«  1  »

 

Gemeinderat, 36. Sitzung vom 24.04.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 29

 

zuholen sind, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.) Wir verlangen in formeller Hinsicht natürlich die sofortige Abstimmung.

 

Ich sage: Werte Genossen, geben Sie das Eigentum der Bürger in dieser Stadt endlich an die Bürger zurück! Machen Sie die ganzen Privatisierungen rückgängig, machen Sie die Privatisierungen endlich rückgängig! Man hat ja oft den Eindruck, die SPÖ betrachtet sich als Eigentümer der Stadt Wien und des Familiensilbers der Stadt Wien. Das kann es ja wohl nicht sein. Der Herr Häupl ist kein Feudalherr, auch wenn er es vielleicht glaubt. Er ist es nicht.

 

Wir werden auch die Throne dieses Feudalherrn noch stürzen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.) Dafür werden wir sorgen, weil wir Freiheitliche sind die Heimatpartei (Heiterkeit bei GR Mag Rüdiger Maresch.) und wir sind nicht nur verpflichtet, sondern auch vom Bürger aufgerufen und beauftragt, die Heimatrechte und auch das Eigentum der Bürger in Zukunft sicherzustellen und alles aus den Fängen der SPÖ wieder herauszureißen und an die Bürger dieser Stadt zurückzugeben! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Für die nun folgenden Wortmeldungen möchte ich bemerken, dass die Redezeit für die erste Runde nach der Begründung des Verlangens 30 Minuten beträgt. Die Redezeit jedes weiteren Redners ist mit 15 Minuten begrenzt. Als nächster Redner hat sich Herr GR Mag Neuhuber zum Wort gemeldet und ich erteile es ihm.

 

9.31.20

GR Mag Alexander Neuhuber (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien)|: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Es ist gar nicht leicht, nach dieser Kaskade von Vorwürfen jetzt wieder zur Sachlichkeit zurückzukommen. Ich habe eigentlich auf Grund des Titels gehofft, dass wir uns heute vernünftig und sachlich über ein interessantes Thema, nämlich Privatisierungen, unterhalten könnten und ich werde dann auch versuchen, es wieder ein bisschen darauf zurückzuführen. Was heute schon wirklich fast einmalig ist an dieser Debatte, Kollege Gudenus, und das habe ich noch selten in diesem Haus erlebt, ist diese Einigkeit zwischen Links, Links außen und Rechts. Sie wissen, wer in Deutschland der große Betreiber der Debatte ist, Rekommunalisieren statt Privatisieren? Die Linke. Bitte nachlesen, etwa die Bundestagsfraktion der Linken und deren Forderungen. Das deckt sich ziemlich genau mit dem, was Sie heute gesagt haben. Also das wundert mich ein wenig. Wir sind uns allerdings, das möchte ich natürlich auch gleich dazusagen, in der Diagnose einig. Es läuft unfassbar viel schief bei den Ausgliederungen, bei den Unternehmungen, bei den Fonds, bei den Stiftungen, bei den Betrieben der Stadt Wien. Es handelt sich um Quasi-Privatisierungen, um Scheinprivatisierung, und ich möchte eine neue Wortschöpfung machen, um eine oligopolartige Privatisierung, weil nur einige wenige aus dem Dunstkreis aus der SPÖ, Günstlinge, Höflinge, von diesen Quasi-Privatisierungen - siehe die ganzen Vereine und Aufsichtsräte, wir brauchen uns nur die Strukturen anzuschauen - profitieren. Aber das heißt nicht, und deshalb sind wir so in der Behandlungsmethode mit Ihnen nicht eins, dass Privatisierung per se etwas Schlechtes ist, ganz im Gegenteil. (Beifall bei der ÖVP.) Wenn wir es wirklich privatisieren würden, dann hätten diese Missstände ein Ende. Das heißt, leider können wir Ihnen auch bei Ihren Anträgen heute nicht folgen, weil wir glauben, dass es sogar kontraproduktiv wäre und à la longue zu einer Verschlimmerung der Situation führen würde, wenn wir alle diese Betriebe und Unternehmungen wieder in den Magistrat zurückführen würden. Die Freunderlwirtschaft wird halt auf einer Ebene fröhliche Urstände feiern. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Kontrolle!) Ja natürlich, Kontrollrechte werden vielleicht ein bisschen mehr. Aber glauben Sie denn wirklich, wenn wir das alles wieder in den Magistrat zurückholen, dass sich da irgendetwas bessert? Das Einzige, was Besserung verspricht, und da bin ich wieder bei der Behandlungsmethode, ist eine echte Privatisierung. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Lassen Sie mich ein bisschen über das Thema Privatisieren allgemein reden. Ich glaube, das ist eine ganz essenzielle Frage, wie man die Gesellschaft organisieren soll. Wer soll was leisten? Wollen wir einen starken Staat auf der einen Seite oder wollen wir mehr Eigenverantwortung? Wie werden die Rechte und Pflichten des Einzelnen und wie werden die Leistungen des Staates geregelt? Auf der einen Seite haben wir das Modell einer ökosozialen Marktwirtschaft mit möglichst viel Eigenverantwortung, dafür stehen wir. Auf der anderen Seite steht das Modell der alles beherrschenden Kommune, die alle Lebenslagen und Lebensinhalte durchdringt. Dabei müsste man doch gesehen haben, und das habe ich auch schon öfter an dieser Stelle gesagt, dass der real existierende Sozialismus in allen Modellen, die es gegeben hat, sei es Ostblock, sei es DDR, et cetera gescheitert ist. Wir können es heute noch in Kuba sehen oder in Nordkorea, was das wirklich bedeutet. Wir haben heute auf der Welt verschiedenste Wirtschaftssysteme, nicht mehr ganz eindeutige, nicht nur Kapitalismus oder Kommunismus und Planwirtschaft. Wir haben sehr viele verschiedenste gemischte Systeme. Wir haben sogar fundamental religiöse. Wir haben eine interessante Mischung zwischen Marktwirtschaft und Planwirtschaft in China und, und, und. Ich möchte gar nicht verschweigen, zweifellos läuft auch mit unseren derzeitigen marktwirtschaftlichen Systemen in den USA und in Europa nicht alles rund, weil die Marktwirtschaft teilweise von ihrer Kernaufgabe entfremdet wurde und zum Teil auch verformt wurde. Das heißt aber nicht, meine Damen und Herren, im Schluss, dass die soziale Marktwirtschaft gescheitert ist. Wir müssen sie nur zu ihrem Kern zurückführen. Immerhin haben wir in Europa, vergessen wir das nicht, den größten Wohlstand aller Zeiten, den es jemals auf diesem Kontinent gegeben hat. Und ich weiß schon, wir werden heute nicht ausdiskutieren, wie weit die Rolle des Staates oder der Kommune letzten Endes gehen muss. Hier prallen schlicht und einfach weltanschauliche Modelle aufeinander und vor diesen ist natürlich auch die Privatisierungsdebatte in Wien zu sehen.

 

Die Gründe für die Privatisierungen sind ja, wie ich schon eingangs sagte, das Subsidiaritätsprinzip, die

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular