Nachteile daraus resultieren.

 

Ich rate Ihnen in Freundschaft, wie ich jetzt einmal sagen möchte: Ziehen Sie diese Entwicklungen in Betracht! Nehmen Sie kein einziges Mal das Wort Rassismus beziehungsweise kein einziges Wort in verurteilendem Sinn in den Mund! Stellen sie sich hierher und sagen Sie: Ja, in Österreich gibt es Rassismen, aber die gehören abgelehnt!

 

ich bin nicht der Auffassung, die Österreicher haben eine Nazi-Seele. Das sage ich nicht. Das wäre ja Blödsinn! Das widerspricht meiner Grundeinstellung, die ich hier präsentiere. Aber es gibt in Österreich rechtsradikale Elemente, es gibt in Österreich rassistische Entgleisungen und rassistische Programme, und diese sind immer wieder in der Nähe Ihrer Partei. Überlegen Sie sich, wie Sie von dieser Last wegkommen! Das wird Ihnen gut tun und nicht schaden! – Danke fürs Zuhören. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, darf ich noch auf die Rede des Kollegen 16.40.10Klaus Werner-Lobo eingehen: Nach Rücksprache mit dem Ersten Vorsitzenden werde ich Ihnen, Herr Kollege, für die Bezeichnung eines Kollegen dieses Gemeinderates als „Rassist“ einen Ordnungsruf erteilen, und ich bitte Sie, den Respekt, den Sie zu Recht in diesem Haus einfordern, auch selber an den Tag zu legen.

 

Als nächster Redner zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Jung. Sie haben noch 2 Minuten 12.

 

16.43.10

GR Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Ich kann es kurz machen. Zunächst einmal zum „Owezara“, der als Folge von ZARA passiert ist. Sie, Herr Kollege Akkilic, haben mich aber vorher genau mit den Worten „Rassist“ und „Faschist“ und mit Kollektivbeschimpfungen gereizt, und da wurde kein Ordnungsruf ausgesprochen. „Owezara“ ist anscheinend schlimmer als „Rassist“ oder „Faschist!“ (Zwischenruf von GR Senol Akkilic.) - Ich gehe weiter, die Zeit habe ich jetzt nicht!

 

Ich höre nicht, so wie Sie, Stimmen von oben oder von irgendwo, die mir etwas einflüstern, sondern ich höre auf die Leute. Und als ich gestern Abend heimgekommen bin, habe ich eine Mail vorgefunden und dann mit dem Herrn telefoniert, einem gewissen Hassan G, den Familiennamen werde ich jetzt, um ihm keinen Schaden zu machen, nicht nennen.

 

Er hat gesagt: Ich habe mich vor drei Jahren an Sie gewandt, weil alle Parteien in Wien mich mit meiner Familie in Stich gelassen haben. – Er war damals seit acht Jahren österreichischer Staatsbürger, und man hat ihn sehr unfair behandelt, und ich habe ihm zu seinem Recht verholfen.

 

Ich hatte das schon vergessen, aber er hat gestern wieder mit mir telefoniert und hat gesagt: Ja. Sie und die Freiheitlichen waren die Einzigen, die sich um mich gekümmert haben. Und er hat sich wieder mit einem – meiner Meinung nach richtigen – Anliegen an mich gewandt, und ich werde mein Bestes tun, um ihm zu helfen.

 

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